Gesetzestext

 

Ist jemand für den Fall, dass der zunächst berufene Erbe nicht Erbe sein kann, oder für den Fall, dass er nicht Erbe sein will, als Ersatzerbe eingesetzt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass er für beide Fälle eingesetzt ist.

A. Normzweck

 

Rz. 1

Streng genommen ist die Vorschrift des § 2097 BGB überflüssig, da man anhand der geltenden Auslegungsmethodik hier zu dem gleichen Ergebnis käme. Es ist nämlich nicht davon auszugehen, dass ein Erblasser die Ersatzerbenberufung nur auf bestimmte Wegfallgründe beschränken will; vielmehr ist davon auszugehen, dass der Erblasser sich als juristischer Laie allenfalls unklar ausgedrückt hat, sofern er in der Verfügung von Todes wegen nur bestimmte Wegfallgründe genannt hat. Insoweit ist die Vorschrift wohl nur historisch zu erklären.[1]

Die Vorschrift ist gem. § 2190 BGB auf das Ersatzvermächtnis entsprechend anwendbar.

[1] MüKo/Rudy, § 2097 Rn 1.

B. Inhalt

 

Rz. 2

§ 2097 BGB bestimmt demnach als Auslegungsregel, dass der vom Erblasser jeweils genannte Wegfallgrund sich im Zweifel auch auf den nicht genannten erstreckt.[2] Fälle, in denen der eingesetzte Erbe nicht Erbe sein kann, sind Tod, Erbunwürdigkeit, Nichterteilung einer nach Art. 86 EGBGB erforderlichen Genehmigung, Eintritt einer auflösenden Bedingung, Ausfall einer aufschiebenden Bedingung, Widerruf der Erbeinsetzung, Nichtigkeit der Erbeinsetzung,[3] Fälle, in denen der eingesetzte Erbe nicht Erbe sein will, sind die Ausschlagung oder der Zuwendungsverzicht.

 

Rz. 3

Da es sich bei § 2097 BGB nur um eine Auslegungsregel handelt, kann der Erblasser ohne Weiteres eine abweichende Bestimmung treffen, etwa die Ersatzerbeneinsetzung auf bestimmte Wegfallgründe beschränken.[4] Ein solcher abweichender Wille des Erblassers kann sich aber auch aus den Umständen ergeben. Ein besonders praxisrelevantes Beispiel hierfür ist die Bestimmung, dass die Abkömmlinge eines eingesetzten Nacherben dann – entgegen der Auslegungsregelung des § 2069 BGB – nicht Ersatzerben werden sollen, wenn der zunächst eingesetzte Nacherbe die Erbschaft ausschlägt, um den Pflichtteil zu erlangen (siehe dazu § 2096 Rdn 4).

[2] RGZ 113, 50; OLG Düsseldorf DNotZ 1974, 367; BayObLG FamRZ 1989, 666.
[3] Vgl. Staudinger/Otte, § 2097 Rn 1.
[4] Dazu OLG Frankfurt, Beschl. v. 12.5.2011 – 20 W 350/10, juris = BeckRS 2011, 26566.

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