Damrau/Tanck, Praxiskommentar Erbrecht, BGB § 2177 Anfal ... / V. Sonderfälle

Rz. 12

Hat der Erblasser nach § 2181 BGB die Zeit der Erfüllung eines Vermächtnisses dem freien Belieben des Beschwerten überlassen, ist im Zweifel das Vermächtnis mit dem Tod des Beschwerten fällig.

Rz. 13

Ein konkretes Anwendungsfeld findet sich in der Jastrow‘schen Klausel. Verlangt ein Kind nach dem Tod des Erstversterbenden von dem Längstlebenden seinen Pflichtteil, so erhalten die anderen Kinder, die nicht ihren Pflichtteil verlangen, aus dem Nachlass des Erstversterbenden ein Vermächtnis i.H.d. Wertes ihres gesetzlichen Erbteils. Dieser Anspruch fällt zwar beim Tod des Erstversterbenden an, wird aber bis zum Tod des Längstlebenden gestundet (§§ 2269 Abs. 2, 2280 BGB).^[25]

Rz. 14

Im Rahmen eines "Geschiedenentestaments" findet § 2177 BGB beim Herausgabevermächtnis praktische Anwendung. Hierdurch soll verhindert werden, dass beim kinderlosen Nachversterben seiner Kinder aus erster Ehe Vermögen des Erblassers an seinen geschiedenen Ehepartner fällt oder Gegenstand eines Pflichtteilsanspruchs wird.^[26]

Rz. 15

Im Übrigen wird eher ein Aufschub der Fälligkeit als ein Anfall des Vermächtnisses angenommen. Dies wurde in folgenden Fällen so gesehen: Der Erblasser hatte angeordnet, dass der Bedachte das Vermächtnis erst mit dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters erhalten soll;^[27] nach der Anordnung des Erblassers sollen vermachte Geldbeträge vom Erbfall an verzinst werden, die jedoch erst auszuzahlen sind, sobald der Beschwerte ein Anwesen verkauft hat;^[28] der Erblasser bestimmte, dass ein Vermächtnis erst zu zahlen ist, wenn ein den Erben belastender Nießbrauch eines anderen Vermächtnisnehmers fortgefallen ist.^[29]

[25] Staudinger/Otte, § 2177 Rn 5.

[26] Formulierungsbsp.: jurisPK-BGB/Reymann, § 2177 Rn 52; Nieder/Kössinger, § 21 Rn 54.

[27] Staudinger/Otte, § 2177 Rn 5.

[28] OLG Karlsruhe OLGE 30, 206.

[29] OLG Celle OLGE 30, 207.