Gesetzestext

 

(1)Der Erblasser kann durch Testament einen oder mehrere Testamentsvollstrecker ernennen.

(2)Der Erblasser kann für den Fall, dass der ernannte Testamentsvollstrecker vor oder nach der Annahme des Amts wegfällt, einen anderen Testamentsvollstrecker ernennen.

A. Allgemeines

I. Rechtliche Stellung des Testamentsvollstreckers

 

Rz. 1

Der in der Lit. andauernde Theorienstreit ist ohne praktische Bedeutung. Die älteren Theorien sollen an dieser Stelle nicht erwähnt werden.[1] Nach Rspr.[2] und Schrifttum hat der Testamentsvollstrecker nach der sog. Amtstheorie die Stellung eines Treuhänders und ist Inhaber eines privaten Amts (vgl. § 116 Nr. 1 ZPO). Er ist somit weder Vertreter des Erblassers noch der Erben. Er handelt fremdnützig nach dem Gesetz und dem Willen des Erblassers gem. seiner letztwilligen Anordnungen. Zwar bleibt der Erbe eigentlicher Nachlassinhaber, der Testamentsvollstrecker steht jedoch an seiner Stelle. Aus diesem Grunde können Vertretungsvorschriften der § 166 Abs. 1, §§ 168 ff., § 181 sowie §§ 211, 254 und § 278 BGB analog auf den Testamentsvollstrecker angewandt werden.[3] Demzufolge ist die Rechtsstellung des Testamentsvollstreckers der eines gesetzlichen Vertreters angenähert.[4]

 

Rz. 2

Wegen unterschiedlicher Ausgangslage ist § 174 BGB nicht analog auf den Testamentsvollstrecker anwendbar, so dass eine Kündigung durch den Vollstrecker ohne Nachweis der Amtsübernahme nicht zurückgewiesen werden kann. § 174 BGB ist selbst nicht auf gesetzliche Vertreter anwendbar.[5] Das Testamentsvollstreckerzeugnis ist auch keine "Vollmachtsurkunde" i.S.d. § 174 BGB, die verlangt werden könnte. In der Praxis wird es dennoch ratsam sein, die Amtsannahme und die Anordnung der Testamentsvollstreckung durch Übersendung der jeweiligen gerichtlichen Niederschriften darzulegen, um auch eine Zurückweisung nach § 174 BGB analog unmöglich zu machen. Erfolgt eine Kündigung durch den Testamentsvollstrecker, dann ist diese Kündigung sofort wirksam. Die Kündigungswirkung kann auch nicht durch AGB zeitlich nach hinten verschoben werden. Insofern ist darauf zu achten, dass z.B. Banken auf den richtigen Stichtag bei der Abwicklung von Depots etc. abstellen.

Insgesamt hat der Testamentsvollstrecker jedoch eine freie und unabhängige Stellung gegenüber dem Erben. Der Erbe kann somit nicht die Ausführungen von Verfügungen oder Verwaltungshandlungen von seiner Zustimmung abhängig machen. Der der Verwaltung und Verfügung des Testamentsvollstreckers unterliegende Nachlass ist als Sondervermögen zu qualifizieren. Wegen seiner freien Stellung unterliegt der Testamentsvollstrecker nicht der Aufsicht durch das Nachlassgericht. Lediglich der Erbe und weitere Beteiligte haben über § 2227 Abs. 1 BGB die Möglichkeit, durch Einschaltung des Nachlassgerichts, den Testamentsvollstrecker zu entlassen. In den §§ 2198, 2200, 2202 Abs. 2 S. 1, 2202 Abs. 3, 2216 Abs. 2 S. 2 und 3, 2224 Abs. 1, 2226 S. 2, 2227 Abs. 1 und 2368 Abs. 1 BGB hat das Nachlassgericht in bestimmten Situationen Mitwirkungs- und Entscheidungsbefugnisse. Die Gerichte der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind nicht befugt, in die Amtsführung des Testamentsvollstreckers einzugreifen. Einzelne Maßnahmen können daher dem Testamentsvollstrecker nicht durch einstweilige Anordnung untersagt werden.

[1] Vgl. hierzu ausführlich: Soergel/Damrau, Vor § 2197 Rn 2 ff.; Mayer/Bonefeld, Testamentsvollstreckung, § 2 Rn 2.
[2] BGHZ 13, 203; BGHZ 25, 275; BGHZ 30, 67; BGHZ 35, 296; BGHZ 41, 23; BGHZ 51, 214; BGH NJW 2000, 3781.
[3] Hierzu Soergel/Damrau, Vor § 2197 Rn 5.
[4] Bengel/Reimann/Bengel, § 1 Rn 12.
[5] Palandt/Ellenberger, § 174 Rn 4.

II. Zielsetzung der Testamentsvollstreckung

 

Rz. 3

Durch die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers kann der Erblasser unterschiedliche Ziele verfolgen. Eine Testamentsvollstreckungsanordnung kann z.B. in den Fällen sinnvoll sein, in denen der Erblasser den Nachlassbestand auf längere Zeit erhalten will, der Erbe im Geschäftsverkehr unerfahren ist oder der Erblasser aus anderen Gründen befürchtet, der Erbe werde seine letztwilligen Anordnungen nicht oder nur unvollständig umsetzen. Ferner kann der Testamentsvollstrecker bei der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft vermittelnd wirken und versuchen, durch die Erstellung eines Auseinandersetzungsplanes Streit zwischen den Erben zu verhindern. Letztendlich erhofft sich der Erblasser durch das Rechtsinstitut der Testamentsvollstreckung, dass hierdurch eine funktionierende Erbregelung erreicht wird. In der Praxis wird zunehmend Testamentsvollstreckung angeordnet, um den Zugriff von Eigengläubigern des Erben auf den Nachlass gem. § 2214 BGB zu verhindern, was insbesondere beim Behindertentestament oder beim Testament von überschuldeten Erben der Fall ist. Ferner kann die Unternehmensnachfolge durch die Testamentsvollstreckung gesichert werden, ebenso wie ein bestimmter Personenkreis unterstützt bzw. gestärkt werden kann.

 

Rz. 4

Die Aufgaben des Testamentsvollstreckers richten sich nach den Erblasserbestimmungen. Hat der Erblasser nichts anderes bestimmt, hat der Testamentsvollstrecker gem. § 2203 BGB die letztwilligen Verfügun...

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