Rz. 69

Derjenige, der sich auf die Anfechtung beruft, trägt die Beweislast für den Anfechtungsgrund, aber auch für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Irrtum und Verfügung bzw. Drohung und Verfügung.[214] Handelt es sich um ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, so gelten die Regeln über die materielle Beweislast. Diese kommen jedoch erst dann zum Zuge, wenn der Anfechtungsgrund auch unter Heranziehung aller Beweismittel nicht festgestellt werden kann.[215]

 

Rz. 70

An den Nachweis, dass ein Motivirrtum vorliegt, sind strenge Anforderungen zu stellen. Dies gilt insbesondere auch für die Frage der Erheblichkeit, wobei es hierfür keinen Anscheinsbeweis gibt.[216] Ein solcher scheidet aus, da es sich nicht um typische Geschehensabläufe handelt.[217] Eine andere Beurteilung ergibt sich nur für den Fall, dass der Erblasser in seinem Testament einen Grund für seine Verfügung genannt hat. In diesem Falle ist davon auszugehen, dass ihn dieser Grund zu seiner Verfügung bestimmt hat.[218] Hierbei handelt es sich jedoch um eine widerlegbare Vermutung. Entscheidend ist nicht, was sich ein verständiger Mensch vorstellen würde, sondern vielmehr, was sich der Erblasser vorgestellt hat.

 

Rz. 71

Erfolgte eine Anfechtung aufgrund einer widerrechtlichen Drohung, hat der Anfechtende zu beweisen bzw. trägt er die Feststellungslast dafür, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Zwangslage und der letztwilligen Verfügung besteht.[219]

 

Rz. 72

Derjenige, der Rechtsfolgen aus der Anfechtungserklärung herleiten möchte, trägt die Beweislast für die ordnungsgemäße und rechtzeitige Anfechtungserklärung.[220]

 

Rz. 73

Ob eine Anfechtung wirksam ist, wird sowohl im streitigen Verfahren als auch im Erbscheinsverfahren entschieden. Da im Erbscheinsverfahren der Grundsatz der Amtsermittlung gilt, ist einzig und allein der geltend gemachte Anfechtungsgrund zu prüfen.[221]

[214] BGH FamRZ 1963, 85; OLG München NJW-RR 2008, 1112.
[215] OLG Hamm FamRZ 1967, 697.
[216] BGH NJW 1963, 248.
[217] BGH NJW 1963, 246.
[218] RGZ 172, 83 f.: Anscheinsbeweis; BGH NJW 1965, 274 u. KG FamRZ 1977, 271, 273.
[219] BayObLG FamRZ 1990, 211.
[220] BayObLGZ 1962, 299, 304; BayObLGZ 1971, 147, 150; KG NJW 1963, 766.
[221] BayObLGZ 1962, 47, 53.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge