Rz. 27

Die Testamentsvollstreckung unterliegt dem Erbstatut.[55] Somit hat das Erbstatut Bedeutung für die rechtliche Einordnung und die Beurteilung der Zulässigkeit der Testamentsvollstreckerernennung, die Zulässigkeit der Testamentsvollstreckung selbst, die Einzelbefugnisse des Testamentsvollstreckers, seine Rechtsstellung nebst seiner Entlassung.[56] Für Erbfälle am oder nach dem 17.8.2015 gilt nach Art. 83 Abs. 1 EuErbVO die Europäische Erbrechtsverordnung.[57] Dabei ist grundsätzlich nicht der Zeitpunkt der Errichtung einer Verfügung von Todes wegen maßgebend. Das Erbrecht knüpft dann an den gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers an (Art. 21 EuErbVO). Somit kommt es zu einem Gleichlauf zwischen Zuständigkeit der Gerichte und Erbstatut. Der Erblasser kann jedoch in einer Verfügung von Todes wegen sein Heimatrecht wählen (Art. 22 EuErbVO). Das Erbstatut wird grundsätzlich einheitlich bestimmt. Art. 25 EGBGB ist damit obsolet.

 

Rz. 28

Nach der EuErbVO kommt es auf das Recht des Staates an, in dem der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Nach Art. 21, 22 EuErbVO unterliegen die gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen sowie wegen Art. 23 Abs. 1, Abs. 2 lit. f) EuErbVO die Rechte und Pflichten des Testamentsvollstreckers dem Erbstatut (vgl. dazu Rdn 30). Ob letztendlich eine Testamentsvollstreckung faktisch im Ausland nach deutschem Recht möglich ist, bestimmt sich nicht nach dem deutschen Recht, sondern nach dem Recht des Ziellandes.[58] Die Handlungsvollmacht des deutschen Testamentsvollstreckers kann durch international-verfahrensrechtliche Bestimmungen, durch eine andere Anknüpfung des Testamentsvollstreckungsstatus oder durch den ordre public stark beschränkt werden. Sofern, z.B. wegen ausländischer Staatsangehörigkeit oder Nachlassspaltung, nicht deutsches Recht im Ausland zur Anwendung kommt, sollte der Erbe mit der Auflage belegt werden, dem Testamentsvollstrecker eine internationale Nachlassvollmacht nach dem Muster der Kommission für europäische Angelegenheiten (CAE) der internationalen Union des lateinischen Notariats (UINL) für die Dauer der Testamentsvollstreckung zu erteilen. Damit die Vollmacht nicht ohne Weiteres widerrufen werden kann, ist an eine Bedingung zu denken.

 

Rz. 29

Auch eine gespaltene Testamentsvollstreckung ist möglich, so dass der deutsche Nachlass nach deutschem Recht und der ausländische Nachlass nach ausländischem Recht beurteilt werden muss.[59] Kommt ausländisches Recht zur Anwendung, können deutsche Gerichte wegen der fehlenden internationalen Zuständigkeit keine Entlassung gem. § 2227 BGB vornehmen. Eine Sonderzuständigkeit kann sich jedoch entweder durch staatsvertragliche Regelung ergeben oder aber, wenn die Entlassung dringend geboten ist und eine Entlassung auch nach dem ausländischen Recht möglich wäre.[60] Sofern eine internationale Nachlassvollmacht erteilt wurde, sollte den Erben dann wenigstens die Möglichkeit zum Widerruf der Vollmacht gegeben werden, wenn auch die Voraussetzungen für § 2227 BGB vorliegen.

 

Rz. 30

Das Erbstatut bestimmt auch über ausländische Rechtsinstitute, die im deutschen Recht kein unmittelbares Gegenstück haben, ihrem Sinn und Zweck nach aber die Funktion einer Testamentsvollstreckung besitzen.[61] Für den anglo-amerikanischen Rechtskreis hat der trustee, der executor oder administrator ähnliche Befugnisse wie ein deutscher Testamentsvollstrecker. Hier kommt es auf den Einzelfall an. Bei den beiden letzten Begriffen ist im Zweifel aber nicht von der Einsetzung eines Testamentsvollstreckers nach deutschem Vorbild auszugehen.

Sofern ein deutscher Erblasser mit ständigem Wohnsitz in der DDR im Zeitraum vom 1.1.1976 bis 2.10.1990 verstorben ist, kommt nach Maßgabe des Art. 235 § 1 Abs. 1 EGBGB das Recht der früheren DDR zur Anwendung.[62]

 

Rz. 31

Die Rechte und Pflichten des Testamentsvollstreckers richten sich nach Art. 29 EuErbVO. Im Europäischen Nachlasszeugnis[63] (Art. 63 EuErbVO), welches auch vom Testamentsvollstrecker beantragt werden kann, befindet sich der Nachweis der Rechte und Befugnisse von Testamentsvollstreckern.

[55] LG Heidelberg IPRax 1992, 171; BGH NJW 1963, 46.
[56] BGH NJW 1963, 46.
[57] Dazu Vollmer, ZErb 2012, 227; Dörner, ZEV 2012, 505; Nordmeier, ZEV 2012, 513, Lehmann, ZEV 2012, 533; Leitzen, ZEV 2012, 520; Wilsch, ZEV 2012, 530.
[58] v. Oertzen, ZEV 1995, 167, 170.
[59] BayObLG ZEV 1999, 485.
[60] BayObLG ZEV 1999, 485.
[61] Bengel/Reimann/Sieghörtner, § 9 Rn 2.
[62] Vgl. hierzu ausführlich v. Morgen/Götting, DtZ 1994, 199.
[63] Dazu Buschbaum/Simon, ZEV 2012, 525.

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