Rz. 5
Umstritten ist indes teilweise die Einordnung aufschiebend bedingter oder befristeter Vermächtnisse und Nachvermächtnisse. Die überwiegende Ansicht in der Lit.[10] geht davon aus, dass § 2307 BGB auch hinsichtlich des aufschiebend befristeten Vermächtnisses anwendbar ist. Das Vermächtnis sei zwar nicht "beschränkt" im eigentlichen Sinne; angesichts des Verweises auf § 2306 BGB, in dessen Absatz 2 die Nacherbeneinsetzung anderen belasteten Erbeinsetzungen gleichgestellt wird, müsse gleiches auch für befristete Vermächtnisse – auch in der Form des Nachvermächtnisses – gelten. Die Frage, ob dies auch für die aufschiebend bedingte Vermächtnisanordnung gilt, hängt konsequenterweise davon ab, wie die Nacherbeneinsetzung i.R.d. § 2306 BGB zu würdigen ist. Ginge man davon aus, dass die Nacherbeneinsetzung bei Eintritt des Vorerbfalls zunächst einer Enterbung gleichkomme, müsste man auch im Fall des aufschiebend bedingten Vermächtnisses – auch des Nachvermächtnisses – die Anwendbarkeit des § 2307 BGB verneinen, da (aktuell) gar keine vermächtnisweise Beteiligung am Nachlass vorläge.[11] Parallel zur bei § 2306 BGB zutreffenden Wertung, dass in der aufschiebend bedingten Berufung zum Nacherben eine Beschwerung des Betroffenen zu sehen ist, muss § 2307 BGB im Ergebnis aber auch für aufschiebend bedingte Vermächtnisse anwendbar sein.[12] Dem stimmt auch die Rspr. zu.[13] Abgesehen von der dogmatischen Einordnung sprechen auch Praktikabilitätserwägungen für diese Sichtweise, da sonst die Nachlassabwicklung erheblich verzögert würde. Der Pflichtteilsberechtigte müsste sich dann – evtl. viele Jahre nach dem Erbfall – den bereits erhaltenen Pflichtteil auf das Vermächtnis anrechnen lassen, wobei das Vermächtnis vielleicht sogar nur mit dem Wert zum Zeitpunkt des Erbfalls anzusetzen wäre.[14] Die hiermit verbundenen Probleme wären wohl kaum beherrschbar. Vor diesem Hintergrund weist auch die Rspr.[15] zu Recht auf die Zielsetzung des § 2307 BGB, rasch für klare Verhältnisse zu sorgen, hin.[16] Somit ist auch bei der bedingten Vermächtniseinsetzung eine Geltendmachung des vollen Pflichtteils nur nach Ausschlagung des Vermächtnisses möglich.[17]
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