Gesetzestext

 

(1)Die Vorschriften der §§ 2014, 2015 finden keine Anwendung, wenn der Erbe unbeschränkt haftet.

(2)Das Gleiche gilt, soweit ein Gläubiger nach § 1971 von dem Aufgebot der Nachlassgläubiger nicht betroffen wird, mit der Maßgabe, dass ein erst nach dem Eintritt des Erbfalls im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung erlangtes Recht sowie eine erst nach diesem Zeitpunkt im Wege der einstweiligen Verfügung erlangte Vormerkung außer Betracht bleibt.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Die Bestimmung regelt für zwei Fälle den Ausschluss der Einreden der §§ 2014, 2015 BGB, und zwar für die Fälle, in denen der Erbe bereits unbeschränkbar haftet (Abs. 1), und für die Pfandgläubiger und anderen dinglich berechtigten Nachlassgläubiger, die Befriedigung aus den ihnen haftenden Gegenständen suchen. Im Hinblick auf die erste Gruppe knüpft das Gesetz an die Tatsache an, dass der Erbe, der unbeschränkbar, also auch mit seinem Eigenvermögen, den Nachlassgläubigern haftet, keine Zeit und Gelegenheit braucht, die Verhältnisse des Nachlasses zu erkunden und dann über eventuell geltend zu machende Maßnahmen zur Beschränkung der Haftung nachzudenken. Ihm nützt der Schutz der Einreden nichts und er hat deshalb auch kein Interesse an diesem Schutz. Die zweite Gruppe ist nach § 1971 BGB von dem Aufgebotsverfahren nicht betroffen und hat, soweit die dinglichen Ansprüche geltend gemacht werden, eine Sonderstellung.[1]

[1] BeckOK BGB/Lohmann, § 2016 Rn 1, 2.

B. Tatbestand

I. Ausschluss des unbeschränkt haftenden Erben (Abs. 1)

 

Rz. 2

Der Erbe, der unbeschränkt haftet, kann sich nicht mehr auf §§ 2014, 2015 BGB berufen. Dabei ist es unerheblich, weshalb der Erbe unbeschränkt haftet. Der Eintritt der unbeschränkten Haftung kann sich ergeben aus der Fristversäumnis nach § 1994 Abs. 1 BGB, der Inventarverfehlung nach § 2005 Abs. 1 BGB, der Verweigerung der eidesstattlichen Versicherung nach § 2006 Abs. 3 BGB und einem Verzicht des Erben auf das Recht zur Haftungsbeschränkung sowie dem Nichterwirken eines Vorbehaltes nach § 780 ZPO. Haftet der Erbe nur einzelnen Gläubigern gegenüber unbeschränkt (wie z.B. im Falle der Verweigerung der eidesstattlichen Versicherung, § 2006 Abs. 3 BGB), gilt der Ausschluss der §§ 2014, 2015 BGB nur diesen Gläubigern gegenüber.[2] Nachlassverwalter und verwaltender Testamentsvollstrecker sind unabhängig davon, ob der Erbe unbeschränkbar haftet, berechtigt, das Aufgebot der Nachlassgläubiger zu beantragen (vgl. § 1970 Rdn 6). Sie können die Einreden der §§ 2014, 2015 BGB deshalb auch bei unbeschränkbarer Haftung des Erben geltend machen.[3]

[2] Staudinger/Dobler, § 2016 Rn 1; BeckOK BGB/Lohmann, § 2016 Rn 1.
[3] Staudinger/Dobler, § 2016 Rn 2; MüKo/Küpper, § 2016 Rn 1.

II. Ausschluss der Einreden gegenüber dinglich berechtigten Nachlassgläubigern (Abs. 2)

 

Rz. 3

Der Ausschluss der Einreden der §§ 2014, 2015 BGB gegenüber dieser Gruppe der Nachlassgläubiger setzt voraus, dass sie Befriedigung aus denen ihnen haftenden Gegenständen suchen, also ihre dinglichen (nicht obligatorischen) Ansprüche geltend machen. Sie werden auch nicht von dem Aufgebot betroffen (§ 1971 BGB). Das Gleiche gilt für Nachlassgläubiger, die vor dem Erbfall dingliche Rechte an Gegenständen des Nachlasses im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung erlangt haben (Abs. 2). Wichtig ist, dass auf den Zeitpunkt des Erwerbs des Rechts abgestellt wird. So wird die Forderungspfändung erst mit Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner wirksam (§ 829 Abs. 3 ZPO). Wurde also der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vor Eintritt des Erbfalls erlassen und nach dessen Eintritt dem Drittschuldner zugestellt, kann sich der Erbe dem pfändenden Nachlassgläubiger gegenüber auf die Einreden der §§ 2014, 2015 BGB berufen und die Beschränkung der Zwangsvollstreckung auf Sicherungsmaßnahmen verlangen (§§ 782, 783, 785 ZPO). Das entspricht der Regelung im Nachlassinsolvenzverfahren. Dort gewähren Sicherungsrechte, die erst nach dem Erbfall im Wege der Zwangsvollstreckung erwirkt worden sind, kein Recht auf abgesonderte Befriedigung (§ 321 InsO) und sind der Dürftigkeitseinrede des Erben ausgesetzt (§ 1990 Abs. 2 BGB).[4] Schließlich kann sich der Erbe auch gegenüber den Vormerkungsgläubigern nicht auf die Einreden der §§ 2014, 2015 BGB berufen, denn auch sie werden von dem Aufgebot nicht betroffen (§ 1971 BGB). Auch hier darf die dingliche Sicherung nicht nach dem Erbfall erlangt worden sein. Anders nur, wenn die Vormerkung nach dem Erbfall aufgrund einer Bewilligung des Erben (§ 885 BGB) eingetragen wurde und sich dieser das Recht zur Beschränkung der Haftung nicht vorbehalten hat.[5]

[4] Staudinger/Dobler, § 2016 Rn 4.
[5] Vgl. Staudinger/Dobler, § 2016 Rn 5; MüKo/Küpper, § 2016 Rn 2.

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