Gesetzestext

 

(1)Hinterlässt der Erblasser mehrere Erben, so wird der Nachlass gemeinschaftliches Vermögen der Erben.

(2)Bis zur Auseinandersetzung gelten die Vorschriften der §§ 2033 bis 2041.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Hinterlässt der Erblasser keine letztwillige Verfügung von Todes wegen, ist der Alleinerbe die Ausnahme, eine Mehrheit von Erben hingegen die Regel. Aber auch bei gewillkürter Erbfolge erben meist mehrere Erben. Die Erbengemeinschaft entsteht unabhängig vom Willen der Erben kraft Gesetzes als Zufallsgemeinschaft mit dem Tod des Erblassers aufgrund gesetzlicher oder testamentarischer Erbfolge. Sie ist von ihrem Wesen her auf Auseinandersetzung und schließlich Auflösung ausgerichtet. Sie kann weder vertraglich begründet werden noch nach erfolgter Auflösung wiederhergestellt werden (zur Situation bei Rücktritt der Miterben von einem Auseinandersetzungsvertrag vgl. § 2042 Rdn 10).[1] Das Vermögen ist gesamthänderisch gebunden. Der einzelne Erbe kann lediglich über seinen gesamten Anteil am Nachlass verfügen (§ 2033 Abs. 1 BGB), jedoch nicht über einzelne Nachlassgegenstände (§ 2033 Abs. 2 BGB). Durch den Erbfall erlangt der Miterbe daher auch keine unmittelbare gegenständliche Beziehung zu einem Nachlassgegenstand.[2] Dies gilt auch dann, wenn der Nachlass nur noch aus einer Sache besteht.[3] Auch die "Zuweisung" eines Nachlassgegenstandes durch Testament des Erblassers führt zu keinem anderen Ergebnis: Der Erbe erlangt hier lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Miterben auf Erfüllung der Teilungsanordnung (§ 2048 BGB) bzw. des Vorausvermächtnisses (§ 2150 BGB). Die Erben haben gegeneinander einen Anspruch auf jederzeitige Auseinandersetzung nach Maßgabe des § 2042 BGB sowie Mitwirkung an der Verwaltung, § 2038 Abs. 1 BGB. Die Trennung des Nachlassvermögens vom Privatvermögen der Erben dient in erster Linie der Sicherung der Rechte der Nachlassgläubiger. Würde der Nachlass sogleich auf eine Mehrheit von Erben übergehen, so stünden die Nachlassgläubiger einer Vielzahl von Schuldnern und einer zersplitterten Nachlassmasse gegenüber.[4]

[1] Palandt/Weidlich, Vor § 2032 Rn 1.
[2] Vgl. Palandt/Weidlich, § 2032 Rn 1.
[4] Protokolle S. 8057, zit. nach Mugdan, Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. V, S. 495.

B. Tatbestand

I. Abs. 1

1. Erbe

 

Rz. 2

Erbe i.S.v. § 2032 BGB kann nur sein, wer die Erbschaft angenommen und nicht vorzeitig oder nachträglich weggefallen ist (durch Enterbung, § 1938 BGB; Ausschlagung, § 1953 BGB; Erbunwürdigkeitserklärung, § 2344 BGB, oder Erbverzicht, § 2346 BGB). Der Ersatzerbe gehört daher nicht zur Erbengemeinschaft, bis der Ersatzerbfall eingetreten ist.[5] Der Nacherbe gehört gleichfalls erst dann zur Erbengemeinschaft, wenn der Nacherbfall eingetreten ist. Mehrere Nacherben bilden keine Erbengemeinschaft.[6] Das nichteheliche Kind kann ohne jede Einschränkung Erbe i.S.v. § 2032 BGB und daher auch Mitglied der Erbengemeinschaft werden (etwas anderes gilt lediglich bei nichtehelichen Kindern, die noch unter Geltung der §§ 1934a–1943e i.d.F. bis zum 1.4.1998 einen vorzeitigen Erbausgleich erhalten haben, bzw. bei Erbfällen vor dem 1.4.1998, bei denen das Kind einen Erbersatzanspruch gem. § 1934a BGB hatte, Art. 227 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB). Es können sowohl natürliche als auch juristische Personen Mitglied der Erbengemeinschaft werden und es ist gleichgültig, ob der Erbe aufgrund Gesetzes oder durch letztwillige Verfügung von Todes wegen zum Erben berufen ist.

[5] Soergel/Wolf, § 2032 Rn 2.
[6] BGH NJW 1993, 1582, 1583; a.A. RGZ 93, 292, 296; Soergel/Wolf, § 2032 Rn 2 m. beachtlichen Argumenten gegen die Auffassung des BGH.

2. Nachlass

 

Rz. 3

Auf die Erbengemeinschaft geht unabhängig von etwaigen Teilungsanordnungen (§ 2048 BGB) oder Vorausvermächtnissen (§ 2150 BGB) die Erbschaft i.S.v. § 1922 BGB über, also das Vermögen als Ganzes (Universalsukzession). Ausnahmen bilden lediglich solche Nachlassgegenstände oder -rechte, die im Rahmen einer Sondererbfolge nicht in das Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft fallen, sondern unmittelbar auf den oder die Begünstigten übergehen (Singularsukzession).[7] Die Singularsukzession ist im Erbrecht des BGB die absolute Ausnahme. Es gibt sie bei Gesellschaftsanteilen, die aufgrund einer Nachfolgeklausel unmittelbar auf die gesellschaftsvertraglich bestimmten Erben übergehen (siehe hierzu Rdn 9 ff.), sowie beim Eintrittsrecht in den Mietvertrag nach Tod des bzw. eines Mieters, §§ 563, 563a BGB. Das Vermögen der Erben und das Sondervermögen der Erbengemeinschaft sind Vermögen verschiedener Rechtsträger und bleiben getrennt.[8] Rechtsbeziehungen, die der Erblasser mit einem Miterben hatte, bleiben bestehen. Konfusion und Konsolidation treten nicht ein, da der Miterbe auf das Sondervermögen nicht allein zugreifen kann.[9] Eine bestehende Bürgschaft erlischt auch nicht teilweise, wenn Gläubiger und Bürge den Hauptschuldner als Miterben beerben.[10]

[7] MüKo/Gergen, Vor § 2032 Rn 8.
[8] MüKo/Gergen, § 2032 Rn 7, 23.
[9] BGHZ 48, 214...

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