Rz. 1

Wird der Eintritt der Nacherbfolge durch den Erblasser an andere Bedingungen als den Tod des Vorerben geknüpft, insbesondere die Geburt des Nacherben, vgl. § 2101 Abs. 1 BGB, oder Eheschließung, so erfährt der Vorerbe hiervon regelmäßig nicht sogleich. Das Gesetz gewährt ihm in S. 1 unter der Bedingung solcher Nichtkenntnis ein verlängertes Verwaltungsrecht; dem gutgläubigen Vorerben soll die Verfügungsmacht erhalten bleiben. Gleichartige Regelungen sind für die rechtsgeschäftliche Stellvertretung, den Auftrag sowie für andere Fälle gesetzlicher Vermögensverwaltung in den §§ 169, 674, 729, 1472 Abs. 2, 1698a Abs. 1, 1893 Abs. 1, 1908i Abs. 1 u. 1915 BGB enthalten. S. 2 erweitert diesen Schutz auf den gutgläubigen Dritten.

 

Rz. 2

Die Vorschrift greift nach Wortlaut, Sinn und Zweck nicht, wenn die Nacherbfolge durch den Tod des Vorerben bedingt ist. Für eine analoge Anwendung zugunsten der Eigenerben des Vorerben, die den Nachlass gutgläubig als eigenes Vermögen des Vorerben verwalten, besteht keine Veranlassung.[1]

 

Rz. 3

Nach S. 1 bleibt das Verfügungsrecht des Vorerben so lange bestehen, bis dieser den Nacherbfall kennt oder ihn bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt, § 122 Abs. 2 BGB, kennen muss. Geschützt ist lediglich die Unkenntnis des Vorerben vom Eintritt des Nacherbfalls, nicht hingegen die Unkenntnis von der Person des Nacherben.[2] Es ist daher kein Fall des § 2140 BGB, wenn der Vorerbe die Erbschaft an den Falschen herausgibt.[3]

[1] RG SeuffA 74 Nr. 71; RG Recht 1911 Nr. 1562; Staudinger/Avenarius, § 2140 Rn 2; MüKo/Grunsky, § 2140 Rn 1.
[2] Staudinger/Avenarius, § 2140 Rn 3.
[3] MüKo/Grunsky, § 2140 Rn 1; Staudinger/Avenarius, § 2140 Rn 8.

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