Entscheidungsstichwort (Thema)

Forderung. Bestimmung des zuständigen Gerichts. Erbengemeinschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

Der erweiterte Gerichtsstand der Erbschaft ist auch für Klagen wegen Nachlassverbindlichkeiten gegeben. Sind wie hier mehrere Erben vorhanden, so besteht dieser Gerichtsstand, so lange sie für die Nachlassverbindlichkeit gemäß §§ 2058, 421 BGB als Gesamtschuldner haften.

 

Normenkette

BGB §§ 421, 2058; ZPO § 28

 

Verfahrensgang

LG Bamberg (Aktenzeichen 2 O 494/98)

 

Tenor

I. Die Bestimmung des zuständigen Gerichts wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Bestimmungsverfahrens.

III. Der Wert des Bestimmungsverfahrens wird auf DM 25.000 festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin erwirkte wegen einer Darlehensforderung sowie wegen Aufwandsentschädigung gegen die in Nürnberg und Gründau (Bezirk des Landgerichts Hanau) wohnhaften Beklagten jeweils einen Mahnbescheid des Amtsgerichts Neustadt a.d. Aisch über die Hauptforderung von 75.597,75 DM. Die Beklagten haben Widerspruch eingelegt. Das Mahngericht hat das Verfahren an das in den Mahnbescheiden als für das streitige Verfahren zuständig bezeichnete Landgericht Bamberg abgegeben.

Dort hat die Klägerin beantragt, ein gemeinsames örtlich zuständiges Gericht zu bestimmen und hierfür das Landgericht Nürnberg-Fürth vorgeschlagen. Hierzu hat sie vorgetragen, das Landgericht Bamberg sei irrtümlich in den Mahnanträgen angegeben worden. Sie nehme die Beklagten als durch Erbschein ausgewiesene Miterben je zu 1/2 für Nachlaßverbindlichkeiten in Anspruch, die von der am 18.2.1996 in Lichtenfels (Bezirk des Landgerichts Coburg) verstorbenen Erblasserin begründet worden seien. Die Erblasserin habe in einem privatschriftlichen Testament anerkannt, von ihr (der Klägerin) ein Darlehen in Höhe von 62.000 DM erhalten zu haben. Außerdem habe die Erblasserin sie um die Erledigung dringender Bank- und Behördengeschäfte gebeten. Hierfür beanspruche sie Aufwendungsersatz in Höhe von 2.400 DM. Eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten sei nicht mehr gegeben, da die Erbengemeinschaft bereits auseinandergesetzt sei.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist zur Entscheidung über das Gesuch um Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts (§ 36 Abs. 1 Nr. 3, § 37 ZPO) berufen (§ 36 Abs. 2 ZPO, § 9 EGZPO), da die Beklagten ihren Wohnsitz jeweils in verschiedenen deutschen Ländern haben und ein bayerisches Gericht zuerst mit der Sache befaßt wurde (BayObLGZ 1998, 209/ 210 und 191).

2. Die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 37 ZPO liegen nicht vor, da ein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand, hier der erweiterte Gerichtsstand der Erbschaft (§ 28 ZPO), gegeben ist. Der Klägerin steht es frei, die Verweisung des Rechtsstreits dorthin zu beantragen (§ 35 ZPO).

a) Es ist zwar anerkannt, daß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO auch noch nach Klageerhebung angewandt werden kann (BayObLGZ 1993, 170/ 171 m.w.N.), insbesondere nach Eintritt der Rechtshängigkeit nach vorangegangenem Mahnverfahren (Zöller/Vollkommner ZPO 21. Aufl. § 36 Rn. 16 m.w.N.). Auch dann ist jedoch Voraussetzung der Zuständigkeitsbestimmung, daß für die als Streitgenossen in Anspruch genommenen Beklagten kein gemeinschaftlicher Gerichtsstand begründet ist, in dem der Rechtsstreit durchgeführt werden kann. Andernfalls besteht für die Zuständigkeitsbestimmung kein Bedürfnis.

b) Im vorliegenden Fall nimmt die Klägerin nach ihrem maßgeblichen Vortrag (vgl. BayObLGZ 1985, 314/316) die Beklagten als Miterben nach Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft

(§ 2042 BGB) für die von der Erblasserin zu deren Lebzeiten begründeten Nachlaßverbindlichkeiten (§ 1967 BGB) als einfache Streitgenossen in Anspruch.

aa) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist für diese Ansprüche der erweiterte Gerichtsstand der Erbschaft (§ 28 ZPO) gegeben. In diesem Gerichtsstand können auch Klagen wegen Nachlaßverbindlichkeiten erhoben werden, die von der Erblasserin zu deren Lebzeiten begründet wurden (vgl. Musielak/Smid ZPO § 28 Rn. 2).

bb) Sind wie hier mehrere Erben vorhanden, so besteht dieser Gerichtsstand, so lange sie für die Nachlaßverbindlichkeit gemäß §§ 2058, 421 BGB als Gesamtschuldner haften (vgl. Zöller/Vollkommer ZPO 21. Aufl. § 28 Rn. 4). Mit der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft (§§ 2032, 2042 BGB) entfällt zwar die gesamthänderische Bindung (§ 2040 BGB); dagegen bleibt die gesamtschudnerische Haftung auch nach der Teilung des Nachlasses grundsätzlich weiter bestehen (vgl. §§ 2058 ff. BGB; BGH NJW 1998, 682 m.w.N.; Palandt/Edenhofer BGB 58. Aufl. § 2060 Rn. 1).

cc) Eine anteilige Haftung des Erben (§ 2060 BGB) für einen seiner Erbquote entsprechenden Bruchteil der Schuld tritt zwar in den gemäß §§ 2060, 2061 BGB geregelten Fällen ein (vgl. Zöller/Vollkommer aaO.). Hier trägt die Klägerin aber keine Anhaltspunkte vor, denen derartige Voraussetzungen (Ausschluß im Aufgebotsverfahren gemäß § 2060 Nr. 1 i.V.m. §§ 1970 ff BGB; verspätete Geltendmachung gemäß § 2060 Nr. 2 BGB; Nachlaßkonkurs gemäß § 2260 Nr. 3 BGB...

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