Gesetzestext

 

(1)1Der Erbschaftsbesitzer ist zur Herausgabe der zur Erbschaft gehörenden Sachen nur gegen Ersatz aller Verwendungen verpflichtet, soweit nicht die Verwendungen durch Anrechnung auf die nach § 2021 herauszugebende Bereicherung gedeckt werden. 2Die für den Eigentumsanspruch geltenden Vorschriften der §§ 1000 bis 1003 finden Anwendung.

(2)Zu den Verwendungen gehören auch die Aufwendungen, die der Erbschaftsbesitzer zur Bestreitung von Lasten der Erbschaft oder zur Berichtigung von Nachlassverbindlichkeiten macht.

(3)Soweit der Erbe für Aufwendungen, die nicht auf einzelne Sachen gemacht worden sind, insbesondere für die im Absatz 2 bezeichneten Aufwendungen, nach den allgemeinen Vorschriften in weiterem Umfang Ersatz zu leisten hat, bleibt der Anspruch des Erbschaftsbesitzers unberührt.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Durch die Vorschrift des § 2022 BGB wird der gutgläubige und nicht verklagte Erbschaftsbesitzer wegen der Verwendungen, die er vor Rechtshängigkeit (§ 2023 Abs. 2 BGB) und vor Eintritt seiner Bösgläubigkeit auf einzelne Nachlassgegenstände oder auf die Erbschaft im Ganzen gemacht hat, im Vergleich zu dem der Eigentumsklage gem. § 985 BGB ausgesetzten Besitzer einer Einzelsache privilegiert. Der Erbschaftsbesitzer kann Ersatz aller seiner Verwendungen unabhängig von ihrer Notwendigkeit oder Nützlichkeit verlangen, weil er insoweit auch alle gezogenen Nutzungen herausgeben muss.[1] Der Vergütungsanspruch des Erbschaftsbesitzers für Aufwendungen beschränkt sich nicht nur auf die notwendigen oder werterhöhenden Verwendungen wie im Fall des § 996 BGB. Auch nicht erforderliche oder zwecklose Verwendungen erhält er ersetzt.[2] Durch die Verweisung des Abs. 1 S. 2 auf die §§ 10001003 BGB wird dem Erbschaftsbesitzer ein Zurückbehaltungsrecht an den herauszugebenden Sachen sowie ein pfandartiges Selbstbefriedigungsrecht eingeräumt.[3]

 

Rz. 2

Die vom Erbschaftsbesitzer gemachten Verwendungen sind jedoch grundsätzlich gem. Abs. 1 S. 1 nur in dem Umfang zu ersetzen, soweit sie nicht schon durch Anrechnung die nach § 2021 BGB herauszugebende Bereicherung gemindert haben.[4]

 

Rz. 3

Dem Wortlaut nach gewährt § 2022 BGB einen Ersatzanspruch nur gegenüber dem dinglichen Anspruch auf Herausgabe der "zur Erbschaft gehörenden Sachen". Die Regelung ist jedoch entsprechend anwendbar auf den Anspruch auf "Herausgabe" einer aus der Erbschaft erlangten Grundbuchposition; der Erbschaftsbesitzer kann somit seine Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs so lange verweigern, bis er die auf das Grundstück getroffenen Verwendungen ersetzt bekommen hat.[5] Hier kommen z.B. Verwendungsersatzansprüche für die Ablösung dinglicher Belastungen auf dem Grundstück in Betracht.[6] Darüber hinaus ist § 2022 BGB auch entsprechend auf den schuldrechtlichen Anspruch auf Herausgabe der Früchte anwendbar, die in das Eigentum des Erbschaftsbesitzers gefallen sind, nicht jedoch auf den Anspruch auf Herausgabe der Bereicherung nach § 2021 BGB.[7]

[1] MüKo/Helms, § 2022 Rn 1.
[2] Soergel/Dieckmann, § 2022 Rn 2.
[3] Staudinger/Gursky, § 2022 Rn 1.
[4] Soergel/Dieckmann, § 2020 Rn 2; der Ersatzanspruch des § 2022 BGB kann zwar gegenüber dem schuldrechtlichen Anspruch auf Herausgabe der Bereicherung nach § 2021 BGB nicht geltend gemacht werden; da allerdings alle Verwendungen i.R.d. Anwendung des § 2021 BGB als Bereicherungsminderungsposten gelten, führt dies zum wirtschaftlich gleichen Ergebnis, vgl. Staudinger/Gursky, § 2022 Rn 2.
[5] Staudinger/Gursky, § 2022 Rn 2.
[6] AG Leipzig NJ 2001, 103.
[7] Soergel/Dieckmann, § 2022 Rn 1.

B. Tatbestand

I. Verwendungen

 

Rz. 4

Verwendungen sind alle freiwilligen Vermögensopfer des Erbschaftsbesitzers aus seinen eigenen Mitteln, die nach seinem Willen unmittelbar einer bestimmten Nachlasssache oder der Erbschaft im Ganzen zugutekommen sollen.[8] Die Verwendungen müssen im Interesse des herauszugebenden Nachlass gemacht worden sein.[9] Hierbei reichen bereits Verwendungen auf unkörperliche Gegenstände (z.B. Zahlung von Patentgebühren) aus.[10] Nach Abs. 2 gehören auch diejenigen Aufwendungen zu den ersatzfähigen Verwendungen, die der Erbschaftsbesitzer zur Bestreitung von Kosten der Erbschaft oder Tilgung von Nachlassverbindlichkeiten macht.

[8] MüKo/Helms, § 2022 Rn 3.
[9] OLG Düsseldorf FamRZ 1992, 600.
[10] Vgl. dazu Soergel/Dieckmann, § 2022 Rn 10.

II. Erstattungsfähigkeit der Verwendungen

1. Verwendungserfolg

 

Rz. 5

Es ist völlig unerheblich, ob die Verwendungen den Wert der konkreten Nachlasssache erhöhen oder ob die Verwendungen wenigstens eine Verschlechterung oder aber einen Wertverlust verhindert haben. Der Erbschaftsbesitzer kann auch für eine Maßnahme Verwendungsersatz verlangen, die den Verkehrswert der Sache verringert hat.[11] Der Verwendungserfolg kann zwischenzeitlich auch wieder weggefallen sein, so durch Zerstörung oder Verlust.[12]

[11] Staudinger/Gursky, § 2022 Rn 2.
[12] Vgl. Staudinger/Gursky, § 2022 Rn 5.

2. Verwendungen auf die Erbschaft

 

Rz. 6

Notwendig und ausreichend für den Verwendungsersatz ist nur, dass die Verwendungen der Erbschaft im Ganzen oder einem einzelnen Erbschaftsgegenstand zugutekommen können und auch sollen.[13] Damit scheiden Verwendu...

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