Gesetzestext

 

Soweit der Erbschaftsbesitzer zur Herausgabe außerstande ist, bestimmt sich seine Verpflichtung nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Die Rechtsfolgenverweisung des § 2021 BGB beschränkt die Herausgabepflicht des Erbschaftsbesitzers (§§ 20182020 BGB) nach den Grundsätzen des Bereicherungsrechts gem. §§ 818 ff. BGB, soweit der gutgläubige und unverklagte Erbschaftsbesitzer zur Herausgabe außerstande ist. Da es sich um eine Rechtsfolgenverweisung handelt, kommt es nicht darauf an, dass die Voraussetzungen des Bereicherungsanspruchs erfüllt sind.[1] Somit unterliegt auch der Anspruch des § 2021 BGB der 30-jährigen Verjährungsfrist des § 197 Abs. 1 Nr. 1 BGB und nicht den kürzeren Verjährungsfristen des Bereicherungsrechts.

[1] Olzen, JuS 1989, 374.

B. Tatbestand

I. Unmöglichkeit der Herausgabe

1. Unmöglichkeit

 

Rz. 2

Die Unmöglichkeit der Herausgabe liegt vor, wenn die Herausgabe dessen, was der Erbschaftsbesitzer nach §§ 20182020 BGB an den Erben herausgeben müsste, in Natur nicht möglich ist. Die Unmöglichkeit liegt somit nicht vor, wenn der Nachlassgegenstand (§ 2018 BGB), das Surrogat (§ 2019 BGB) oder die Nutzungen (§ 2020 BGB) noch vorhanden sind. Unmöglichkeit liegt auch nicht vor, wenn durch die Verbindung, Vermischung oder Vermengung einer Erbschaftssache mit Sachen des Erbschaftsbesitzers Miteigentum begründet worden ist. In diesem Fall ist vielmehr das Miteigentum herauszugeben.[2] Falls der Wert des Surrogates geringwertiger als der des Erbschaftsgegenstands ist, kann der Erbe das Surrogat herausfordern und ergänzend für die Differenz Wertausgleich verlangen.[3] Unmöglichkeit liegt auch vor, wenn der Erbschaftsbesitzer ein höchstpersönliches Rechtsgut erworben hat, da dieses nicht an den Erben herausgegeben werden kann. Ist das Erlangte völlig im Eigenvermögen des Erbschaftsbesitzers aufgegangen, liegt ebenfalls Unmöglichkeit vor.[4]

[2] MüKo/Helms, § 2021 Rn 2.
[3] Soergel/Dieckmann, § 2021 Rn 2; a.A. Staudinger/Gursky, § 2021 Rn 2.
[4] MüKo/Helms, § 2021 Rn 2.

2. Grund der Unmöglichkeit

 

Rz. 3

Der Grund, aus dem der Erbschaftsbesitzer zur Herausgabe außerstande ist, ist unerheblich. Er kann die Sache sowohl selbst verbraucht oder verschenkt haben, sie kann untergegangen oder veräußert worden sein. Solange keine verschärfte Haftung eingetreten ist, ist der Erbschaftsanspruch lediglich ein Auskehrungsanspruch, aber kein Verschaffungsanspruch. Aus diesem Grund ist die Unmöglichkeit der Herausgabe auch dann gegeben, wenn der Erbschaftsbesitzer eine Nachlasssache zwar nicht mehr hat, aber sie von ihrem jetzigen Besitzer zurückerwerben könnte.[5]

[5] Staudinger/Gursky, § 2021 Rn 3.

3. Geldansprüche

 

Rz. 4

Hatte der Erbschaftsbesitzer Geld an den Erben herauszugeben und ist das Geld nicht mehr in Natur vorhanden, weil es der Erbschaftsbesitzer z.B. ausgegeben hat, so ist nach Bereicherungsrecht zu prüfen, ob und inwieweit der Wegfall der Bereicherung nach § 818 Abs. 3 BGB eingetreten ist.[6] Es gilt nicht die allg. Regel, dass eine Unmöglichkeit der Leistung bei Geldschulden grundsätzlich nicht befreit, denn der Anspruch richtet sich auf die Herausgabe bestimmter Banknoten. Bei unentgeltlicher Zuwendung durch den Erbschaftsbesitzer haftet der Erwerber allerdings gem. § 822 BGB, ggf. auch nach § 816 Abs. 1 S. 2 BGB.[7]

[6] Soergel/Dieckmann, § 2021 Rn 3.
[7] Soergel/Dieckmann, § 2021 Rn 3.

II. Keine Haftungsverschärfung

 

Rz. 5

Die Haftung des Erbschaftsbesitzers darf weder durch Bösgläubigkeit, Verzug, Rechtshängigkeit oder gewaltsame Aneignung erweitert sein. Verschulden oder Verschwendung der herauszugebenden Sache schadet ihm indes nicht.

C. Rechtsfolgen

I. Allgemeines

 

Rz. 6

An die Stelle der bisher geschuldeten Herausgabe des Erbschaftsgegenstands, des Surrogats oder der Nutzungen und Früchte in Natur tritt nunmehr eine Haftung des Erbschaftsbesitzers auf Wertersatz nach Bereicherungsgrundsätzen. Hierdurch wird seine Haftung auf die noch vorhandene Bereicherung durch § 818 Abs. 3 BGB begrenzt. Der unverklagte gutgläubige Erbschaftsbesitzer ist somit auch von einer Schadensersatzpflicht wegen schuldhaft herbeigeführter Unmöglichkeit der Leistung (§§ 280 Abs. 1 u. 3, 283 BGB) freigestellt.[8] Die Haftung des Erbschaftsbesitzers verschärft sich, wenn die Herausgabe in Natur zu einem Zeitpunkt unmöglich wird, zu dem der Erbschaftsbesitzer bereits bösgläubig (§ 2024 BGB) bzw. auf Herausgabe verklagt (§ 2023 BGB) war oder die Besitzerlangung durch eine strafbare Handlung oder verbotene Eigenmacht (§ 2025 BGB) erfolgte. Die verschärfte Bereicherungshaftung kann dann mit einer Schadensersatzhaftung zusammentreffen.[9] Dem Erben steht gegen den Fiskus als Erbschaftsbesitzer neben dem Anspruch auf Herausgabe des Nachlasses ein Zinsanspruch gem. §§ 2018, 2021, 812 Abs. 1, 818 BGB auch dann zu, wenn der Fiskus zunächst gem. § 1936 BGB als gesetzlicher Erbe berufen war.[10]

[8] Staudinger/Gursky, § 2021 Rn 1.
[9] Vgl. dazu die Ausführungen bei Staudinger/Gursky, § 2021 Rn 1.
[10] BGH NJW 2016, 156; zur Verjährung vgl. auch OLG Bamberg ZErb 2016, 179.

II. Bereicherungshaftung

1. Bereicherung

 

Rz. 7

Die Bereicherung ist die Vermögensmehrung, die dem Vermögen des Erbschaftsbesitzers durch die ...

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