Gesetzestext

 

1Die Bestimmung einer Inventarfrist wird unwirksam, wenn eine Nachlassverwaltung angeordnet oder das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet wird. 2Während der Dauer der Nachlassverwaltung oder des Nachlassinsolvenzverfahrens kann eine Inventarfrist nicht bestimmt werden. 3Ist das Nachlassinsolvenzverfahren durch Verteilung der Masse oder durch einen Insolvenzplan beendet, so bedarf es zur Abwendung der unbeschränkten Haftung der Inventarerrichtung nicht.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Mit der Fassung dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber seiner Auffassung, dass die Nachlassgläubiger während einer Nachlassverwaltung und im eröffneten Nachlassinsolvenzverfahren kein schutzwürdiges Interesse daran hätten, dass der Erbe ein Inventar des Nachlasses errichtet, deutlichen Ausdruck verliehen. Dies scheint auch überzeugend, denn mit der Anordnung der Nachlassverwaltung oder der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens geht die Verantwortung für den Nachlass auf den Nachlass- oder Nachlassinsolvenzverwalter über. Der Nachlassverwalter ist kraft Amtes verpflichtet, ein Verzeichnis des Nachlasses aufzunehmen (§§ 1802, 1915 Abs. 1. BGB), und hat nach § 2012 Abs. 2 BGB den Nachlassgläubigern Auskunft über den Bestand des Nachlasses zu erteilen. Gleiches gilt für den Insolvenzverwalter, der ein Verzeichnis der einzelnen Gegenstände der Insolvenzmasse (§ 151 Abs. 1 InsO) und ein Gläubigerverzeichnis (§ 152 InsO) aufzustellen und in der Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts zur Einsicht der Beteiligten niederzulegen hat (§ 154 InsO). Die unbeschränkte Haftung des Erben können die Nachlassgläubiger nun wegen § 1975 BGB nicht mehr erreichen. Eine Gefährdung der Nachlassgläubiger durch ein Verhalten des Erben oder die Vermögenslage desselben ist nicht zu befürchten.[1]

[1] MüKo/Küpper, § 2000 Rn 1; Palandt/Weidlich, § 2000 Rn 1; BeckOK BGB/Lohmann, § 2000 Rn 1; differenzierend zu Recht Staudinger/Dobler, § 2000 Rn 1, der u.a. ausführt, der Erbe könne die Inbesitznahme des Nachlasses durch den jeweiligen Verwalter verhindern, zumindest es versuchen, u.i.E. den Nachlass verschleiern; hiergegen hätten Verwalter keine Mittel.

B. Tatbestand

 

Rz. 2

Die Bestimmung regelt von der Einsicht ausgehend, dass es der Inventarfrist in den aufgezeigten Fällen nicht bedarf, insgesamt drei Fallkonstellationen im Zusammenhang mit der Inventarfrist:

Die bereits erfolgte Bestimmung einer Frist wird unwirksam, wenn eine Nachlassverwaltung angeordnet oder das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet wird (S. 1),
während der Dauer der Nachlassverwaltung oder des Nachlassinsolvenzverfahrens darf eine Inventarfrist nicht gesetzt werden (S. 2) und
ist das Nachlassinsolvenzverfahren durch Verteilung der Masse oder durch einen Insolvenzplan beendet, bedarf es zur Abwendung der unbeschränkten Haftung der Inventarerrichtung nicht (S. 3).

C. Rechtsfolgen

I.S.  1

 

Rz. 3

Die bereits bestimmte Inventarfrist wird von Gesetzes wegen unwirksam mit dem Zeitpunkt der Anordnung der Nachlassverwaltung oder der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens. Beim Nachlassinsolvenzverfahren steht dem nicht entgegen, dass u.U. eine Eigenverwaltung (durch den Erben) in Betracht kommen kann.[2]

 

Rz. 4

Die Wirkungen treten nur dann ein, wenn die Frist bei Anordnung bzw. Verfahrenseröffnung auch noch läuft. War diese versäumt, dann kann der Erbe sein Recht zur Haftungsbeschränkung nicht wieder zurückerlangen.

[2] Staudinger/Dobler, § 2000 Rn 3.

II.S.  2

 

Rz. 5

Ebenfalls unwirksam wird eine während der Dauer von Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenzverfahren angeordnete Inventarfrist. Der Erbe braucht sich eigentlich um diese gesetzte Frist nicht zu kümmern, da sie von Gesetz wegen keinerlei Wirkungen entfalten und verursachen kann. Dem Erben wird man gleichwohl ein Beschwerderecht nach § 58 FamFG gegen die einmal (zu Unrecht) gesetzte Frist einräumen müssen, um den Anschein der Wirksamkeit, der von der Fristsetzung ausgeht, auszuräumen.[3] Daraus, dass die Vorschrift nicht nach dem Adressaten der Fristsetzung unterscheidet, wird gefolgert, dass auch dem Nachlassverwalter (insoweit vgl. auch § 2012 BGB) und dem Nachlassinsolvenzverwalter keine Inventarfrist gesetzt werden kann, also jegliche Fristsetzung unwirksam ist.[4] Endet das Insolvenzverfahren auf eine andere Weise oder ist die Nachlassverwaltung ordnungsgemäß durchgeführt, so kann dem Erben auf den Antrag eines Nachlassgläubigers eine neue Frist gesetzt werden mit der Folge, dass er unbeschränkbar haftet, wenn er sie versäumt.[5]

[3] Staudinger/Dobler, § 2000 Rn 4.
[4] Staudinger/Dobler, § 2000 Rn 4.
[5] OLG Stuttgart FamRZ 1995, 57 = NJW 1995, 1227.

III.S.  3

 

Rz. 6

Die Formulierung des Gesetzes ist hier auszulegen. Gemeint dürfte damit sein, dass der Erbe in dem Fall, dass eine Frist trotz des Vorliegens der Voraussetzungen der Vorschrift gesetzt wird, diese nicht zu beachten braucht. Auch diese Fristsetzung ist wie in S. 2 unwirksam.[6] Das schließt allerdings nicht aus, dass sich der Erbe auf ein vom Verwalter errichtetes Inventar berufen kann (§ 2004 BGB).[7]

[6] Staudinger/Dobler, § 2000 Rn 5.
[7] MüKo/Küpper, ...

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