Gesetzestext

 

(1)Wer zu mehreren Erbteilen berufen ist, kann, wenn die Berufung auf verschiedenen Gründen beruht, den einen Erbteil annehmen und den anderen ausschlagen.

(2)1Beruht die Berufung auf demselben Grund, so gilt die Annahme oder Ausschlagung des einen Erbteils auch für den anderen, selbst wenn der andere erst später anfällt. 2Die Berufung beruht auf demselben Grund auch dann, wenn sie in verschiedenen Testamenten oder vertragsmäßig in verschiedenen zwischen denselben Personen geschlossenen Erbverträgen angeordnet ist.

(3)Setzt der Erblasser einen Erben auf mehrere Erbteile ein, so kann er ihm durch Verfügung von Todes wegen gestatten, den einen Erbteil anzunehmen und den anderen auszuschlagen.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Ausgehend von der Unteilbarkeit der Ausschlagung (§ 1950 BGB) wird mit § 1951 BGB die Teilbarkeit mehrerer Erbteile statuiert und damit das Wahlrecht des § 1948 BGB erweitert.

B. Tatbestand

I. Wahlrecht mehrerer Erbteile (Abs. 1)

 

Rz. 2

Die Norm des Abs. 1 gibt dem Erben ein Wahlrecht für einen von mehreren Erbteilen, die auf verschiedenen Berufungsgründen beruhen. Damit kombiniert Abs. 1 die Begriffe des "Erbteils" und des "Berufungsgrundes". In Teilen der Lit. und Rspr. werden diese Merkmale zu Recht zu einem einheitlichen Tatbestandsmerkmal (Teil des Nachlasses) vermengt, da die Abgrenzung der Berufungsgründe als sehr kompliziert gilt.[1] Grundsätzlich ist von dem Erbteil i.S.d. § 1951 BGB der in § 1950 BGB gebrauchte Begriff des "Teils der Erbschaft" zu unterscheiden. Ferner entspricht der Berufungsgrund i.S.d. § 1951 BGB grundsätzlich dem des § 1948 BGB.[2]

Im Einzelnen ist die Abgrenzung str. und soll im Überblick wie folgt dargestellt werden:

 
Mehrere Erbteile i.S.d. Abs. 1 Ja Nein
Gesetzliche Erbenstellung durch Verwandtschaft und Ehe (§ 1934 BGB) x  
Gesetzliche Erbenstellung durch mehrfache Verwandtschaft (§ 1927 BGB) x  
Erbenstellung aufgrund Testaments und gesetzlicher Erbenstellung x  
Erbenstellung aufgrund Erbvertrages und gesetzlicher Erbenstellung x  
Erbenstellung aufgrund Testaments und Erbvertrages x  
Erbenstellung aufgrund mehrerer Testamente des Erblassers (str.) x  
Erbenstellung aufgrund mehrerer Erbverträge mit dem Erblasser (str.) x  
Verfügungen des Erblassers i.S.v. Abs. 3, etwa durch Beschränkung eines Bruchteils des Erbes mit Auflagen oder Vermächtnis x  
Erbenstellung und Nacherbenstellung[3] x  
Hof i.S.d. HöfeO (§ 1950 BGB)   x
Gesellschaftsanteile (erbrechtliche Lösung bei Personengesellschaften)   x
Anwachsung (§§ 2094, 2095, 2279 BGB)   x
Erhöhung des Erbteils nach § 1935 BGB   x
 

Rz. 3

In der Lit. und Rspr. werden die dargestellten Konstellationen z.T. unterschiedlich beurteilt.[4] Eine Annahme oder Ausschlagung erfasst daher mangels mehrerer Erbteile auch immer den erhöhten oder angewachsenen Erbteil.[5]

 
Verschiedene Berufungsgründe i.S.d. Abs. 1 Ja Nein
Gesetzliche Erbenstellung durch Verwandtschaft und Ehe (§ 1934 BGB; str.) x  
Gesetzliche Erbenstellung durch mehrfache Verwandtschaft (§ 1927 BGB; str.) x  
Erbenstellung aufgrund Testaments und Gesetzes (§ 1948 BGB) x  
Erbenstellung aufgrund Erbvertrages und Gesetzes x  
Erbenstellung aufgrund Testaments und Erbvertrages (§ 1948 BGB) x  
Mehrere Testamente eines Erblassers (Abs. 2 S. 2)   x
Erbenstellung aufgrund mehrerer Erbverträge des Erblassers mit unterschiedlichen Personen x  
Erbenstellung aufgrund eines Testaments, das den Erben unter verschiedenen Voraussetzungen durch mehrere Nacherbschaften beschränkt   x
Ein Testament eines Erblassers (ohne Verfügung nach Abs. 3)   x
Ein Erbvertrag mit dem Erblasser   x
Mehrere Erbverträge mit dem Erblasser (Abs. 2 S. 2)   x
Verfügung von Todes wegen nach Abs. 3 x  
 

Rz. 4

In den Fällen, in denen sowohl mehrere Erbteile als auch verschiedene Berufungsgründe vorliegen, erweitert sich das Wahlrecht des Erben bzw. die Teilbarkeit des Nachlasses auf den so abgrenzbaren Teil des Nachlasses.

[1] Erman/J. Schmidt, § 1951 Rn 1; Soergel/Stein, § 1951 Rn 1.
[2] Palandt/Weidlich, § 1951 Rn 1; MüKo/Leipold, § 1951 Rn 5 verweist auf § 1944; Kipp/Coing, § 88 II 2; a.A. Soergel/Stein, § 1951 Rn 4.
[4] Vgl. bspw. auch den Überblick bei Erman/J. Schmidt, § 1951 Rn 6 m.w.N.; Soergel/Stein, § 1951 Rn 2; Palandt/Weidlich, § 1951 Rn 1 f.
[5] Erman/J. Schmidt, § 1951 Rn 3; Palandt/Weidlich, § 1951 Rn 1; Soergel/Stein, § 1951 Rn 3; krit. Lange/Kuchinke, § 8 VI 3e.

II. Erstreckungswirkung (Abs. 2 S. 1)

 

Rz. 5

Soweit nur ein einheitlicher Berufungsgrund vorliegt, stellt Abs. 2 S. 1 klar, dass die Ausschlagung bzw. die Annahme auch den anderen Erbteil erfasst. Erweiternd stellt Abs. 2 S. 1 fest, dass das auch dann gilt, wenn dieser dem Erben erst später – etwa als Ersatz- oder Nacherbe – anfällt.[6] Beschränkt der vorläufige Erbe seine Erklärung dagegen ausdrücklich auf einen Erbteil, so entfaltet diese zwar keine Wirkung für den anderen Erbteil, jedoch stellt dies gem. § 1950 BGB eine unwirksame Teilannahme oder -ausschlagung dar.[7] In der Praxis ist zu beachten, dass nach § 1943 BGB dann regelmäßig die gesamte Erbschaft anfallen wird. Im Einzelfall kann dann allenfalls die Anfechtu...

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