Gesetzestext

 

(1)Die Vorschriften über die Beschränkung der Haftung des Erben für die Nachlassverbindlichkeiten gelten auch für den Nacherben; an die Stelle des Nachlasses tritt dasjenige, was der Nacherbe aus der Erbschaft erlangt, mit Einschluss der ihm gegen den Vorerben als solchen zustehenden Ansprüche.

(2)Das von dem Vorerben errichtete Inventar kommt auch dem Nacherben zustatten.

(3)Der Nacherbe kann sich dem Vorerben gegenüber auf die Beschränkung seiner Haftung auch dann berufen, wenn er den übrigen Nachlassgläubigern gegenüber unbeschränkt haftet.

A. Umfang der Haftung des Nacherben

 

Rz. 1

Die Haftung des Nacherben für die Nachlassverbindlichkeiten beginnt erst mit Eintritt des Nacherbfalls. Bis dahin haftet ausschließlich der Vorerbe, und zwar auch dann, wenn der Nacherbe die Erbschaft schon vor dem Nacherbfall angenommen hat.[1] Mit dem Nacherbfall wird der Vorerbe mit den Einschränkungen des § 2145 BGB grundsätzlich von der Haftung frei. Als Erbe haftet der Nacherbe unbeschränkt mit seinem ganzen Vermögen, jedoch mit der Möglichkeit der Beschränkung auf das, was er als Nacherbe erlangt hat.

 

Rz. 2

Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören neben den in § 1967 Abs. 2 BGB genannten[2] auch die Beerdigungskosten, § 1968 BGB, und der Dreißigste für die Familienangehörigen des Erblassers, § 1969 BGB. Die Kosten für die Beerdigung des Vorerben und den Dreißigsten für dessen Familienangehörige sind jedoch von den Erben des Vorerben und nicht vom Nacherben zu tragen.[3] Ferner treffen den Nacherben Vermächtnisse und Auflagen nicht, mit denen der Vorerbe persönlich beschwert ist.[4] Schließlich zählen zu den Nachlassverbindlichkeiten diejenigen Verpflichtungen, die der Vorerbe in ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses eingegangen ist.[5] Da es sich hierbei zugleich um Eigenverpflichtungen des Vorerben handelt, haftet er neben dem Nacherben regelmäßig als Gesamtschuldner. Die Haftung im Innenverhältnis bestimmt sich nach § 2124 BGB;[6] soweit hiernach die Verpflichtung im Innenverhältnis allein den Nacherben trifft, kann der Vorerbe, wenn er im Außenverhältnis in Anspruch genommen wird, vom Nacherben Befreiung gem. § 257 BGB verlangen. Für Verbindlichkeiten, deren Eingehung den Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung überschreitet, haftet jedoch der Vorerbe auch nach Eintritt des Nacherbfalls allein,[7] soweit er nicht von der Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Verwaltung befreit war (§§ 2130, 2136 BGB).[8]

 

Rz. 3

Der Nacherbe wird Schuldner der Nachlassverbindlichkeiten in dem bei Eintritt des Nacherbfalls bestehenden Umfang, auch soweit dieser durch ein Verschulden des Vorerben erweitert ist. Ihn treffen daher insbesondere die Folgen eines Verzugs wie Zinsen und Vertragsstrafen, unbeschadet eines möglichen Rückgriffs nach §§ 2130, 2131 BGB.[9] Eine dem Vorerben gewährte Stundung kommt auch dem Nacherben zugute, zur Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts muss der Nacherbe einen eigenen Anspruch gegen den Nachlassgläubiger haben.[10]

[1] Lange/Kuchinke, § 51 II 1b; MüKo/Grunsky, § 2144 Rn 1.
[2] Vgl. RGZ 90, 91, 92.
[3] OLG Celle HRR 1941 Nr. 127.
[4] Staudinger/Avenarius, Vor §§ 2144–2146 Rn 4; RG Recht 1909 Nr. 694.
[5] BGHZ 32, 60, 64 = NJW 1960, 959; RGZ 90, 91.
[6] Staudinger/Avenarius, Vor §§ 2144–2146 Rn 13.
[7] Zum Meinungsstand, wie er sich in diesem Zusammenhang um BGH ZEV 2016, 267 ergeben hat, siehe umfassend Küpper, ZEV 2017, 60.
[8] Palandt/Weidlich, § 2144 Rn 2; Soergel/Harder-Wegmann, § 2144 Rn 1; MüKo/Grunsky, § 2144 Rn 2.
[9] Staudinger/Avenarius, Vor §§ 2144–2146 Rn 12.
[10] MüKo/Grunsky, § 2144 Rn 4.

B. Handelsgeschäft

 

Rz. 4

Führt der Nacherbe ein zum Nachlass gehörendes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma fort, haftet er nach handelsrechtlichen Grundsätzen für die vom Vorerben begründeten Verbindlichkeiten (§§ 25, 27 Abs. 1 HGB). Dies gilt unabhängig davon, ob die Eingehung der Verbindlichkeiten ordnungsgemäßer Verwaltung entsprach.[11] Dieser handelsrechtlichen Haftung kann der Nacherbe nur dadurch entgehen, dass er die Firma nicht fortführt oder den Geschäftsbetrieb innerhalb von drei Monaten nach dem Nacherbfall einstellt (§ 27 Abs. 2 HGB).

[11] BGHZ 32, 60, 64 = NJW 1960, 959.

C. Haftungsbeschränkung

 

Rz. 5

Für die Haftungsbeschränkung des Nacherben gelten die allg. Regeln, Abs. 1, also §§ 1975 ff. BGB, und zwar unabhängig davon, ob dem Vorerben eine Haftungsbeschränkung zugutekam oder nicht. Das vom Vorerben durchgeführte Aufgebot, § 1970 BGB, und das hierauf ergangene Ausschlussurteil wirken auch zugunsten des Nacherben, § 998 ZPO. Der Nacherbe kann in ein schwebendes Verfahren eintreten oder seinerseits ein solches beantragen. Die Ausschlussfrist des § 1974 BGB beginnt aber auch dem Nacherben gegenüber bereits mit dem Erbfall.[12] Eine von einem Gläubiger beantragte Nachlassverwaltung dauert unter den Voraussetzungen des § 1981 Abs. 2 BGB fort. Wenn sie vom Vorerben beantragt war, ist sie aufzuheben.[13] Vom Nacherben kann sie jederzeit von neuem beantragt werden, von den Nachlassgläubigern nur innerhalb von zwei Jahren seit Annahme der Nacherbschaft, § 1982 Abs. 2 S. 2 BGB. Dasselbe gilt ...

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