Gesetzestext

 

(1)Der Erbe hat auf Verlangen eines Nachlassgläubigers zu Protokoll des Nachlassgerichts an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen die Nachlassgegenstände so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei.

(2)Der Erbe kann vor der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung das Inventar vervollständigen.

(3)1Verweigert der Erbe die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, so haftet er dem Gläubiger, der den Antrag gestellt hat, unbeschränkt. 2Das Gleiche gilt, wenn er weder in dem Termin noch in einem auf Antrag des Gläubigers bestimmten neuen Termin erscheint, es sei denn, dass ein Grund vorliegt, durch den das Nichterscheinen in diesem Termin genügend entschuldigt wird.

(4)Eine wiederholte Abgabe der eidesstattlichen Versicherung kann derselbe Gläubiger oder ein anderer Gläubiger nur verlangen, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dem Erben nach der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung weitere Nachlassgegenstände bekannt geworden sind.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Das rechtzeitig errichtete Inventar begründet im Verhältnis des Erben zu den Nachlassgläubigern die Vermutung, dass zum Zeitpunkt des Erbfalls weitere Nachlassgegenstände als die angegebenen nicht vorhanden waren (§ 2009 BGB). Die Vollständigkeit und Richtigkeit des Inventars werden andererseits durch die Bestimmungen der §§ 2002, 2003 BGB nicht gewährleistet. Deshalb gibt die Bestimmung den Nachlassgläubigern das Recht, von dem Erben zu verlangen, dass dieser zu Protokoll des Nachlassgerichts an Eides statt versichert, dass er nach bestem Wissen die Nachlassgegenstände so vollständig angegeben hat, als er dazu imstande war (Abs. 1). Die Vorschrift tritt neben die §§ 259 und 260 BGB nach denen die Nachlassgläubiger die eidesstattliche Versicherung verlangen könnte.[1] Da dieser Anspruch durch Erhebung einer Klage – im Verweigerungsfall – durchgesetzt werden müsste, gibt die Vorschrift den Nachlassgläubigern ein einfaches Verfahren zur Erlangung der eidesstattlichen Versicherung an die Hand. Da die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung aber – im Gegensatz zu den o.a. Fällen – nicht im Klageweg erzwingbar ist,[2] knüpft die Bestimmung an den Verlust des Rechts auf Beschränkung der Haftung an, wobei dieser Verlust auf den antragstellenden Nachlassgläubiger beschränkt wird (Abs. 3 S. 1).

[1] Staudinger/Dobler, § 2006 Rn 1.
[2] RGZ 129, 239.

B. Tatbestand

I. Voraussetzungen der Pflicht zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung

 

Rz. 2

Zunächst ist erforderlich, dass der Erbe entweder selbst (§ 2002 BGB), durch einen Vertreter, durch amtliche Aufnahme (§ 2003 BGB) oder auch durch Bezugnahme (§ 2004 BGB) ein Inventar errichtet hat. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ihm zuvor nach § 1994 BGB eine Inventarfrist gesetzt wurde.[3] Weiter muss ein Nachlassgläubiger die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung durch den Erben verlangen. Verlangen kann die Abgabe jeder Nachlassgläubiger, also auch diejenigen Nachlassgläubiger, denen anderweitig ein erzwingbares Auskunftsrecht (etwa nach § 2314 BGB oder den §§ 259, 260, 1973, 1990 BGB) zusteht.[4] Es kann sich auch um einen nach den §§ 1973, 1974 BGB ausgeschlossenen oder säumigen Nachlassgläubiger handeln.[5] Das Verlangen können nicht stellen der Nachlass- und der Nachlassinsolvenzverwalter.[6] Der Antrag muss von einem Nachlassgläubiger bei dem Nachlassgericht gestellt werden.[7] Ein vollstreckbarer Titel ist nicht notwendig.[8] Der Nachlassgläubiger muss seine Forderung glaubhaft machen (§ 31 FamFG). Die Notwendigkeit der Glaubhaftmachung erstreckt sich allerdings nicht auf die Erbenstellung.[9]

 

Rz. 3

Negative Voraussetzung ist, dass der Erbe die eidesstattliche Versicherung noch nicht abgegeben hat. Ein wiederholter Antrag ist dann, wenn der Erbe die eidesstattliche Versicherung bereits abgegeben hat, nur zulässig, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dem Erben nach Abgabe der eidesstattlichen Versicherung weitere Nachlassgegenstände bekannt geworden sind (Abs. 4). Hat der Erbe die eidesstattliche Versicherung (einem Nachlassgläubiger gegenüber) verweigert, können andere Nachlassgläubiger ohne weitere Voraussetzungen seine erneute Ladung veranlassen.[10]

 

Rz. 4

Die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung trifft nur den Erben und keine andere Person, auch nicht den Nachlasspfleger oder einen Nachlassverwalter. Während der Dauer einer Nachlassverwaltung kann die eidesstattliche Versicherung nicht verlangt werden (vgl. § 2000 S. 1 und 2 BGB). Im Nachlassinsolvenzverfahren kann das Insolvenzgericht dem Erben auf Antrag des Insolvenzverwalters aufgeben, die Vollständigkeit der Vermögensübersicht eidesstattlich zu versichern (§ 153 Abs. 2 InsO). Die Verweigerung dieser eidesstattlichen Versicherung hat keinen Verlust des Haftungsbeschränkungsrechts zur Folge.

[3] Staudinger/Dobler, § 2006 Rn 3; MüKo/Küpper, § 2006 Rn 2.
[4] BayObLGZ 22, 188; MüKo/Küpper, § 2006 Rn 2.
[5] Erman/Horn, § 2006 Rn 3.
[6] Staudinger/Dobler, § 2006 Rn 4.
[7] Staudinger/Dobler, § 2006 Rn 6; a.A. wohl MüKo/Küpper, § 2006 Rn 2, der an den Erben gerichtetes Verlangen eines Nachlassgläubigers ausreichen lässt un...

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