Gesetzestext

 

1Ist der Erbschaftsbesitzer bei dem Beginn des Erbschaftsbesitzes nicht in gutem Glauben, so haftet er so, wie wenn der Anspruch des Erben zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre. 2Erfährt der Erbschaftsbesitzer später, dass er nicht Erbe ist, so haftet er in gleicher Weise von der Erlangung der Kenntnis an. 3Eine weitergehende Haftung wegen Verzugs bleibt unberührt.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Die Bösgläubigkeit des Erbschaftsbesitzers führt ebenfalls zu einer Steigerung seiner Haftung; er haftet wie der gutgläubige Erbschaftsbesitzer nach Eintritt der Rechtshängigkeit. Darüber hinaus begründet § 2024 BGB für den bösgläubigen Erbschaftsbesitzer eine weitergehende Haftung wegen Verzugs. Die Haftungssteigerung erfasst anders als bei § 2023 BGB sowohl den dinglichen als auch den schuldrechtlichen Anspruchsbereich, da § 2024 BGB nicht auf die Herausgabe von zur Erbschaft gehörenden Sachen beschränkt ist.[1] Somit wird von der Regelung des § 2024 auch der schuldrechtliche Bereicherungsanspruch des § 2021 BGB erfasst.[2] Mit Eintritt der Bösgläubigkeit nach § 2024 S. 1 u. 2 BGB bestimmt sich die Haftung des Erbschaftsbesitzers für die Verschlechterung, den Untergang oder eine sonstige Unmöglichkeit der Herausgabe für den dinglichen und schuldrechtlichen Teil des Erbschaftsanspruchs nach § 989 BGB. Gleichzeitig kann der Erbschaftsbesitzer seine Verwendungs- und Ersatzansprüche nur noch i.R.d. § 994 Abs. 2 BGB geltend machen. Für den schuldrechtlichen Bereicherungsanspruch des § 2021 BGB beginnt mit der Bösgläubigkeit die Haftung nach § 818 Abs. 4 BGB, so dass sich der Erbschaftsbesitzer grundsätzlich nicht mehr auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann.[3] Die verschärfte Haftung des Erbschaftsbesitzers kann bei dessen Tod entfallen, wenn sein Erbe gutgläubig ist.[4]

[1] Soergel/Dieckmann, § 2024 Rn 1.
[2] MüKo/Helms, § 2024 Rn 1.
[3] Staudinger/Gursky, § 2024 Rn 2.

B. Tatbestand

I. Bösgläubigkeit

 

Rz. 2

Der Erbschaftsbesitzer ist bösgläubig, wenn er bei Beginn des Erbschaftsbesitzes weiß oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht weiß, dass er nicht Erbe geworden ist.[5] Insoweit ist der Begriff der "Kenntnis" etwas irreführend und stellt wohl ein Redaktionsversehen dar.[6] Sowohl die Vorschrift des § 990 BGB als auch § 818 Abs. 4 BGB lassen für die Haftung des Erbschaftsbesitzers grobe Fahrlässigkeit ausreichen, positive Kenntnis ist also nicht erforderlich. Bösgläubig ist auch, wer weiß, dass der Erwerbstitel seines Erbrechts anfechtbar ist, sofern die Anfechtung bzw. Erbunwürdigkeitserklärung erfolgt.[7] Es genügt in diesem Fall die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis derjenigen Umstände, die dann in der Folge zur Anfechtung oder zum Verlust der Erbenstellung des Erbschaftsbesitzers geführt haben.[8] Bösgläubig ist der Erbschaftsbesitzer nach S. 2 auch dann, wenn er später positiv erfährt, dass er nicht Erbe ist. Gleich zu bewerten ist der Fall, dass sich der Erbschaftsbesitzer vorsätzlich der Kenntnisnahme verschließt, dass der nicht Erbe ist.[9]

[5] MüKo/Helms, § 2024 Rn 2.
[6] MüKo/Helms, § 2024 Rn 2 m.w.N.
[7] Staudinger/Gursky, § 2024 Rn 4.
[8] Staudinger/Gursky, § 2024 Rn 5.
[9] Soergel/Dieckmann, § 2024 Rn 2.

II. Beginn des Erbschaftsbesitzes

 

Rz. 3

Unter Beginn des Erbschaftsbesitzes ist der Zeitpunkt zu verstehen, in dem der Erbschaftsbesitzer erstmals etwas als vermeintlicher oder angeblicher Erbe mit Erbenwillen aus der Erbschaft erlangt hat. Nicht entscheidend ist der Zeitpunkt, in dem er den konkreten Gegenstand, für den er nun z.B. Schadensersatz leisten soll, erhalten hat.[10]

[10] Staudinger/Gursky, § 2024 Rn 4.

III. Guter Glaube im Hinblick auf Einzelgegenstände

 

Rz. 4

Ist der Erbschaftsbesitzer hinsichtlich seines Erbrechts bösgläubig, aber in Bezug auf sein Besitzrecht an einem einzelnen Gegenstand gutgläubig, so ist er bzgl. dieses Gegenstandes als gutgläubiger Erbschaftsbesitzer anzusehen.[11] Dies ergibt sich daraus, dass sich der Erbschaftsbesitzer gegenüber dem Gesamtanspruch auch mit Einzeleinwendungen verteidigen kann.[12]

[11] Soergel/Dieckmann, § 2024 Rn 2.; einschränkend Staudinger/Gursky, § 2024 Rn 6 m.w.N.
[12] So zu Recht Soergel/Dieckmann, § 2024 Rn 2; a.A. Staudinger/Gursky, § 2024 Rn 6.

IV. Minderjährige Erbschaftsbesitzer

 

Rz. 5

Bei Minderjährigkeit des Erbschaftsbesitzers schadet diesem die Bösgläubigkeit seines gesetzlichen Vertreters. Ist der gesetzliche Vertreter gutgläubig, der Minderjährige jedoch seinerseits bösgläubig, ist dies dann beachtlich, wenn der Minderjährige über die erforderliche Einsicht verfügt.[13]

[13] Staudinger/Gursky, § 2024 Rn 7.

C. Rechtsfolgen

I. Haftung bei Rechtshängigkeit

 

Rz. 6

Der Erbschaftsbesitzer haftet ab Bösgläubigkeit so, als ob der Anspruch rechtshängig geworden wäre. Zum Umfang der Haftung gelten die Ausführungen zu § 2023 BGB entsprechend.

II. Weitere Haftungsverschärfung bei Verzug

 

Rz. 7

Befindet sich der bösgläubige Erbschaftsbesitzer in Verzug, tritt eine weitere Steigerung seiner Haftung ein. Für den gutgläubigen Erbschaftsbesitzer gilt dagegen S. 3 nicht.[14] Zu beachten ist, dass Mahnung und Klageerhebung nicht ohne weiteres zu einer Bösgläubigkeit des Erbschaftsbesitzers führen müssen.[15] Erfolgen hingegen Mahnung oder Klageerhebung durch den Erben gegenüber einem bereits bösgläu...

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