Gesetzestext

 

(1)Jeder Miterbe kann jederzeit die Auseinandersetzung verlangen, soweit sich nicht aus den §§ 2043 bis 2045 ein anderes ergibt.

(2)Die Vorschriften des § 749 Abs. 2, 3 und der §§ 750 bis 758 finden Anwendung.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Die Erbengemeinschaft ist von Beginn an auf Auseinandersetzung ausgerichtet. Der Begriff der "Auseinandersetzung" ist weit zu verstehen und umfasst zwangsläufig nicht lediglich die Verteilung des Nachlasses unter den Erben, sondern zuvor auch die Begleichung der Verbindlichkeiten des Nachlasses und Ausgleichung von Vorempfängen. Nach § 2042 BGB kann jeder Miterbe grundsätzlich jederzeit ohne Rücksicht auf die Interessen der Miterben die Auseinandersetzung verlangen. Anders also als im Gesellschaftsrecht auf den das Recht der Erbengemeinschaft vielfach verweist, ist kein "wichtiger Grund" erforderlich und das Auseinandersetzungsbegehren kann auch zur Unzeit gestellt werden. Die Teilung hat grundsätzlich in Natur zu erfolgen, § 2042 Abs. 2 BGB i.V.m. § 752 BGB. Nur wenn die Teilung in Natur ausgeschlossen ist, hat die Teilung durch Verkauf entsprechend den Vorschriften über den Pfandverkauf bzw. bei Immobilien durch Zwangsversteigerung gem. § 180 ZVG zu erfolgen, Abs. 2 i.V.m. § 753 BGB. Es gibt keine gesetzlichen Vorschriften, in welcher Form die Auseinandersetzung stattfinden muss. Es gibt daher zahlreiche Wege, die Auseinandersetzung durchzuführen, wie z.B. Auseinandersetzungsvertrag, Verfahren in Teilungssachen, Teilungsklage usw. (zu Einzelheiten siehe Rdn 5 ff.). Die Praxistauglichkeit der verschiedenen Verfahren ist sehr unterschiedlich und die Wahl des richtigen Verfahrens kann über Erfolg und Misserfolg der Auseinandersetzung entscheiden.

B. Tatbestand

I. Abs. 1

1. Jeder Miterbe

 

Rz. 2

Zum Begriff siehe § 2033 Rdn 2. Auch ein Miterbe, der bei der Auseinandersetzung aufgrund von Vorempfängen nichts mehr zu erwarten hat, kann die Auseinandersetzung verlangen, da er sonst keine Möglichkeit hätte, aus der Erbengemeinschaft auszuscheiden. Entsprechend anwendbar ist § 2042 BGB über den ausdrücklichen Wortlaut hinaus ("Jeder Miterbe") auf den Erbteilserwerber, § 2033 BGB.[1] Für den Testamentsvollstrecker gilt § 2042 BGB über den Verweis des § 2204 Abs. 1 BGB. Auch der Abwesenheitspfleger für einen bekannten Erben (§ 1911 BGB) kann die Auseinandersetzung fordern; dies ist ein Minus zu seinem Recht, die Erbschaft anzunehmen oder auszuschlagen.[2] Nach Eintritt der Verkaufsberechtigung kann der Pfandgläubiger allein die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen, § 1258 Abs. 2 S. 2 BGB. Vor Verkaufsberechtigung kann der Pfandgläubiger gem. § 1258 Abs. 2 S. 1 BGB ebenso wie der Nießbraucher am Miterbenanteil gem. § 1066 Abs. 2 BGB die Auseinandersetzung nur gemeinschaftlich mit dem Miterben verlangen. Wurde der Erbteil gepfändet und überwiesen, dann kann der Miterbe sich nicht mehr an der Auseinandersetzung beteiligen.[3]

 

Rz. 3

Für den Nachlasspfleger ist § 2042 BGB nicht entsprechend anwendbar. Der Nachlasspfleger darf jedoch an einer von einem anderen betriebenen Auseinandersetzung mitwirken.[4] Zur Genehmigungsbedürftigkeit bei minderjährigen Erben siehe Rdn 51 f.

[1] KG OLGE 14, 154.
[2] Lange/Kuchinke, § 44 II 1b Fn 38 a.E.; anders jedoch beim Nachlasspfleger, siehe Rdn 3.
[3] Staudinger/Löhnig, § 2042 Rn 3.
[4] KG NJW 1971, 565.

2. Jederzeit

 

Rz. 4

Die Formulierung steht im Gegensatz zur "Parallelregelung" im Gesellschaftsrecht in § 723 Abs. 2 BGB: Während im Gesellschaftsrecht eine Kündigung nur dann zur Unzeit erfolgen darf, wenn wichtige Gründe vorliegen, gibt es bei der Erbengemeinschaft solch eine Einschränkung nicht. In der Rspr. vor dem Jahr 1956 finden sich einige Entscheidungen, die ein Auseinandersetzungsverlangen aus dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs gem. § 242 BGB einschränken wollen.[5] Es gibt hingegen keine Entscheidungen neueren Datums. Tatsächlich sind kaum Fälle nach neuerer Rspr. zu § 242 BGB denkbar, in denen der "letzte Rettungsanker" des § 242 BGB anzuwenden wäre.

[5] Siehe hierzu Staudinger/Löhnig, § 2042 Rn 3.

3. Auseinandersetzung

 

Rz. 5

Unter Auseinandersetzung ist nicht lediglich die Verteilung des Nachlasses unter den Erben entsprechend den gesetzlichen oder/und testamentarischen Vorschriften zu verstehen. Zur Auseinandersetzung gehört vorrangig die Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten, § 2046 BGB. Bevor die Nachlassverbindlichkeiten nicht vollständig beglichen sind, kann eine Verteilung des Vermögens nicht erfolgen. Die Pflicht zur Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten besteht jedoch nur im Verhältnis der Erben untereinander, nicht im Verhältnis zu den Gläubigern.[6] Durch die Auseinandersetzung müssen alle Rechtsbeziehungen der Gesamthand abgewickelt werden. Daher müssen auch Rechtsgeschäfte der Gesamthand mit Dritten – auch mit Miterben – erledigt und Vorempfänge ausgeglichen werden. Die Auseinandersetzung wird durch die Verteilung des Nachlasses vorrangig entsprechend den letztwilligen Anordnungen des Erblassers und im Übrigen entsprechend den gesetzlichen Regelungen vollzogen. Einvernehmlich können sich die Erben freilich über die testam...

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