Gesetzestext

 

(1)1Überlebt eine Person, die für tot erklärt oder deren Todeszeit nach den Vorschriften des Verschollenheitsgesetzes festgestellt ist, den Zeitpunkt, der als Zeitpunkt ihres Todes gilt, so kann sie die Herausgabe ihres Vermögens nach den für den Erbschaftsanspruch geltenden Vorschriften verlangen. 2Solange sie noch lebt, wird die Verjährung ihres Anspruchs nicht vor dem Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt vollendet, in welchem sie von der Todeserklärung oder der Feststellung der Todeszeit Kenntnis erlangt.

(2)Das Gleiche gilt, wenn der Tod einer Person ohne Todeserklärung oder Feststellung der Todeszeit mit Unrecht angenommen worden ist.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Die Regelung in § 2031 BGB gewährt dem nur scheinbar Verstorbenen einen dem Erbschaftsanspruch entsprechenden Gesamtanspruch auf Herausgabe seines Vermögens. Der Anspruch aus § 2031 BGB kann auch von einem bestellten Abwesenheitspfleger (§ 1911 BGB) verfolgt werden, nachdem sich die Annahme des Todes als falsch herausgestellt hat.[1] Die Anwendung der Vorschriften über den Erbschaftsanspruch kann nur sinngemäß erfolgen, da ja in Wirklichkeit gar kein Erbfall eingetreten ist, sondern dieser nur fälschlicherweise angenommen wurde. In der anwaltlichen Praxis dürfte die Vorschrift keine große Rolle spielen.

[1] Staudinger/Gursky, § 2031 Rn 3.

B. Tatbestand

I. Anspruchsberechtigter

 

Rz. 2

Anspruchsberechtigt ist nach Abs. 1 derjenige, der für tot erklärt oder dessen Tod für sicher gehalten wurde, darüber hinaus derjenige, dessen Todeszeitpunkt nach § 39 VerschG festgestellt wurde. In beiden Fällen ist weitere Voraussetzung, dass er den Zeitpunkt seines (vermeintlichen) Todes überlebt hat. Nach Abs. 2 ist auch anspruchsberechtigt, wessen Tod ohne Todeserklärung oder Feststellung der Todeszeit fälschlicherweise angenommen wurde. Dabei spielt es keine Rolle, warum der Tod zu Unrecht angenommen wurde.

II. Anspruchsgegner

 

Rz. 3

Anspruchsgegner ist, wer als vermeintlicher oder angeblicher Erbe etwas aus dem Vermögen des scheinbar Verstorbenen erlangt hat. Auch derjenige, der bei einem tatsächlichen Eintritt des Todesfalls berechtigter Erbe geworden wäre, ist Anspruchsgegner.[2] Anspruchsgegner ist schließlich auch, wer entsprechend § 2030 BGB vom vermeintlichen oder angeblichen Erben Teile des Vermögens des scheinbar Verstorbenen an sich gebracht hat.[3] § 2031 BGB ist analog anzuwenden für denjenigen, der sich in den Besitz des Vermögens des Verschollenen gesetzt hat, indem er sich für diesen ausgab.

[2] Staudinger/Gursky, § 2031 Rn 4.
[3] Staudinger/Gursky, § 2031 Rn 4.

C. Rechtsfolgen

I. Verweisung auf die Herausgabe nach dem Erbschaftsanspruch

 

Rz. 4

Auf den Herausgabeanspruch des für tot Erklärten sind nach Abs. 1 S. 1 alle Vorschriften über den Erbschaftsanspruch (§§ 2018 ff. BGB) entsprechend anwendbar. Insbesondere finden auch die §§ 2027, 2028 BGB über die Auskunftspflicht Anwendung, obwohl § 2031 BGB nur den "Anspruch auf Herausgabe" des Vermögens ausdrücklich erwähnt. Der Schutz des für tot Erklärten erfordert indes die Erstreckung seiner Ansprüche auch auf Auskunftsansprüche, die die Durchsetzung des Herausgabeanspruchs oft erst ermöglichen.[4] Auch § 2026 BGB ist entsprechend anwendbar, die Berufung auf die Ersitzung ist also dem für tot Erklärten gegenüber nicht möglich, bis auch dessen Gesamtanspruch verjährt ist.[5] Gutgläubige Dritte, die vom vermeintlichen Erben durch Rechtsgeschäft vermeintliche Erbschaftsgegenstände oder Rechte hieran erworben haben, werden über §§ 2366, 2370 Abs. 1 BGB geschützt.[6]

[4] Staudinger/Gursky, § 2031 Rn 6.
[5] Soergel/Dieckmann, § 2031 Rn 5.
[6] MüKo/Helms, § 2031 Rn 8.

II. Abweichender Todeszeitpunkt

 

Rz. 5

Stirbt der für tot Erklärte nach jenem Zeitpunkt, der nach der Todeserklärung oder der Feststellung seines Todes gilt, so geht der für ihn bereits begründete Anspruch aus § 2031 BGB auf seine Erben über, ist dann aber wohl als "einfacher" Erbschaftsanspruch nach §§ 2018 ff. BGB. anzusehen.[7]

[7] Staudinger/Gursky, § 2031 Rn 7.

III. Verjährung

 

Rz. 6

Durch die Regelung in Abs. 1 S. 2 wird die Möglichkeit beschränkt, dem Totgeglaubten die Einrede der Verjährung entgegenzusetzen. Solange der vermeintlich Tote lebt, tritt die Verjährung seiner Ansprüche aus § 2031 BGB erst mit Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt ein, in dem er Kenntnis von der Todeserklärung oder der Feststellung der Todeszeit erlangt. Diese Ablaufhemmung kommt aber nur dem vermeintlich Toten zugute, nicht seinen Erben.[8] Ist der Erblasser also nach Ablauf der 30-jährigen Verjährungsfrist nach § 197 Abs. 1 Nr. 1 BGB gestorben, steht seinen Erben nicht mehr die Möglichkeit zu, sich auf § 2031 BGB zu berufen. Dies gilt selbst dann, wenn der Erblasser bei seinem Tod noch gar keine Kenntnis von der Todeserklärung oder der Feststellung der Todeszeit hatte.[9] Die Beweislast für die Kenntnis trägt der Anspruchsgegner.

[8] Soergel/Dieckmann, § 2031 Rn 7.
[9] MüKo/Helms, § 2031 Rn 7.

D. Verfahrensfragen und praktische Hinweise

 

Rz. 7

Der besondere Gerichtsstand der Erbschaft (§ 27 ZPO) gilt für den Anspruch aus § 2031 BGB nicht.[10]

[10] Soergel/Dieckmann, § 2031 Rn 9.

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