Gesetzestext

 

Für die Nachlasspflegschaft tritt an die Stelle des Familiengerichts oder Betreuungsgerichts das Nachlassgericht.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Auf die Nachlasspflegschaft finden als eine besondere Art der Pflegschaft grundsätzlich die Bestimmungen der §§ 1909 ff. BGB über die Pflegschaft Anwendung, die in § 1915 Abs. 1 S. 1 BGB wiederum die entsprechende Geltung der Vorschriften über die Vormundschaft anordnen. Die daraus an sich folgende Zuständigkeit des Familien- oder Betreuungsgerichts (früher Vormundschaftsgericht) auch für die Nachlasspflegschaft wird durch § 1962 BGB verhindert. Danach tritt für die Nachlasspflegschaft an die Stelle des Familien- oder Betreuungsgerichts das Nachlassgericht.

B. Rechtsfolgen

I. Zuständigkeit

 

Rz. 2

Zur sachlichen, örtlichen und internationalen Zuständigkeit des Nachlassgerichts sowie zur funktionalen Zuständigkeit vgl. § 1960 Rdn 105 ff.

 

Rz. 3

Unter den Voraussetzungen des § 4 FamFG kann das Nachlassgericht die Pflegschaft an ein anderes Nachlassgericht abgeben. Praktische Bedeutung wird der Abgabemöglichkeit insbesondere für den Fall beigemessen, dass der Nachlass wesentlich aus Grundstücken besteht, die außerhalb des Gerichtsbezirks gelegen sind, in welchem der Erblasser zur Zeit des Erbfalls seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.[1]

[1] Siehe OLG Brandenburg v. 2.12.2005 – 1 AR 70/05, FamRZ 2006, 1862; OLG Brandenburg v. 28.11.2005 – 1 AR 60/05, FamRZ 2006, 1862.

II. Folgen der Nichtbeachtung nachlassgerichtlicher Zuständigkeit bei der Erteilung von Genehmigungen

 

Rz. 4

Wird eine gem. §§ 1821 ff., 1915 Abs. 1 S. 1, 1960 BGB erforderliche Genehmigung anstelle des Nachlassgerichts durch das unzuständige Familien- oder Betreuungsgericht erteilt, so vermag diese dem genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäft keine Wirksamkeit zu verleihen.[2] Umstritten ist, ob eine Umdeutung der familien- oder betreuungsgerichtlichen Genehmigung in eine nachlassgerichtliche Genehmigung dann möglich ist, wenn dasselbe Gericht zuständig wäre.[3] Eine solche Umdeutung ist zumindest dann abzulehnen, wenn sich die Genehmigungsfrage für den Nachlassrichter wesentlich anders darstellt als für den Familien- oder Betreuungsrichter.[4]

[2] MüKo/Leipold, § 1962 Rn 3 m.w.N.
[3] Vgl. MüKo/Leipold, § 1962 Rn 3 m.w.N.
[4] Staudinger/Mesina, § 1962 Rn 3 m.w.N.

Literaturtipps

Literatur

Müller, Abwesenheits-, Nachlasspflegschaft und Pflegschaft für unbekannte Beteiligte, NJW 1956, 652; siehe auch die Literaturhinweise zu § 1960 BGB.

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