Rz. 72

Wenn sich die Rechtslage zwischen Testamentserrichtung und Eintritt des Erbfalls ändert, kann dies Auswirkungen auf die Auslegung des Testaments haben. Eine Änderung der Rechtlage liegt bspw. in der Einführung des Erbrechts des nichtehelichen Kindes.[281] Eine Änderung der Rechtslage war auch im Außerkrafttreten des Rechtserbhofgesetzes oder bzgl. der Änderungen des ehelichen Güterrechts zu sehen.[282] I.d.R. wird das zum Erbfall geltende Erbrecht gemeint sein.

 

Rz. 73

Auswirkungen auf die Auslegung des Testaments können Änderungen in Bezug auf die Berufung zum gesetzlichen Erben (z.B. Erbrecht des nichtehelichen Kindes nach dem Vater durch das NEhelG)[283] oder auch Änderungen der Höhe der Erbquoten (z.B. Erhöhung des Erbteils des Ehegatten im gesetzlichen Güterstand durch das GleichberG) haben. Haben Ehegatten ein gemeinschaftliches Testament errichtet und keine Regelungen für den ersten Erbfall getroffen, kann hieraus im Wege der ergänzenden Auslegung kein Ausschluss eines nichtehelichen Kindes von der gesetzlichen Erbfolge angenommen werden. Dieser Schluss kann auch dann nicht gezogen werden, wenn die gesetzliche Erbberechtigung im Zeitpunkt der Testamentserrichtung noch nicht bestand.[284] Maßgeblich ist das im Zeitpunkt des Erbfalls geltende Erbrecht.

[281] KG FamRZ 1961, 447; LG Bremen MDR 1959, 761; Rupp, NJW 1958, 12; Haegele, JurBüro 1970, 835, 840; Staudinger/Otte, Vor § 2064 ff. Rn 92; MüKo/Leipold, § 2084 Rn 123.
[282] BayObLGZ 1965, 166, 173; LG Bremen MDR 1959, 761.
[283] Zur Auslegung eines Vermächtnisses im Verhältnis zum Erbersatzanspruch (§ 1934a BGB a.F.): BGH NJW 1979, 917.
[284] OLG München NJW-RR 2013, 329 zum Fall eines "alten", früher nicht erbberechtigten nichtehelichen Kindes.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge