Gesetzestext

 

Ist der Bedachte zur Zeit des Erbfalls noch nicht gezeugt oder wird seine Persönlichkeit durch ein erst nach dem Erbfall eintretendes Ereignis bestimmt, so erfolgt der Anfall des Vermächtnisses im ersteren Falle mit der Geburt, im letzteren Falle mit dem Eintritt des Ereignisses.

A. Allgemeines/Normzweck

 

Rz. 1

§ 2178 BGB ist eine weitere Ausnahme neben § 2177 BGB zu § 2176 BGB, nach dem das Vermächtnis grundsätzlich mit dem Erbfall entsteht. Der Personenkreis, dem durch den Erblasser etwas zugewendet werden kann, wird hier für den Fall der Vermächtnisanordnung gegenüber der Erbeinsetzung erweitert. Als Erbe muss die bedachte Person zumindest gezeugt sein (§ 1923 BGB), während eine Zuwendung durch Vermächtnis auch an einen beim Erbfall noch nicht einmal erzeugten oder seiner Person nach bestimmten Vermächtnisnehmer möglich ist. Als zeitliche Grenzen sind auch hier die §§ 2162, 2163 BGB zu beachten.[1]

[1] MüKo/Rudy, § 2178 Rn 1.

B. Tatbestand

I. Nicht erzeugte Personen

 

Rz. 2

Ist der Bedachte zur Zeit des Erbfalls noch nicht gezeugt, fällt das Vermächtnis mit seiner Geburt an. Bis zu diesem Zeitpunkt wird das Vermächtnis als aufschiebend bedingtes Vermächtnis behandelt (§ 2179 BGB). Es findet keine Rückbeziehung auf den Zeitpunkt der Zeugung statt.[2] Grundsätzlich ist hier die 30-Jahres-Frist des § 2162 BGB zu beachten, die allerdings regelmäßig durch § 2163 Abs. 1 Nr. 1 BGB erweitert wird.

 

Rz. 3

War der Vermächtnisnehmer bereits gezeugt, kommt es zur Rückbeziehung nach § 1923 Abs. 2 BGB. Das Vermächtnis fällt dann mit dem Erbfall an, § 2176 BGB.[3]

[2] Palandt/Weidlich, § 2178 Rn 1.
[3] Staudinger/Otte, § 2178 Rn 3.

II. Nach dem Erbfall eintretendes Ereignis

 

Rz. 4

Wird die Persönlichkeit des Bedachten durch ein erst nach dem Erbfall eintretendes Ereignis bestimmt, fällt das Vermächtnis mit dem Eintritt dieses Ereignisses an. Das maßgebende Ereignis – bspw. "wer als erster meiner Abkömmlinge das Zweite juristische Staatsexamen besteht" – gibt der Erblasser vor. Dabei ist die Bestimmung des Bedachten nach § 2151 BGB kein Ereignis i.S.v. § 2178 BGB. Im Fall des § 2151 BGB steht der Bedachte bereits beim Erbfall fest oder er gehörte zu dem begünstigten Personenkreis, aus dem sich Ansprüche auf das Vermächtnis ergeben (§ 2151 Abs. 3 BGB).[4]

[4] Staudinger/Otte, § 2178 Rn 3.

III. Juristische Personen

 

Rz. 5

Auf juristische Personen, die noch nicht zur Entstehung gelangt sind, ist § 2178 BGB entsprechend anzuwenden.[5]

 

Rz. 6

Für die Stiftung, die erst nach dem Tod des Stifters genehmigt wird, gilt diese schon vor dessen Tode als entstanden (§ 84 BGB). Es kommt somit hier bereits mit dem Erbfall zum Anfall des Vermächtnisses (§ 2176 BGB).

[5] MüKo/Rudy, § 2178 Rn 4.

IV. Zwischen Erbfall und Anfall

 

Rz. 7

Zwischen Erbfall und Anfall des Vermächtnisses regelt sich die Rechtsstellung des Bedachten nach § 2179 BGB.

C. Verfahrensfragen/Beweislast

 

Rz. 8

Dem Bedachten obliegt der Nachweis der Unbedingtheit des Vermächtnisses, wenn der Beschwerte behauptet, das Vermächtnis sei unter einer aufschiebenden Bedingung ausgesetzt worden. Ohne rechtliche Bedeutung ist jedoch die Behauptung des Beschwerten, wenn der Wortlaut der letztwilligen Verfügung keine Anhaltspunkte für eine aufschiebende Bedingung hergibt.[6]

 

Rz. 9

Den Beschwerten trifft die Beweislast für seine Behauptung, das Vermächtnis sei unter einer auflösenden Bedingung ausgesetzt worden. Auch für diese Behauptung muss sich in der letztwilligen Verfügung zumindest eine Andeutung finden.[7]

 

Rz. 10

Bei unterschiedlicher Auffassung darüber, ob das Vermächtnis befristet sei, trägt der Bedachte die Beweislast für den Anfangstermin und der Beschwerte für den Endtermin.[8] Besteht Streit über den Eintritt der Bedingung, obliegt dem Bedachten die Beweislast bei der aufschiebenden Bedingung und dem Beschwerten für die auflösende Bedingung.

 

Rz. 11

Diese Beweislastverteilung gilt im Fall der Alt. 2 entsprechend.[9]

[6] Vgl. hierzu Baumgärtel/Schmitz, § 2178 Rn 1 m.w.N.
[7] Vgl. Baumgärtel/Schmitz, § 2178 Rn 1.
[8] Baumgärtel/Schmitz, § 2178 Rn 2.
[9] Baumgärtel/Schmitz, § 2178 Rn 4.

Literaturtipps

Literatur

Avenarius, Zur Rechtsstellung des nondum conceptus, JR 1994, 267;

Schwarz, § 2178 BGB und (Zweck-)Auflage, ZEV 2012, 27.

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