Gesetzestext

 

(1)Hat der Erbe den Antrag auf Einleitung des Aufgebotsverfahrens der Nachlassgläubiger innerhalb eines Jahres nach der Annahme der Erbschaft gestellt und ist der Antrag zugelassen, so ist der Erbe berechtigt, die Berichtigung einer Nachlassverbindlichkeit bis zur Beendigung des Aufgebotsverfahrens zu verweigern.

(2)(weggefallen)

(3)Wird der Ausschließungsbeschluss erlassen oder der Antrag auf Erlass des Ausschließungsbeschlusses zurückgewiesen, so ist das Aufgebotsverfahren erst dann als beendet anzusehen, wenn der Beschluss rechtskräftig ist.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Im Hinblick auf den Sinn und Zweck der Regelung gelten die Ausführungen in den Vorbemerkungen und zu § 2014 BGB entsprechend. Hier soll dem Erben vor allem die Gelegenheit zur Feststellung der Nachlassverbindlichkeiten gegeben werden. Die Vorschrift gibt ihm die spezielle Einrede des schwebenden Aufgebotsverfahrens und dient damit – über die allg. Zwecke hinaus – dem besonderen Zweck der Sicherstellung der gleichmäßigen Befriedigung der Nachlassgläubiger, indem sie es dem Erben ermöglicht, vor Klärung des endgültigen Schuldenstandes die Vorwegbefriedigung einzelner Nachlassgläubiger zu verhindern.[1] Auf diese Weise wird zugleich ein späteres Nachlassinsolvenzverfahren vorbereitet.[2] Der Erbe kann u.U. verpflichtet sein, das Aufgebot der Nachlassgläubiger zu beantragen (vgl. §§ 1978 Abs. 1, 1979, 1980 Abs. 2 S. 2 BGB) und dann während dieses Verfahrens die Einrede des Aufgebotsverfahrens geltend machen. Der Antrag auf Durchführung des Aufgebotsverfahrens ist nicht befristet (§§ 454 ff. FamFG). Der Erbe ist deshalb in der Lage durch die Geltendmachung der Einrede des § 2015 BGB, die Befriedigung der Gläubiger zu verschleppen.[3] Zur Verhinderung dieser Möglichkeit der Verschleppung ordnet § 2015 BGB an, dass die Einrede nur geltend gemacht werden kann, wenn der Antrag auf Einleitung des Aufgebotsverfahrens der Nachlassgläubiger innerhalb eines Jahres nach Annahme der Erbschaft gestellt ist (Abs. 1 Hs. 1).

[1] Staudinger/Dobler, § 2015 Rn 1.
[2] BeckOK BGB/Lohmann, § 2015 Rn 1.
[3] MüKo/Küpper, § 2015 Rn 1.

B. Tatbestand

I. Voraussetzungen der Einrede des Aufgebotsverfahrens

 

Rz. 2

Voraussetzung der Geltendmachung der Einrede ist zunächst, dass der Antrag auf Einleitung des Aufgebotsverfahrens der Nachlassgläubiger innerhalb eines Jahres nach Annahme der Erbschaft gestellt und der Antrag zugelassen ist (Abs. 1 Hs. 1). Es genügt dabei, dass der Antrag innerhalb der Jahresfrist gestellt wird. Für die Zulassung des Antrags (§ 434 Abs. 2 FamFG) gilt die Jahresfrist nicht; sie kann auch noch später erfolgen.[4] Die Einrede kann nicht vor der Zulassung erhoben werden. Auf Antrag wird dem Erben im Erkenntnisverfahren allerdings gleichwohl die Beschränkung der Haftung auf den Nachlass vorbehalten (§ 780 ZPO). Erst das mit der Vollstreckungsgegenklage nach §§ 782, 783, 785 ZPO befasste Gericht hat die sachlichen Voraussetzungen des § 2015 BGB zu prüfen. Schon vor Zulassung des Antrags können gem. §§ 767, 769, 785 ZPO einstweilige Anordnungen getroffen werden.[5] Bei Bestellung eines Nachlasspflegers vor der Annahme der Erbschaft beginnt der Lauf der Frist mit der Bestellung (§ 2017 BGB). Die Einrede ist – ebenso wie diejenige des § 2014 BGB – ausgeschlossen, wenn der Erbe sein Recht zur Haftungsbeschränkung bereits verloren hat (§ 2016 Abs. 1 BGB); gegenüber Forderungen, die sofort zu befriedigen sind, wie dem Anspruch der werdenden Mutter des Erben (§ 1963 BGB), dem Dreißigsten (§ 1969 BGB), den Anzeige- und Notbesorgungspflichten aus §§ 673 S. 2, 727 Abs. 2 S. 1, 1894 Abs. 1 und § 2218 BGB, die den Erben als solchen treffen, und den Vorlegungspflichten des Erben nach §§ 809811 BGB.[6] Anders als die Einrede des § 2014 BGB verliert der Erbe die Einrede des § 2015 BGB nicht durch die ordnungsgemäße Inventarerrichtung.[7]

[4] MüKo/Küpper, § 2015 Rn 2; BeckOK BGB/Lohmann, § 2015 Rn 2.
[5] Staudinger/Dobler, § 2015 Rn 3.
[6] MüKo/Küpper, § 2014 Rn 3.
[7] BeckOK BGB/Lohmann, § 2015 Rn 4.

II. Dauer der Einrede

 

Rz. 3

Liegen die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Einrede vor, kann sie grundsätzlich bis zur Beendigung des Aufgebotsverfahrens erhoben werden. Der Erbe ist also im Regelfall berechtigt, die Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten bis zur Beendigung des Aufgebotsverfahrens zu verweigern. Das Aufgebotsverfahren endet mit rechtskräftiger Zurückweisung des Antrags auf Erlass des Ausschließungsbeschlusses oder mit rechtskräftigem Erlass desselben (§ 439 FamFG). Der Beschluss kann ohne Rücksicht auf das Erreichen eines Beschwerdewertes (§ 439 Abs. 3 FamFG) nach den Bestimmungen der §§ 58 ff. FamFG angefochten werden.

Das Aufgebotsverfahren endet schließlich auch mit der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens (§ 457 Abs. 2 FamFG).

III. Wirkungen der Einrede

 

Rz. 4

Zu den Wirkungen der Einrede kann auf die Ausführungen zu § 2014 BGB Bezug genommen werden (vgl. § 2014 Rdn 5 ff.). In dem auf die Einwendungsklage nach § 785 ZPO ergehenden Urteil kann allerdings – im Unterschied zu § 2014 BGB – das Ende der Schonfrist nicht nach dem Kalender bestimmt werden, sondern – wegen Abs. 3 – nur allg. ...

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