Rz. 9

Liegt eine gemeinschaftliche Nachlassverbindlichkeit vor, greift die gesamtschuldnerische Haftung der Miterben, es hat also jeder für die gesamte Nachlassverbindlichkeit in vollem Umfang einzustehen. Dies gilt sogar dann, wenn der in Anspruch genommene Miterbe bedingt durch eine Ausgleichungspflicht aufgrund von Vorempfängen (§§ 2050 ff. BGB) nichts mehr aus dem Nachlass erlangt.[32] Selbst die Erlangung des Zuschlags eines Miterben im Rahmen einer Teilungsversteigerung des zur Erbmasse gehörenden Grundstücks lässt den Fortbestand von dessen gesamtschuldnerischer Haftung für die Erfüllung eines in Bezug auf dieses Grundstück eingeräumten Vorausvermächtnisses unberührt.[33] Dem Nachlassgläubiger steht es dabei frei,[34] ob er im Wege der Gesamtschuldklage gegen beliebige – einzelne oder mehrere – Miterben vorgeht (§§ 2058, 421 BGB) oder eine Gesamthandsklage gegen die Erbengemeinschaft erhebt (§ 2059 Abs. 2 BGB).[35] Die Miterben bilden hier bei der Gesamtschuldklage auch keine notwendige Streitgenossenschaft nach § 62 ZPO, da keine einheitliche Entscheidung gegenüber ihnen ergehen muss.[36]

 

Rz. 10

Die gesamtschuldnerische Haftung umfasst das gesamte Vermögen des Miterben, also auch sein Eigenvermögen. Der Gläubiger kann dann auch ins Eigenvermögen des Miterben vollstrecken. Bis zur Teilung des Nachlasses kann der Miterbe aber unter Hinweis auf § 2059 Abs. 1 S. 1 BGB die Berichtigung aus seinem eigenen Vermögen verweigern, indem er in dem gegen ihn gerichteten Prozess eine entsprechende Einrede geltend macht. Nach der Teilung kann er sich auf eine Haftungsbeschränkung nur noch bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 2060, 2061 BGB berufen.[37] Die Vollstreckung in den Erbteil des einzelnen verurteilten Miterben ist nach §§ 857, 859 Abs. 2 ZPO möglich. Soll gegenüber sämtlichen Miterben in den ungeteilten Nachlass vollstreckt werden, setzt dies nach § 747 ZPO einen Titel gegen sämtliche Miterben voraus, der im Wege der Gesamthandsklage (§ 2059 Abs. 2 BGB) aber regelmäßig ohne besondere praktische Schwierigkeiten erlangt werden kann.

[32] MüKo/Ann, § 2058 Rn 21.
[34] Einschränkend LSG Celle, Urt. v. 12.12.2017 – L 7/12 AL 27/16, juris, wonach die die Vollstreckung betreibende Behörde die belastende Entscheidung über die Inanspruchnahme eines bestimmten Miterben ermessensfehlerfrei zu treffen habe.
[35] Staudinger/Marotzke, § 2058 Rn 52 f.
[36] St. Rspr. seit BGH NJW 1963, 1611; BSG FamRZ 2011, 1943; OLG Hamm ErbR 2017, 638.
[37] BGH WM 1982, 101; BayObLG FamRZ 1999, 1175.

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