Gesetzestext

 

Ist einer letztwilligen Verfügung der Vorbehalt einer Ergänzung beigefügt, die Ergänzung aber unterblieben, so ist die Verfügung wirksam, sofern nicht anzunehmen ist, dass die Wirksamkeit von der Ergänzung abhängig sein sollte.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Auch bei § 2086 BGB handelt es sich um eine Auslegungsregel.[1] Diese gilt nicht nur für erbrechtliche Zuwendungen, wie Erbeinsetzungen und Vermächtnisse, sondern auch für Teilungsanordnungen oder Testamentsvollstreckeranordnungen.[2] Sinn und Zweck der Regelung ist, wie auch bei § 2085 BGB, den einmal geäußerten Willen des Erblassers aufrechtzuerhalten. Daher soll ein formell ordnungsgemäß errichtetes Testament auch dann wirksam bleiben, wenn die vorbehaltene Ergänzung nicht vorgenommen wird, es sei denn, es ergibt sich ein anderer Wille des Erblassers. Der Gesetzgeber geht hier von der allg. Lebenserfahrung aus, dass der Erblasser i.d.R. seine einmal errichtete letztwillige Verfügung lediglich ergänzen und erläutern möchte, jedoch eine einmal getroffene Verfügung hiervon nicht abhängig machen will. Der Wille des Erblassers, das Testament zu ergänzen, muss zumindest konkludent zum Ausdruck kommen.[3]

 

Rz. 2

Die Regelung des § 2086 BGB steht somit im Gegensatz zu § 154 BGB, wonach ein Vertrag im Zweifel nicht zustande kommt, wenn eine Einigung der Parteien über alle Punkte nicht vorliegt. Im Hinblick auf die Regelung des § 2085 BGB ist die Regelung des § 2086 BGB jedoch konsequent.

[1] BeckOK BGB/Litzenburger, § 2086 Rn 2.
[2] BeckOK BGB/Litzenburger, § 2086 Rn 2.

B. Tatbestand

 

Rz. 3

Im Fall, dass einer letztwilligen Verfügung der Vorbehalt der Ergänzung beigefügt ist, eine solche Ergänzung jedoch unterbleibt, ist die Verfügung dennoch wirksam, es sei denn, der Erblasser wollte die Wirksamkeit der Verfügung von der Ergänzung abhängig machen.

I. Unterbliebene Ergänzung

 

Rz. 4

Zum einen muss eine Testamentsergänzung, obwohl sich der Erblasser eine solche vorbehalten hat, unterblieben sein.

II. Formgültiges Testament

 

Rz. 5

Weitere Voraussetzung ist, dass ein ordnungsgemäß errichtetes, formgültiges Testament vorliegt.[4] Dieses muss formell und materiell wirksam sein.

[4] MüKo/Leipold, § 2086 Rn 3.

III. Vorbehalt der Ergänzung

 

Rz. 6

Der Vorbehalt einer Ergänzung muss sich aus dem Testament selbst ergeben, entweder ausdrücklich oder auch konkludent,[5] bspw. durch das Freilassen im Text.[6] § 2086 BGB ist in solchen Fällen nicht anwendbar, in denen der Erblasser ein Testament ohne Aufnahme eines Vorbehalts errichtet hat, jedoch sich später dahingehend äußert, dass er die Wirksamkeit der bereits getroffenen Verfügungen von Ergänzungen abhängig machen wollte. In derartigen Fällen bleibt das Testament in vollem Umfang wirksam.[7] § 2086 BGB greift auch dann nicht ein, wenn das Testament unvollständig ist, wenn z.B. die Vermächtnissumme fehlt. Ist dies der Fall oder fehlt z.B. eine Seite, so kann möglicherweise die Auslegung weiterhelfen.[8] In dem Fall, in dem der Erblasser während der Testamentserrichtung verstirbt, ist das Testament nichtig. § 2086 BGB findet auch hier keine Anwendung.[9] § 2086 BGB schließt keine Lücken im Willen, sondern nur solche, die im Text vorhanden sind.

Hat sich der Erblasser vorbehalten, die Erben mit gemeinnützigen Auflagen zu belasten, ist § 2086 BGB anwendbar. Das Gleiche gilt, wenn er sich vorbehalten hat, die Auseinandersetzung unter den Miterben noch näher zu regeln. Wurde seitens des Erblassers verfügt, die zum Erben berufene Person solle einen bestimmten Gegenstand nicht erhalten, so greift § 2149 BGB ein. Der Gegenstand gilt den gesetzlichen Erben als vermacht. Im umgekehrten Fall, d.h. sofern sich der Erblasser vorbehält, über bestimmte Gegenstände noch zu verfügen, fallen diese Gegenstände, sofern der Erblasser keine weiteren Verfügungen trifft, den testamentarischen Erben zu.

[6] KG OLGE 9, 394; MüKo/Leipold, § 2086 Rn 4.
[7] MüKo/Leipold, § 2086 Rn 4.
[8] Staudinger/Otte, § 2086 Rn 2.
[9] Palandt/Weidlich, § 2086 Rn 2.

C. Rechtsfolge

 

Rz. 7

Rechtsfolge des § 2086 BGB ist, dass die letztwillige Verfügung grundsätzlich auch dann wirksam ist, wenn eine vorbehaltene Ergänzung nicht vorgenommen worden ist, es sei denn, es ergibt sich ein anderer Wille des Erblassers. Dieser Wille kann sich sowohl aus dem Testament als auch aus Umständen außerhalb der Testamentsurkunde ergeben.

D. Verfahrensfragen

 

Rz. 8

Derjenige, der sich wegen Fehlens der vorbehaltenen Ergänzung auf die Unwirksamkeit der Verfügung beruft, trägt die Beweislast für die von ihm hierfür vorgetragenen Umstände.[10] Bestehen Zweifel, ob der Erblasser sich eine spätere Verfügung vorbehalten hat, so hat derjenige, der sich darauf beruft, die Beweislast für außerhalb der Urkunde liegende Umstände.[11]

[10] OLG Stuttgart ZEV 2008, 434, 437; Baumgärtel/Schmitz, § 2086 Rn 1; MüKo/Leipold, § 2086 Rn 2, 5.

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