Gesetzestext

 

(1)1Ein Nachlassgläubiger, der seine Forderung später als fünf Jahre nach dem Erbfall dem Erben gegenüber geltend macht, steht einem ausgeschlossenen Gläubiger gleich, es sei denn, dass die Forderung dem Erben vor dem Ablauf der fünf Jahre bekannt geworden oder im Aufgebotsverfahren angemeldet worden ist. 2Wird der Erblasser für tot erklärt oder wird seine Todeszeit nach den Vorschriften des Verschollenheitsgesetzes festgestellt, so beginnt die Frist nicht vor dem Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses über die Todeserklärung oder die Feststellung der Todeszeit.

(2)Die dem Erben nach § 1973 Abs. 1 Satz 2 obliegende Verpflichtung tritt im Verhältnis von Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen zueinander nur insoweit ein, als der Gläubiger im Falle des Nachlassinsolvenzverfahrens im Range vorgehen würde.

(3)Soweit ein Gläubiger nach § 1971 von dem Aufgebot nicht betroffen wird, finden die Vorschriften des Absatzes 1 auf ihn keine Anwendung.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Die "Verschweigungseinrede" soll den Erben gegen die Nachteile schützen, die daraus entstehen können, dass ihm Nachlassverbindlichkeiten erst lange Zeit nach dem Erbfall bekannt werden.[1] Das wird dadurch erreicht, dass Gläubiger, die ihre Forderung später als fünf Jahre nach dem Erbfall geltend machen, wie ausgeschlossene Gläubiger (§ 1973 BGB) behandelt werden.[2] Die Einrede setzt nicht voraus, dass ein Aufgebotsverfahren nach §§ 1970 ff. BGB stattgefunden hat, bleibt aber auch nach durchgeführtem Aufgebot der Nachlassgläubiger anwendbar. Mit Rücksicht auf die Regelverjährung gem. § 195 BGB schwindet die Bedeutung dieser Norm, weil die meisten Forderungen vor Ablauf der fünfjährigen Frist bereits verjährt sein dürften. Lediglich die §§ 196 und 197 BGB beinhalten Verjährungszeiten, die über den Zeitraum von fünf Jahren hinausgehen (10 bzw. 30 Jahre).

[1] OLG Koblenz ErbR 2018, 640; MüKo/Küpper, § 1974 Rn 1.
[2] BeckOK BGB/Lohmann, § 1973 Rn 1.

B. Tatbestand

I. Voraussetzungen der Ausschlusswirkung

 

Rz. 2

Die Einrede kann nur geltend gemacht werden, wenn die Säumnisfrist von fünf Jahren abgelaufen ist. Die Frist beginnt mit dem Eintritt des Erbfalls und ist nach den §§ 187 Abs. 1, 188 BGB zu berechnen. Ist der Erblasser z.B. am 5.6.2013 verstorben, endet die Frist mit Ablauf des 5.6.2018. Die Vorschriften über die Hemmung der Verjährung (§§ 203, 206, 207 BGB) sind nicht anwendbar, weil es sich nicht um eine Verjährungs-, sondern um eine Ausschlussfrist handelt.[3] Wird der Erblasser für tot erklärt oder wird seine Todeszeit nach den Vorschriften des Verschollenheitsgesetzes festgestellt, beginnt die Frist nicht vor Rechtskraft des entsprechenden Beschlusses (Abs. 1 S. 2). Dies deshalb, weil der Gläubiger andernfalls je nach Feststellung des Todeszeitpunkts nicht in der Lage wäre, seine Forderung binnen der Frist von fünf Jahren nach dem Erbfall geltend zu machen.[4] Im Übrigen ist nicht Voraussetzung, dass der Gläubiger seine Forderung innerhalb der Fünf-Jahres-Frist geltend machen konnte, weshalb auch gegenüber einer erst nach dem Ablauf der Frist entstandenen Forderung die Verschweigungseinrede erhoben werden kann.[5]

 

Rz. 3

Das Verschweigen der Forderung liegt dann vor, wenn diese innerhalb der Frist von fünf Jahren weder gerichtlich noch außergerichtlich gegenüber dem Erben geltend gemacht worden ist. Eine Forderung wird auch dann gegenüber dem Erben geltend gemacht, wenn der Gläubiger sich an den Nachlasspfleger, Nachlassverwalter oder den Testamentsvollstrecker wendet.[6] Ausreichend ist schließlich die Geltendmachung gegenüber einem vorläufigen Erben, der die Erbschaft später ausgeschlagen hat (§ 1953 BGB).[7]

 

Rz. 4

Die Säumnis tritt allerdings dann nicht ein und das Unterlassen der Geltendmachung schadet dem Gläubiger dann nicht, wenn und soweit er nach § 1971 BGB nicht von einem Aufgebotsverfahren betroffen würde (Abs. 3), die Forderung im Aufgebotsverfahren angemeldet worden ist (Abs. 1 S. 1) und die Forderung dem Erben vor Ablauf der Säumnisfrist bekannt geworden ist (Abs. 1 S. 1).

 

Rz. 5

Nicht von dem Aufgebotsverfahren betroffen nach § 1971 BGB werden die mit dinglichen Sicherungsrechten an einzelnen Nachlassgegenständen ausgestatteten ab- und aussonderungsberechtigten Gläubiger, soweit sie keine darüber hinaus gehenden Forderungen gelten machen. Die Anmeldung im Aufgebotsverfahren ist auch für die in § 1972 BGB benannten Rechte wichtig, um den Eintritt der Rechtsfolgen des Abs. 2 auszuschließen. Zur Kenntnis des Erben von der Forderung i.S.d. Abs. 1 S. 1 genügt das Wissen, dass der Anspruch besteht oder zumindest tatsächlich behauptet wird. Fahrlässige Unkenntnis steht der Kenntnis nicht gleich.[8] Die Kenntnis des Nachlasspflegers, des Nachlass- und Insolvenzverwalters sowie des Testamentsvollstreckers und dem vorläufigen Erben wird dem Erben zugerechnet.[9]

 

Rz. 6

Die Einrede ist ausgeschlossen, wenn der Erbe unbeschränkt haftet (§ 2013 Abs. 1 S. 1 BGB). Tritt die unbeschränkte Haftung erst nach Fristablauf gem. § 1994 Abs. 1 S. 2 oder § 2005 Abs. 1 BGB ein, bleibt die Verschweigungsei...

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