Gesetzestext

 

Der durch Anwachsung einem Vermächtnisnehmer anfallende Anteil gilt in Ansehung der Vermächtnisse und Auflagen, mit denen dieser oder der wegfallende Vermächtnisnehmer beschwert ist, als besonderes Vermächtnis.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Die Vorschrift des § 2159 BGB betrifft das gemeinschaftliche Vermächtnis (§ 2157 BGB). Sie entspricht der Bestimmung des § 2095 BGB bei Erbteilen. § 2159 BGB soll verhindern, dass die Anwachsung dem Vermächtnisnehmer zum Nachteil gereicht.

B. Tatbestand

 

Rz. 2

Der durch Anwachsung einem Vermächtnisnehmer anfallende Vermächtnisanteil gilt in Ansehung der Vermächtnisse und Auflagen als besonderes Vermächtnis. Im Gegensatz zur Anwachsung unter Erben ist bei der Anwachsung von Vermächtnissen nicht auf eine Ausgleichspflicht zu achten (§§ 2051, 2052 BGB).[1]

 

Rz. 3

Die Fiktion der selbstständigen Anwachsung nach § 2159 BGB ist insbesondere im Hinblick auf § 2187 BGB (Leistungsverweigerungsrecht) bei einem Untervermächtnis oder einer Auflage zustehenden Leistungsverweigerungsrecht von Bedeutung. Der begünstigte Vermächtnisnehmer haftet daher einem Untervermächtnisnehmer nur mit dem Wert seines beschwerten Anteils. Das heißt, er haftet nur mit seinem ursprünglichen oder angewachsenen Vermächtnisanteil. Er kann die Erfüllung der ihm auferlegten Beschwerung insoweit verweigern, als das, was er aus seinem Vermächtnis erhält, nicht ausreicht.[2] Der nicht beschwerte Anteil bleibt daher für das Eingreifen des Leistungsverweigerungsrechts außer Betracht.[3] Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der Erblasser eine abweichende Anordnung getroffen hat.[4] So kann der Erblasser abweichend von § 2159 BGB anordnen, dass der ursprüngliche und angewachsene Anteil eine Einheit darstellt.[5] Ist das ursprüngliche Vermächtnis mit einem Nachvermächtnis beschwert (§ 2191 BGB), erstreckt sich dieses im Zweifel nach den Vorschriften der §§ 2110 Abs. 1, 2191 Abs. 2 BGB auch auf den angewachsenen Anteil.[6]

[1] MüKo/Rudy, § 2159 Rn 1.
[2] Staudinger/Otte, § 2159 Rn 1.
[3] MüKo/Rudy, § 2159 Rn 1.
[4] Palandt/Weidlich, § 2159 Rn 1.
[5] Staudinger/Otte, § 2159 Rn 1.
[6] MüKo/Rudy, § 2159 Rn 1; Staudinger/Otte, § 2159 Rn 1.

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