Gesetzestext

 

Der Erblasser kann ein Testament nur persönlich errichten.

A. Allgemeines

I. Normzweck

 

Rz. 1

Der Erblasser muss seine Verfügung von Todes wegen persönlich errichten. Zweck dieser Vorschrift ist es, die Testierfreiheit zu sichern.[1] Dies wiederum ist die erbrechtliche Ausprägung der Privatautonomie.[2] Der wirkliche Wille des Erblassers soll sich in seiner letztwilligen Verfügung niederschlagen. Die Testierfreiheit ist höchstpersönliches, unübertragbares Recht. Dem Erblasser wird hierdurch die Möglichkeit eingeräumt, von der gesetzlichen Erbfolge abzuweichen, was erhebliche Auswirkungen auf den Ehegatten, Abkömmlinge oder sonstige Verwandte haben kann. Unmittelbar sind damit vermögensrechtliche Folgen betroffen, mittelbar kann sich dies aber auch auf die familiären bzw. persönlichen Beziehungen auswirken. Das Gesetz schreibt die persönliche Errichtung wegen der großen Tragweite eines Testaments und wegen der erst mit dem Tode des Erblassers eintretenden Wirksamkeit zwingend vor. Ausnahmen beim Vermächtnis (§§ 2151, 2152 BGB) und der Auswahl des Testamentsvollstreckers (§§ 2198, 2200 BGB) durchbrechen das vorgenannte Prinzip der personalen Verantwortung des Erblassers.

[1] MüKo/Leipold, § 2064 Rn 1.
[2] Muscheler, Erbrecht I, Rn 327; Isensee, DNotZ 2004, 754; Kroppenberg, DNotZ 2006, 86; Westermann, ZfPW 2016, 85.

II. Geltungsbereich

 

Rz. 2

Die Vorschrift des § 2064 BGB bezieht sich lediglich auf die letztwillige Verfügung in Form eines Testaments. Sie gilt sowohl für das Einzel- als auch für das gemeinschaftliche Testament.[3] Gleichlautende Vorschriften finden sich jedoch auch für den Erbvertrag (§ 2274 BGB) sowie eingeschränkt für den Erbverzicht (§ 2347 Abs. 2 BGB). Eine Stellvertretung ist auch bei der Bestätigung eines anfechtbaren Erbvertrages (§ 2284 BGB), bei der vertraglichen Aufhebung des Erbvertrages (§ 2290 Abs. 2 S. 1 BGB) sowie beim Rücktritt vom Erbvertrag (§ 2296 Abs. 1 S. 1 BGB) ausgeschlossen. Erfasst wird von der Regelung des § 2064 BGB sowohl die Testamentserrichtung als auch das Widerrufstestament gem. § 2254 BGB sowie das widersprechende Testament i.S.v. § 2258 BGB.

[3] MüKo/Leipold, § 2064 Rn 2.

B. Tatbestand

 

Rz. 3

Voraussetzung der Gültigkeit eines Testaments ist dessen persönliche Errichtung (formelle Höchstpersönlichkeit). Das Testament muss vom Erblasser persönlich ge- und unterschrieben werden, sofern es sich um ein privatschriftliches Testament handelt. Für ein öffentliches Testament gilt § 2232 BGB. Beim Testierrecht handelt es sich um ein höchstpersönliches Recht. Eine Stellvertretung ist somit ausgeschlossen.[4] Mit der Gestattung der Stellvertretung würde der Erblasser nämlich seine Testierfreiheit zumindest teilweise aufgeben. Es ist sowohl die Vertretung durch einen Bevollmächtigten als auch die Vertretung durch den gesetzlichen Vertreter ausgeschlossen.[5] Desgleichen ist die Vertretung durch einen Vertreter kraft Amtes ausgeschlossen. Sowohl das Handeln unter fremdem Namen als auch die vollmachtlose Vertretung sind verboten. Ausfluss dieses Gebots sind die Vorschriften der §§ 2229 Abs. 2, 1903 Abs. 2 BGB. Demgemäß unterliegt die Testamentserrichtung eines Minderjährigen, der das 16. Lebensjahr vollendet hat, bzw. die Testamentserrichtung durch einen Betreuten nicht der Zustimmung der Eltern bzw. des Betreuers.

 

Rz. 4

Der Erblasser hat die Möglichkeit, durch letztwillige Verfügung von der gesetzlichen Erbfolge abzuweichen. Dieser Verantwortung soll er sich nicht durch Einschaltung eines Vertreters entziehen können.[6] Es ist weder eine Vertretung im Willen (Stellvertretung) noch in der Erklärung zulässig.[7] Ebenso ist die Einschaltung eines Boten unzulässig. Jedoch ist die Hilfe eines Dritten in Form einer Beratung, z.B. durch einen Rechtsanwalt oder Notar, zulässig und gestattet.

 

Rz. 5

Ein Verstoß gegen § 2064 BGB liegt auch dann vor, wenn ein Bevollmächtigter dem Notar eine vom Erblasser vorformulierte Erklärung zur Beurkundung überbringen soll.

 

Rz. 6

Ebenso hat der Widerruf von Testamenten, sofern dieser gem. §§ 2254, 2258 BGB durch Testament erfolgt, persönlich zu erfolgen. Im Gegensatz hierzu ist es zulässig, die Vernichtung oder Veränderung der Testamentsurkunde einem Dritten zu übertragen, der als verlängerter Arm des Erblassers tätig wird. Nicht zulässig ist hingegen, die Entscheidung darüber, ob ein Widerruf erfolgen soll, auf einen Dritten zu übertragen.[8] Erfolgt ein Widerruf gem. § 2256 BGB durch Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung, muss die Rückgabe zwingend an den Erblasser erfolgen.

[4] MüKo/Leipold, § 2064 Rn 1, 3.
[5] MüKo/Leipold, § 2064 Rn 3.
[6] BGHZ 15, 199, 200.
[7] BGH NJW 1955, 100.
[8] MüKo/Leipold, § 2064 Rn 5.

C. Rechtsfolgen

 

Rz. 7

Sofern gegen die Vorschrift des § 2064 BGB verstoßen wird, ist die Verfügung nichtig. Eine Heilung ist nicht möglich. Sofern der Erblasser in seinem Testament verfügt, dass ein Dritter nach dem Erbfall Verfügungen für den Erblasser treffen soll, z.B. Anordnung von Vermächtnissen aus dem Nachlass, steht dem zum einen § 2064 BGB entgegen. Zum anderen müssen die Verfügungen zum Zeitpunkt des Erbfalls wirksam...

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