I. Seereise außerhalb eines inländischen Hafens

 

Rz. 2

Der Erblasser muss sich auf einer Seereise außerhalb eines inländischen Hafens befinden.[3] Hierunter ist eine Fahrt von gewisser Dauer[4] in den Küstengewässern oder auf offener See[5] zu verstehen. Die Mindestdauer der Seereise, die zur Errichtung eines Seetestaments berechtigt, ist davon abhängig, ob es erforderlich ist, die erleichterte Form des Seetestaments in Anspruch zu nehmen.[6] Dabei beginnt die Seereise mit dem Ablegen vom Hafen; sie endet in dem Moment, in dem der Erblasser an einem deutschen oder ausländischen Hafen an Land geht.[7] Der Aufenthalt im ausländischen Hafen vor Verlassen des Schiffes zählt noch zur Seereise.[8] Die Staatsangehörigkeit des Erblassers ist dabei unerheblich.[9]

[3] NK-BGB/Beck, § 2251 Rn 2.
[4] Keine "Vergnügungs- oder Angelfahrt", Reimann/Bengel/Mayer/Voit, § 2251 Rn 3.
[5] Nicht auf Binnengewässern; a.A. Soergel/Mayer, § 2251 Rn 2: auch Durchquerung von Binnengewässern.
[6] So Soergel/Mayer, § 2251 Rn 2.
[7] MüKo/Hagena, § 2251 Rn 4.
[8] Soergel/Mayer, § 2251 Rn 4.
[9] Reimann/Bengel/Mayer/Voit, § 2251 Rn 3.

II. Deutsches Schiff

 

Rz. 3

Der Erblasser muss sich an Bord eines deutschen Schiffes befinden. Die Frage, ob ein deutsches Schiff vorliegt, ist nach dem Flaggenrechtsgesetz (FlRG) zu beantworten. Nach §§ 13 FlRG muss das betreffende Schiff im Eigentum eines deutschen Staatsangehörigen oder einer ihm gleichgestellten Person stehen. Das Schiff muss nicht im deutschen Schiffsregister eingetragen sein; es muss auch kein Schiffszertifikat oder Flaggenzeugnis haben.[10] Zu beachten ist, dass ein deutsches Schiff auch dann deutsches Hoheitsgebiet bleibt, wenn es in einem ausländischen Hafen ankert. Daher kann in dieser Situation an Bord des Schiffes nicht nach dem Recht des Staates testiert werden, in dessen Hafen das Schiff liegt.[11] Erblasser auf Schiffen von ausländischen Eigentümern können nach dem Recht der Flagge oder ggf. nach dem Ortsrecht des ausländischen Hafens testieren.[12] Keine Schiffe i.S.d. Vorschrift stellen Flugzeuge oder Luftschiffe dar.[13] Die Voraussetzungen der Analogie sind nicht gegeben, da der Terminus des "Fahrzeugs", der in der früheren Gesetzesfassung verwendet wurde, aufgegeben wurde. In einem Flugzeug kann der Erblasser ein Drei-Zeugen- oder ein privatschriftliches Testament errichten. Auch Bohrinseln oder fest verankerte Schiffe (z.B. Feuerschiffe) sind keine Schiffe i.S.v. § 2251 BGB.[14]

[10] MüKo/Hagena, § 2251 Rn 3.
[11] Reimann/Bengel/Mayer/Voit, § 2251 Rn 3.
[12] Soergel/Mayer, § 2251 Rn 6.
[13] MüKo/Hagena, § 2251 Rn 3; Soergel/Mayer, § 2251 Rn 3.
[14] Bamberger/Roth/Litzenburger, § 2251 Rn 2.

III. Keine Notlage erforderlich

 

Rz. 4

Im Unterschied zu §§ 2249, 2250 BGB erfordert § 2251 BGB keine Notlage, um ein Seetestament errichten zu können, insbesondere keine Lebensgefahr oder Seenot.[15] Aus diesem Grunde kann der Erblasser selbst dann auf dem Schiff vor drei Zeugen ein Testament errichten, wenn ein Notar auf dem Schiff greifbar wäre.[16]

[15] MüKo/Hagena, § 2251 Rn 4.
[16] Bamberger/Roth/Litzenburger, § 2251 Rn 2.

IV. Zur Mitwirkung erforderliche Personen

 

Rz. 5

Drei Zeugen müssen während der gesamten Verhandlung anwesend sein. (vgl. § 2250 Rdn 13 f. Eine Mitwirkung der Schiffsbesatzung, insbesondere des Kapitäns, ist nicht erforderlich.[17]

[17] Soergel/Mayer, § 2251 Rn 5.

V. Testamentserrichtung

 

Rz. 6

Das Seetestament ist in der Form des § 2250 Abs. 3 BGB, d.h. durch mündliche Erklärung des Erblassers vor den drei Zeugen mit anschließender Niederschrift, Verlesung, Genehmigung und Unterzeichnung, zu errichten (vgl. hierzu die Kommentierung zu § 2250).

 

Rz. 7

Die EuErbVO, die auf nach dem 17.8.2015 eintretende Erbfälle anwendbar ist, trifft keine Aussagen zu Nottestamenten. Es gilt Art. 24 Abs. 1, 2 EuErbVO, wonach auf Verfügungen von Todes wegen (außer Erbverträgen) grundsätzlich das Recht des letzten gewöhnlichen Aufenthalts anwendbar ist (Art. 21 Abs. 1 EuErbVO), es sei denn, es ergibt sich aus den Gesamtumständen eine offensichtlich engere Verbindung zu einem anderen Staat (Art. 21 Abs. 2 EuErbVO) oder es erfolgte die Wahl eines bestimmten Rechts, grundsätzlich das der Staatsangehörigkeit (Art. 24 Abs. 2 i.V.m Art. 22 EuErbVO). Bisher hat der Gesetzgeber keine durch die Anwendbarkeit der EuErbVO motivierte Änderung von § 2251 BGB in Betracht gezogen.

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