Rz. 1

Dem Erblasser steht es in den Grenzen der Dreißigjahresfrist des § 2109 BGB frei, den Zeitpunkt des Eintritts der Nacherbfolge zu bestimmen. Für den Fall, dass diese Bestimmung unterblieben ist oder der Erblasser die Bestimmung entgegen § 2065 BGB (insoweit Gültigkeitsbestimmung gem. Abs. 1[1]) einem Dritten überlassen hat,[2] ergänzt Abs. 1 BGB die letztwillige Verfügung dahingehend, dass die Nacherbfolge mit dem Tode des Vorerben eintritt.[3] Hat der Erblasser weder den Zeitpunkt des Nacherbfalls noch die Person des Nacherben bestimmt, so sind die §§ 2104 u. 2106 BGB nebeneinander anwendbar.[4]

 

Rz. 2

Abs. 1 greift auch dann ein, wenn der Erblasser eine bedingte Nacherbfolge angeordnet, die Nacherbfolge also vom Eintritt eines bestimmten Ereignisses abhängig gemacht hat – hierbei ist es unbeachtlich, ob der Bedingungseintritt vom freien Willen des Bedachten abhängt oder wie wahrscheinlich er ist.[5] Hiermit ist nicht notwendig zugleich der Zeitpunkt des Anfalls der Nacherbschaft bestimmt; dieser ergibt sich im Zweifel aus Abs. 1.

 

Rz. 3

Der Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalls ist auch für den Erbschein zu ermitteln und in ihm zu vermerken.[6]

 

Rz. 4

Führt der Nacherbe das Ereignis, mit dem nach dem Willen des Erblassers die Nacherbfolge eintreten soll, treuwidrig selbst herbei, kann er sich entsprechend § 162 Abs. 2 BGB nicht auf den Eintritt des Nacherbfalls berufen.[7] Ob in diesem Fall statt der vom Erblasser gesetzten Bedingung Abs. 1 zur Anwendung kommen oder die Erbschaft dem Vorerben verbleiben soll, ist Auslegungsfrage.[8]

[1] Palandt/Weidlich, § 2065 Rn 4, 6.
[2] Vgl. BGHZ 15, 199 = NJW 1955, 100.
[3] Nach Staudinger/Avenarius, § 2106 Rn 1 bedeutet die Vorschrift lediglich eine Auslegungsrichtlinie; a.A. Soergel/Harder-Wegmann, § 2106 Rn 1: Ergänzungsregel.
[4] BayObLG FamRZ 1967, 695.
[5] MüKo/Grunsky, § 2106 Rn 1 und 3; RGRK/Johannsen, § 2106 Rn 3; Staudinger/Avenarius, § 2106 Rn 2.
[6] MüKo/Grunsky, § 2106 Rn 4; KG OLGE 9, 437.
[7] BGH NJW 1968, 2051; MüKo/Grunsky, § 2106 Rn 1.
[8] MüKo/Grunsky, § 2106 Rn 1.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge