Gesetzestext

 

(1)1Mehrere Testamentsvollstrecker führen das Amt gemeinschaftlich; bei einer Meinungsverschiedenheit entscheidet das Nachlassgericht. 2Fällt einer von ihnen weg, so führen die übrigen das Amt allein. 3Der Erblasser kann abweichende Anordnungen treffen.

(2)Jeder Testamentsvollstrecker ist berechtigt, ohne Zustimmung der anderen Testamentsvollstrecker diejenigen Maßregeln zu treffen, welche zur Erhaltung eines der gemeinschaftlichen Verwaltung unterliegenden Nachlassgegenstands notwendig sind.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Nach § 2224 BGB kann der Erblasser mehrere Testamentsvollstrecker benennen. Die Ernennung selbst erfolgt nach Maßgabe der §§ 21972200 BGB, wobei keine zahlenmäßige Beschränkung besteht.[1] Der Vorteil der Ernennung mehrerer Testamentsvollstrecker liegt darin, dass so eine Verteilung der Verantwortung und gegenseitige Kontrolle geschaffen werden kann. Dies bietet sich insbesondere bei größeren Nachlässen an.

[1] MüKo/Zimmermann, § 2224 Rn 2; Soergel/Damrau, § 2224 Rn 1.

B. Tatbestand

I. Gemeinschaftliche Amtsführung (Abs. 1)

 

Rz. 2

Nach Abs. 1 S. 1 müssen alle Testamentsvollstrecker das Amt gemeinschaftlich führen. Es gilt das Einstimmigkeitsprinzip.[2] Kommt es zu Meinungsverschiedenheiten, entscheidet das Nachlassgericht, es sei denn, der Erblasser hat Abweichendes angeordnet. Ein gleichzeitiges Handeln aller Testamentsvollstrecker ist nicht notwendig. Handelt ein Testamentsvollstrecker allein, so wird die Verfügung jedoch erst wirksam, wenn die übrigen Vollstrecker nachträglich das Rechtsgeschäft gem. § 185 Abs. 1 BGB genehmigen. Fehlt die Genehmigung eines Mitvollstreckers, so ist das Rechtsgeschäft schwebend unwirksam. Sofern einem handelnden Testamentsvollstrecker von den weiteren Testamentsvollstreckern Generalvollmacht erteilt wurde, ist darauf zu achten, dass das Gesamtvollstreckungsprinzip des § 2224 BGB nicht umgangen wird.[3] So ist eine derartige Generalvollmacht nur dann wirksam, wenn sie sich auf einzelne Geschäfte beschränkt und widerruflich ist.

[2] Soergel/Damrau, § 2224 Rn 4; vgl. auch BGH NJW 1967, 2402.
[3] BGHZ 34, 27.

II. Ausnahme vom Gesamtvollstreckungsprinzip (Abs. 2)

 

Rz. 3

Nach Abs. 2 ist ausnahmsweise jeder Testamentsvollstrecker berechtigt, ohne Zustimmung der anderen Testamentsvollstrecker diejenigen Maßnahmen, welche zur Erhaltung eines der gemeinschaftlichen Verwaltung unterliegenden Nachlassgegenstandes notwendig sind, auszuführen. Ebenso kann jeder einzelne Testamentsvollstrecker bei Meinungsverschiedenheiten allein das Nachlassgericht anrufen. Bei der Gesamtvollstreckung stellt sich für Dritte häufig das Problem, dass diese nicht wissen, dass tatsächlich Gesamtvollstreckung angeordnet ist und nicht nur eine einzelne Testamentsvollstreckung. Sämtliche Rechtsgeschäfte bleiben schwebend unwirksam, solange nicht die anderen Testamentsvollstrecker ihre Genehmigung erteilt haben.[4] Beruft sich der Dritte auf eine Anscheinsvollmacht gem. § 164 Abs. 1 S. 2 BGB oder auf eine ausdrückliche Erklärung des Testamentsvollstreckers, er handele im Namen auch der weiteren Gesamtvollstrecker, so bleibt dennoch das Rechtsgeschäft gegenüber dem Nachlass schwebend unwirksam, da eine tatsächliche Bevollmächtigung notwendig ist. Dann haftet aber der erklärende oder handelnde Testamentsvollstrecker nach Maßgabe des § 179 BGB.[5] Mit Ausnahme der wirksamen Bevollmächtigung eines einzelnen Testamentsvollstreckers und einer abweichenden Anordnung müssen alle Amtsführungen gemeinschaftlich vorgenommen werden, wie z.B. das Stellen eines Antrags auf Grundbuchberichtigung, eines Antrags, Verwaltungsanordnungen gem. § 2216 Abs. 2 S. 2 BGB aufzuheben sowie ein Nachlassinsolvenzverfahren zu beantragen.

[4] RG JW 1932, 1358.
[5] Soergel/Damrau, § 2224 Rn 5 m.w.N.

III. Entscheidung bei Meinungsverschiedenheit unter Gesamtvollstreckern

 

Rz. 4

Nach Abs. 1 S. 1 Hs. 2 entscheidet bei Meinungsverschiedenheit unter mehreren Testamentsvollstreckern das Nachlassgericht. Im Einzelnen ist zu differenzieren, welche Art von Meinungsverschiedenheit zwischen den Testamentsvollstreckern besteht. Zum einen kann es darum gehen, wie das einzelne Amt auszuüben ist, zum anderen kann auch die Beantwortung einer Auslegungsfrage des Testaments problematisch sein. Bereits aus dem Wortlaut des Abs. 1 S. 1 Hs. 1 ergibt sich, dass nur die Frage der Art und Weise der Amtsausübung durch das Nachlassgericht bei Meinungsverschiedenheiten entscheidungsbefugt ist.

 

Rz. 5

Bei den anderen Fragen ist lediglich das Prozessgericht entscheidungsbefugt. Problematisch ist jedoch, ob nicht ausnahmsweise das Nachlassgericht auch dann für Fragen der Testamentsauslegung zuständig ist, wenn dies lediglich eine Vorfrage hinsichtlich der Amtsausübung der Gesamtvollstrecker ist. Nach der missverständlichen Rspr. des BGH[6] sei das Nachlassgericht nur befugt, über Meinungsverschiedenheiten in der Amtsführung zu entscheiden, nicht hingegen bei Rechtsfragen, auch wenn sie für die Art der gemeinschaftlichen Amtsführung von Bedeutung sind. Dies ergibt sich jedoch lediglich aus den Leitsätzen, nicht aber direkt aus den Entscheidungsgründen, die nicht ausschließen, dass rechtliche Vorfragen auch durch das Nachlassgericht entschieden werden können. Nach der h.M....

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