Gesetzestext

 

(1)Die Anfechtung einer letztwilligen Verfügung, durch die ein Erbe eingesetzt, ein gesetzlicher Erbe von der Erbfolge ausgeschlossen, ein Testamentsvollstrecker ernannt oder eine Verfügung solcher Art aufgehoben wird, erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht.

(2)1Das Nachlassgericht soll die Anfechtungserklärung demjenigen mitteilen, welchem die angefochtene Verfügung unmittelbar zustatten kommt. 2Es hat die Einsicht der Erklärung jedem zu gestatten, der ein rechtliches Interesse glaubhaft macht.

(3)Die Vorschrift des Absatzes 1 gilt auch für die Anfechtung einer letztwilligen Verfügung, durch die ein Recht für einen anderen nicht begründet wird, insbesondere für die Anfechtung einer Auflage.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

§ 2081 BGB findet für alle Anfechtungen von letztwilligen Verfügungen nach dem Tod des Erblassers Anwendung, d.h. es spielt keine Rolle, ob es sich um Verfügungen in einem Testament, einem gemeinschaftlichen Testament oder Erbvertrag handelt. § 2081 BGB enthält aus Gründen der Rechtssicherheit eine Abweichung von der Regelung des § 143 Abs. 4 S. 1 BGB. Gem. § 143 BGB müsste die Anfechtung gegenüber demjenigen erklärt werden, der durch die letztwillige Verfügung unmittelbar einen rechtlichen Vorteil erlangt. Nach der Regelung des § 2081 BGB hingegen ist die Anfechtungserklärung gegenüber dem Nachlassgericht abzugeben. Dies dient zum einen der Rechtssicherheit, nämlich der Nachweisbarkeit der Anfechtung, und zum anderen auch dem Interesse des Anfechtenden selbst.[1] Derjenige, der die letztwillige Verfügung anficht, soll nicht erst den Anfechtungsgegner ausfindig machen müssen. Da ihm diese Schwierigkeiten genommen werden, ist die Einhaltung der Anfechtungsfrist auch erleichtert. Im Übrigen besteht dann auch nicht die Gefahr, dass die Anfechtungserklärung bspw. wegen Geschäftsunfähigkeit des Adressaten unwirksam ist.[2]

 

Rz. 2

Gem. Abs. 2 ist das Nachlassgericht notwendigerweise verpflichtet, denjenigen, der durch die letztwillige Verfügung begünstigt ist, von der Anfechtung in Kenntnis zu setzen. Bei letztwilligen Verfügungen, durch die ein Recht für einen anderen nicht begründet wird, fehlt es an einer Person, die einen rechtlichen Vorteil erlangt. Daher wurde in Abs. 3 geregelt, dass eine Anfechtung gegenüber dem Nachlassgericht zu erfolgen hat, um diese Lücke zu schließen.[3]

 

Rz. 3

Von § 2081 BGB wird die Anfechtung von Vermächtnissen nicht umfasst. Hier verbleibt es bei der Regelung des § 143 Abs. 4 S. 1 BGB, wonach die Anfechtung gegenüber dem Vermächtnisnehmer zu erfolgen hat.[4] Aus Gründen der Einheitlichkeit sollte auch hier eine Anfechtung gegenüber dem Nachlassgericht erfolgen. Die jetzige Regelung erscheint daher zweifelhaft.

 

Rz. 4

§ 2081 BGB gilt nicht für die Anfechtung eines Erbvertrages durch den Erblasser. Die Anfechtung muss gem. § 2282 Abs. 3 BGB in notariell beurkundeter Form dem Vertragspartner gegenüber erfolgen und nach dessen Tod gem. § 2281 Abs. 2 BGB gegenüber dem Nachlassgericht.[5] Wird der Erbvertrag hingegen nach dem Tod des Erblassers durch Dritte angefochten, so gilt § 2081 BGB.[6] Erklärt der überlebende Ehegatte die Anfechtung bindend gewordener wechselbezüglicher Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament, so ist diese Erklärung analog der Regelung des § 2281 Abs. 2 BGB immer gegenüber dem Nachlassgericht abzugeben. Wird eine Anfechtung auf Erbunwürdigkeit gestützt, kommt § 2342 Abs. 1 S. 1 BGB zur Anwendung, d.h. es ist eine Anfechtungsklage zu erheben. § 2081 BGB gilt nicht.

[1] BGH FamRZ 1977, 786.
[2] MüKo/Leipold, § 2081 Rn 1.
[3] MüKo/Leipold, § 2081 Rn 3.
[4] MüKo/Leipold, § 2081 Rn 4.
[5] Dazu BGHZ 198, 32 = NJW 2013, 3306 Rn 26 (nur die Erklärung, nicht deren Begebung bedarf der notariellen Beurkundung).
[6] BayObLG FamRZ 1983, 1275, 1277.

B. Tatbestand

 

Rz. 5

§ 2081 BGB regelt, wem gegenüber die Anfechtungserklärung abgegeben werden muss und in welcher Art und Weise.

I. Erklärung der Anfechtung gegenüber dem Nachlassgericht

1. Welche Verfügungen sind gegenüber dem Nachlassgericht anzufechten?

 

Rz. 6

Unter Abs. 1 fällt die Anfechtung der Erbeinsetzung, des Ausschlusses von der Erbfolge (Enterbung), der Ernennung eines Testamentsvollstreckers sowie der Aufhebung einer derartigen Verfügung, ebenso auch der Einsetzung zum Ersatzerben, Vor- oder Nacherben.[7]

 

Rz. 7

Ob die Anfechtung einer Teilungsanordnung und der Befreiung eines Vorerben von Abs. 1 erfasst wird, ist umstritten. Nach einer Ansicht ist die Anfechtung der Teilungsanordnung unter Abs. 1 zu zählen.[8] Andere Stimmen vertreten die Meinung, die Teilungsanordnung unterfalle der Vorschrift des § 143 Abs. 4 S. 1 BGB.[9] Die Anfechtung erfolgt somit gegenüber allen Miterben. Eine dritte Ansicht ordnet die Teilungsanordnung Abs. 3 zu.[10] Das Gleiche gelte für ein Auseinandersetzungsverbot. Nach einer Ansicht ist die Befreiung eines Vorerben gegenüber dem Nachlassgericht anzufechten und unterfällt somit der Regelung des Abs. 1.[11] Nach a.A. ist die Befreiung gem. § 143 Abs. 4 S. 1 BGB dem Vorerben gegenüber anzufechten.[12]

 

Rz. 8

Der Ernennung des Testamentsvollstreckers, die unter Abs. 1 fällt, steht die Anordnung gleich, dass Testamentsvollstreckung erf...

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