Gesetzestext

 

(1)1Haftet der Erbe für die Nachlassverbindlichkeiten unbeschränkt, so finden die Vorschriften der §§ 1973 bis 1975, 1977 bis 1980, 1989 bis 1992 keine Anwendung; der Erbe ist nicht berechtigt, die Anordnung einer Nachlassverwaltung zu beantragen. 2Auf eine nach § 1973 oder nach § 1974 eingetretene Beschränkung der Haftung kann sich der Erbe jedoch berufen, wenn später der Fall des § 1994 Abs. 1 Satz 2 oder des § 2005 Abs. 1 eintritt.

(2)Die Vorschriften der §§ 1977 bis 1980 und das Recht des Erben, die Anordnung einer Nachlassverwaltung zu beantragen, werden nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Erbe einzelnen Nachlassgläubigern gegenüber unbeschränkt haftet.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Zum Verständnis der Terminologie ist klarzustellen, dass, wenn der Gesetzgeber in dieser Vorschrift von der "unbeschränkten Haftung" des Erben spricht, er die "unbeschränkbare Haftung“ des Erben meint.[1] Ausgehend davon versucht nun die Bestimmung eine zusammenfassende Aufzählung der Rechtsfolgen zu geben, die der Verlust des Rechts zur Haftungsbeschränkung mit sich bringt. Daneben soll wohl auf den Unterschied der Rechtsstellung des beschränkt haftenden und des unbeschränkbar haftenden Erben hingewiesen werden. Mit Küpper[2] ist festzustellen, dass das geplante Vorhaben wenig gelungen erscheint. Mit Dobler[3] kann das allg. auf die kurze Formel gebracht werden: "Der Eintritt der unbeschränkbaren Haftung raubt dem Erben alle Rechtsbehelfe, die ihm das Gesetz sonst gewährt, um die beschränkte Haftung herbeizuführen.""

 

Rz. 2

Dabei wird zwischen den Fällen des Verlustes des Rechts zur Haftungsbeschränkung allen Nachlassgläubigern gegenüber und demjenigen nur einzelnen Nachlassgläubigern gegenüber unterschieden.

[1] So zu Recht: Staudinger/Dobler, § 2013 Rn 1 (vgl. auch: Staudinger/Dobler, § 1993 Rn 2); wohl auch: MüKo/Küpper, § 2013 Rn 1.
[2] MüKo/Küpper, § 2013 Rn 1.
[3] Staudinger/Dobler, § 2013 Rn 1.

B. Tatbestand

I. Verlust des Rechts zur Haftungsbeschränkung allen Nachlassgläubigern gegenüber (Abs. 1 S. 1)

 

Rz. 3

Der Erbe haftet allen Nachlassgläubigern gegenüber unbeschränkbar in den Fällen

des § 1994 Abs. 1 S. 2 BGB (Ablauf der Inventarfrist) und
des § 2005 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB (Inventaruntreue, Verweigerung oder Verzögerung der Auskunftspflicht).

Für diese Fälle ordnet Abs. 1 S. 1 an: den Ausschluss der §§ 1973 und 1974 BGB (Regelung der Folgen des Ausschlusses von Nachlassgläubigern im Aufgebotsverfahren bzw. im Falle fünfjähriger Säumnis, eingeschränkt durch Abs. 1 S. 2); den Ausschluss des § 1975 BGB (Nachlassverwaltung und -insolvenzverfahren); den Ausschluss des § 1977 BGB (Wirkung auf eine Aufrechnung); den Ausschluss der §§ 19781980 BGB (Aufwendungsersatz des Erben, Verantwortlichkeit des Erben für die Verwaltung des Nachlasses bis zur Anordnung der Nachlassverwaltung und der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens); den Ausschluss des § 1989 BGB (Erschöpfungseinrede des Erben, Haftungserleichterung); den Ausschluss der §§ 19901992 BGB (haftungsbeschränkende Einreden des Erben). Die Aufzählung in Abs. 1 ist nicht vollständig. Nicht erwähnt sind die folgenden Folgen der unbeschränkbaren Haftung des Erben: das Recht, das Aufgebot der Nachlassgläubiger zu beantragen (es sei denn, der Erbe haftet nur einzelnen Nachlassgläubigern gegenüber unbeschränkbar, vgl. § 991 Abs. 1 ZPO); das Recht, im Fall des § 175 ZVG die Zwangsversteigerung des Nachlassgrundstücks zu beantragen (§ 175 Abs. 2 ZVG), es sei denn, der Erbe haftet nur einzelnen Nachlassgläubigern gegenüber unbeschränkbar;[4] der Ausschluss der Einreden der §§ 2014, 2015 BGB, die durch § 2016 Abs. 1 BGB ausgeschlossen sind (vgl. § 2016 Rdn 2 und 3) sowie die Möglichkeit des Erben, nach § 270 InsO die Eigenverwaltung im Nachlassinsolvenzverfahren zu erwirken;[5] trotz angeordneter Nachlassverwaltung oder eröffnetem Nachlassinsolvenzverfahren kann der Erbe die Zwangsvollstreckung in sein sonstiges Vermögen (Eigenvermögen) nicht verhindern (§ 784 Abs. 1 ZPO).[6]

[4] Staudinger/Dobler, § 2013 Rn 11.
[5] Staudinger/Dobler, § 2013 Rn 11.
[6] Staudinger/Dobler, § 2013 Rn 5; BeckOK BGB/Lohmann, § 2013 Rn 4.

1. Ausschluss der §§ 1973 und 1974 BGB

 

Rz. 4

Ein unbeschränkbar haftender Erbe ist gem. § 455 Abs. 1 FamFG nicht mehr berechtigt, das Aufgebot zum Zwecke der Ausschließung von Nachlassgläubigern zu beantragen. Er verliert die Ausschließungseinrede des § 1973 BGB und die Verschweigungseinrede des § 1974 BGB. Der Ausschluss gilt nach Abs. 1 S. 2 nur, wenn das Ausschlussurteil nach dem Eintritt der unbeschränkbaren Haftung ergangen oder die fünfjährige Frist erst danach abgelaufen ist. Eine bereits vorher eingetretene Beschränkung der Haftung des Erben wird durch eine spätere Inventarverfehlung nicht mehr berührt.[7] Diese Regelung geht davon aus, dass der Erbe mit dem Ausschlussurteil bzw. dem Ablauf der Frist des § 1974 BGB ein festes Recht erworben hat, das durch Inventarverfehlungen nicht verloren gehen kann. Nur diejenige des § 2006 Abs. 3 BGB soll diese Folge nicht haben, weil diese Vorschrift in Abs. 1 S. 2 nicht erwähnt ist.[8]

[7] Staudinger/Dobler, § 2013 Rn 2.
[8] MüKo/Küpper, § 2013 Rn 3.

2. Ausschluss des § 1975 BGB

 

Rz. 5

Der Ausschluss besagt nicht, dass d...

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