Gesetzestext

 

1Pfandgläubiger und Gläubiger, die im Insolvenzverfahren den Pfandgläubigern gleichstehen, sowie Gläubiger, die bei der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen ein Recht auf Befriedigung aus diesem Vermögen haben, werden, soweit es sich um die Befriedigung aus den ihnen haftenden Gegenständen handelt, durch das Aufgebot nicht betroffen. 2Das Gleiche gilt von Gläubigern, deren Ansprüche durch eine Vormerkung gesichert sind oder denen im Insolvenzverfahren ein Aussonderungsrecht zusteht, in Ansehung des Gegenstands ihres Rechts.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Die Bestimmungen der §§ 1971, 1972 BGB zählen Gruppen von Nachlassgläubigern auf, die von dem Aufgebot des Erben nicht betroffen werden. Die Gründe für die einzelnen Regelungen sind unterschiedlich. § 1971 BGB beruht auf der grundsätzlichen Erwägung, dass die dort genannten Berechtigten als dingliche Gläubiger oder Zugriffsberechtigte sich vornehmlich an den (einen) Gegenstand des Nachlasses halten können. Insoweit ist eine Anmeldung der Forderung entbehrlich.[1] Wäre dies nicht der Fall, so wäre ihre dingliche Sicherung letztlich im Erbfall wertlos. Die dinglichen Sicherungen sind dem Erben im Regelfall bekannt, weil sie nach sachenrechtlichen Grundsätzen gestellt werden (Eintragung im Grundbuch etc.). Entscheidend ist, dass hier lediglich die dinglichen Rechte betroffen sind und nicht die ihnen zugrunde liegenden (persönlichen) Forderungsrechte. Die persönlichen Forderungen müssen angemeldet werden,[2] andernfalls werden sie vom Ausschlussurteil betroffen. Für sie also gilt die Privilegierung des § 1971 BGB nicht. Die Anmeldung der persönlichen Forderung ist dann zu empfehlen, wenn der Gläubiger sein Sicherungsrecht erst nach dem Erbfall etwa im Wege der Zwangsvollstreckung, Vollziehung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung erlangt hat. Die Ausnahmeregelungen der §§ 1971, 1972 BGB sind nicht abschließend (vgl. § 1970 Abs. 2 BGB).[3]

[1] MüKo/Küpper, §§ 1970, 1971 Rn 1.
[2] Staudinger/Dobler, § 1971 Rn 2.
[3] Staudinger/Dobler, § 1970 Rn 14 ff.

B. Von dem Aufgebot nicht betroffene Gläubiger

 

Rz. 2

Von den Wirkungen des Aufgebotsverfahrens nimmt § 1971 BGB folgende Gläubiger im Einzelnen aus:

Pfandgläubiger; das sind diejenigen Gläubiger, deren Forderung durch ein vertragliches Pfandrecht gesichert ist;[4]
solche Gläubiger, die im Insolvenzverfahren einem Pfandgläubiger gleichgestellt sind; das sind die Inhaber eines Pfändungspfandrechts oder eines gesetzlichen Pfandrechts (§ 50 Abs. 1 InsO) sowie die in § 51 InsO genannten sonstigen Absonderungsberechtigten (etwa Sicherungseigentümer);
Gläubiger, die bei der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen ein Recht auf Befriedigung aus diesem Vermögen haben – welche Gläubiger das im Einzelfall sind, ergibt sich aus § 10 ZVG (sog. Realberechtigte);
Gläubiger, deren Ansprüche durch eine Vormerkung (§§ 883, 884 BGB) gesichert sind, in Ansehung des Gegenstands ihres Rechtes; das können sein Gläubiger mit einem Anspruch auf Einräumung oder Aufhebung eines Rechtes an einem Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Recht oder auf Änderung des Inhalts oder des Ranges eines solchen Rechts;[5]
Gläubiger, denen im Insolvenzverfahren ein Aussonderungsrecht zusteht, in Ansehung des Gegenstandes; ein solches Aussonderungsrecht hat im Insolvenzverfahren derjenige, der aufgrund eines dinglichen oder persönlichen Rechts geltend machen kann, dass ein Gegenstand nicht zur Insolvenzmasse gehört (§ 47 InsO);[6] der Anspruch auf Herausgabe eines nicht zum Nachlass gehörenden Gegenstandes braucht also im Aufgebotsverfahren nicht angemeldet zu werden.
 

Rz. 3

Aus dem Wortlaut der Bestimmung folgt eindeutig, dass die Gläubiger des § 1971 BGB nur insoweit nicht vom Aufgebotsverfahren betroffen werden, als es um den Gegenstand geht, auf den sich ihr Recht bezieht. Etwa zugrunde liegende obligatorische Forderungen müssen angemeldet werden.[7] Der Erbe kann andererseits weder vor, noch während oder nach dem Aufgebotsverfahren den nach § 1971 BGB bevorrechtigten Gläubigern die Befriedigung aus den ihnen im Einzelfall haftenden Gegenständen mit den aufschiebenden Einreden der §§ 2014 und 2015 BGB verweigern (§ 2016 Abs. 2 BGB). Hat allerdings der Gläubiger das Recht i.S.d. § 1971 BGB erst nach dem Erbfall im Wege der Zwangsvollstreckung oder des Arrests erlangt, dann kann der Erbe die vorgenannten Einreden geltend machen (§ 2016 Abs. 2 BGB).[8]

 

Rz. 4

Die Bestimmung des § 1971 BGB wird in Bezug auf solche Nachlassgläubiger, die wegen einer persönlichen Forderung ein Recht auf Befriedigung aus einem Nachlassgrundstück haben, durch § 175 ZVG ergänzt.[9] Da der Erbe ihnen gegenüber den tatsächlichen Umfang seiner Haftung erst dann beurteilen kann, wenn feststeht, in welcher Höhe der betreffende Gläubiger aus dem Grundstück befriedigt wird und inwieweit er ausfällt, hat er das Recht, nach Annahme der Erbschaft die Zwangsversteigerung zu beantragen (§ 175 Abs. 1 S. 1 ZVG). Beantragt der Erbe die Zwangsversteigerung des Grundstücks (§ 175 Abs. 1 ZVG), um festzustellen, ob und w...

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