Gesetzestext

 

Der Erbe kann von jedem, der auf Grund eines ihm in Wirklichkeit nicht zustehenden Erbrechts etwas aus der Erbschaft erlangt hat (Erbschaftsbesitzer), die Herausgabe des Erlangten verlangen.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Die Vorschriften der §§ 20182031 BGB behandeln den Erbschaftsanspruch des berechtigten Erben gegenüber dem Erbschaftsbesitzer, der zu Unrecht ein Erbrecht für sich in Anspruch nimmt. Da die Rechtsverfolgung des Erben alleine mit den Mitteln des Schuldrechtes und des Sachenrechtes nicht ausreicht, gewährt ihm das Gesetz mit dem Erbschaftsanspruch nach §§ 2018 ff. ein zusätzliches Instrument, um seine Rechte durchzusetzen. Die §§ 2018 ff. BGB stellen dem wahren Erben hierfür nach heute h.M. einen einheitlichen Gesamtanspruch[1] zur Verfügung, der neben etwaigen Einzelansprüchen (Einzelansprüche sind bspw. der Eigentumsherausgabeanspruch nach § 985 BGB oder der Besitzentziehungsanspruch nach § 861 BGB, aber auch der Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 S. 1 BGB) gegen den Erbschaftsbesitzer besteht. Die §§ 2018 ff. BGB dienen somit vorrangig dem Schutz des wahren Erben gegenüber dem Erbschaftsbesitzer, schützen aber auch den gutgläubigen Erbschaftsbesitzer, indem sie einen gerechten Interessenausgleich zwischen dem Erben und dem gutgläubigen, unverklagten Erbschaftsbesitzer gewährleisten. Dem Erbschaftsbesitzer gleichgestellt ist nach § 2030 BGB derjenige, der die Erbschaft von ihm durch Vertrag erworben hat.

B. Tatbestand

I. Allgemeines

 

Rz. 2

Der Erbschaftsanspruch gem. § 2018 BGB stellt einen besonderen erbrechtlichen Herausgabeanspruch dar. Voraussetzung für das Bestehen des Herausgabeanspruchs des berechtigten Erben ist, dass ein unberechtigter Dritter (Erbschaftsbesitzer) aufgrund eines nicht bestehenden Erbrechts etwas aus der Erbschaft erlangt hat. Neben der objektiven Voraussetzung, einen Vermögensvorteil aus der Erbschaft erlangt zu haben, muss zusätzlich eine subjektive Komponente hinzukommen, nämlich die Anmaßung des Erbrechts (siehe Rdn 7 ff.).

II. Kreis der Anspruchsberechtigten (Gläubiger)

1. Erbe, Miterbe, Vor- und Nacherbe

 

Rz. 3

Anspruchs- und klageberechtigt ist zunächst der wahre Erbe. Der Miterbe kann vor der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft gegenüber Dritten nur Leistung an alle verlangen bzw. Hinterlegung für alle, § 2039 S. 2 BGB, oder aber, dass an einen Verwahrer abgeliefert wird.[2] Von einem anderen Miterben kann er entsprechend seinem Erbteil die Einräumung von Mitbesitz verlangen.[3] Dieser Anspruch steht ihm dann zu, wenn der Miterbe bzw. die anderen Miterben entweder sein Erbrecht generell bestreiten oder mehr, als ihrem Erbteil entspricht, aus der Erbschaft erlangt haben.[4] Der Anspruch des Miterben aus § 2018 BGB ist nicht auf Auseinandersetzung oder Feststellung des Miterbenrechtes gerichtet, der Auseinandersetzungsanspruch und der Erbschaftsanspruch können aber in objektiver Klagehäufung geltend gemacht werden.[5] Der Nacherbe erlangt den bereits für den Vorerben entstandenen Erbschaftsanspruch mit dem Nacherbfall (§§ 2100, 2139 BGB), und mit Eintritt des Nacherbfalls endet die Anspruchsberechtigung des Vorerben. Darüber hinaus steht der Erbschaftsanspruch dem Gläubiger eines Pfandrechts oder Pfändungspfandrechts am Erbteil zu.[6]

[2] Staudinger/Gursky, § 2018 Rn 1 m.w.N.
[3] Soergel/Dieckmann, § 2018 Rn 1.
[4] MüKo/Helms, § 2018 Rn 11 m.w.N.
[5] MüKo/Helms, § 2018 Rn 11 m.w.N.
[6] Soergel/Dieckmann, § 2018 Rn 1.

2. Erbteilserwerber und der Erbschaftskäufer

 

Rz. 4

Anspruchsberechtigt sind auch der Erbteilserwerber nach § 2033 Abs. 1 BGB sowie der Erbschaftskäufer nach § 2371 BGB, Letzterer erst nach Abtretung des Anspruchs vom Verkäufer.[7]

[7] Soergel/Dieckmann, § 2018 Rn 1.

3. Nachlassverwalter, Testamentsvollstrecker, Nachlassinsolvenzverwalter, Nachlasspfleger

 

Rz. 5

Der Nachlassverwalter nach § 1984 BGB, der verwaltende Testamentsvollstrecker nach §§ 2211, 2212 BGB sowie der Nachlassinsolvenzverwalter nach § 80 Abs. 1 InsO sind während Ihrer Amtszeit statt des Erben zur Erhebung des Erbschaftsanspruchs berechtigt. Der Nachlasspfleger als gesetzlicher Vertreter des unbekannten Erben hat bereits aufgrund seines Rechts zum Besitz und zur Verwaltung gem. § 1960 BGB die Befugnis, die Nachlassgegenstände vom Erbanwärter herauszuverlangen, und ist daher nicht auf die Geltendmachung des Erbschaftsanspruchs angewiesen.[8] Er muss deshalb nicht einmal die Nichtberechtigung des Erbanwärters nachweisen, er kann vielmehr die Herausgabe der Nachlassgegenstände auch dem wahren Erben gegenüber durchsetzen.[9] Um dem Nachlasspfleger aber auch die Möglichkeit einzuräumen, Nutzungen und Surrogate herauszufordern, ist ihm auch das Recht einzuräumen, den Erbschaftsanspruch geltend zu machen.[10] Andernfalls müsste der Herausgabeanspruch des Nachlasspflegers analog gem. § 2019 BGB auf Surrogate erweitert werden[11] sowie auf Ansprüche nach §§ 2020 und 2012.[12] Somit unterscheiden sich die unterschiedlichen Auffassungen im Ergebnis nicht mehr voneinander und dem Nachlasspfleger stehen die Vorschriften über der Erbschaftsanspruch als Ansprüche zur Verfügung.

[8] BGH NJW 1972, 1752.
[9] BGH NJW 1972, 1752; BGH NJW 1983, 226; a.A. Soergel/Dieckmann, § 2018 Rn 1.
[10] Soergel/Dieckmann, § 2018 Rn 1.
[11] So BGH NJW 1983, 226, ...

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