Gesetzestext

 

(1)Die Ausschlagung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht; die Erklärung ist zur Niederschrift des Nachlassgerichts oder in öffentlich beglaubigter Form abzugeben.

(2)Die Niederschrift des Nachlassgerichts wird nach den Vorschriften des Beurkundungsgesetzes errichtet.

(3)1Ein Bevollmächtigter bedarf einer öffentlich beglaubigten Vollmacht. 2Die Vollmacht muss der Erklärung beigefügt oder innerhalb der Ausschlagungsfrist nachgebracht werden.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Anders als die nicht formbedürftige Annahmeerklärung (§ 1943 BGB) stellt § 1945 BGB an die Erklärung der Ausschlagung erhebliche Anforderungen. Das Gesetz trägt damit dem Schutzbedürfnis des Ausschlagenden Rechnung, sich voreilig eines Erbes zu entledigen, und sorgt im Interesse des Rechtsverkehrs für Rechtssicherheit über die Wirksamkeit der Ausschlagung. Die Ausschlagungserklärung ist als form- und amtsempfangsbedürftige Willenserklärung, nicht Erbe sein zu wollen, ausgestaltet.[1] Davon kann die schuldrechtliche Verpflichtung zur Ausschlagung durch den Erben (§ 517 BGB) unterschieden werden. Diese ist formlos möglich, sofern der Vertrag nach dem Erbfall geschlossen wird,[2] sonst gilt § 311b Abs. 5 BGB. Dabei darf sich die Verpflichtung nach h.M. jedoch nur auf den gesetzlichen Erbteil oder eine gleich große Quote aufgrund einer Verfügung von Todes wegen beziehen.[3] Die Änderung der Quote nach Abschluss des Vertrages ist unschädlich.[4] Die Erfüllung eines solchen Vertrages durch Erklärung der Ausschlagung bedarf jedoch wieder der Form des § 1945 BGB.

[1] Erman/J. Schmidt, § 1945 Rn 1; Jauernig/Stürner, § 1945 Rn 1; Brox/Walker, Erbrecht, § 22 Rn 3.
[2] RG HRR 1929, Nr. 292; OLG München OLGE 26, 288; Soergel/Stein, § 1945 Rn 2 und 15; näher Damrau, ZEV 1995, 425, 426 ff. m. Bsp.; a.A. Dieterlen, S. 18 ff., die notarielle Beurkundung verlangt.
[3] BGHZ 104, 279, 284 f.; Blomeyer, FamRZ 1974, 421, 425; abw. noch RGZ 98, 330, 332 ff.
[4] Blomeyer, FamRZ 1974, 421, 425 m. Rechtssicherheitserwägungen.

B. Tatbestand

I. Form der Ausschlagungserklärung

 

Rz. 2

Als Form schreibt Abs. 1 Hs. 2 die Niederschrift des Nachlassgerichts oder die öffentliche Beglaubigung der Ausschlagungserklärung vor. Die Niederschrift des Nachlassgerichts wird durch Abs. 2 dahin konkretisiert, dass für die Niederschrift die Vorschriften des Beurkundungsgesetzes und damit vor allem die §§ 8 ff. BeurkG gelten. Zuständig beim Nachlassgericht ist der Rechtspfleger (§§ 3 Nr. 1 f. RPflG). Die öffentliche Beglaubigung ist von einem Notar vorzunehmen (dabei muss es nicht zwingend ein deutscher Notar sein, Art. 11 EGBGB).[5] Hier gelten vor allem die §§ 40 ff. BeurkG. Die öffentliche Beglaubigung kann durch die notarielle Beurkundung ersetzt werden, da diese ein "Mehr" der öffentlichen Beglaubigung darstellt (§§ 128, 129 BGB). Auch wenn die Ausschlagungserklärung der Form des § 29 GBO entspricht, reicht es nicht, diese und den Erbvertrag vorzulegen, damit das Grundbuch auf den Ersatzerben berichtigt wird, da die Einhaltung der Frist dann nicht in der Form des § 29 GBO nachgewiesen wurde.[6] Die Ausschlagungserklärung muss gegenüber dem Nachlassgericht grds. in deutscher Sprache erfolgen.[7] Dies kann auch gelten, wenn der Erbe im Ausland lebt und deutsches Erbrecht als Erbstatut anzuwenden ist.[8] Zwar unterliegt die Ausschlagungserklärung dem Formzwang, dies bedeutet jedoch nicht, dass die Willenserklärung ausdrücklich das Wort "Ausschlagung" zum Inhalt haben muss. Es genügt, dass der Erklärung entnommen werden kann, dass der vorläufige Erbe nicht Erbe sein möchte. Deshalb ist es möglich, i.R.d. Auslegung auch anderen Erklärungen gegenüber dem Nachlassgericht Ausschlagungscharakter zuzusprechen, wenn die Auslegung einer formgerechten Erklärung zu einer gewollten Ausschlagungserklärung kommt.[9] Eine Auslegung orientiert sich an den allg. Auslegungsgrundsätzen für empfangsbedürftige Willenserklärungen, mithin am Empfängerhorizont (§ 157 BGB), wobei Umstände außerhalb der Urkunde insoweit aber unbeachtlich sein sollen.[10] Folgende Beispiele können unterschieden werden:

 
Konkludente Ausschlagungserklärung Ja Nein
Erklärung eines Miterben, der nur in Bezug auf einen anderen Miterben das Testament als wirksam anerkennt, obwohl er die Nichtigkeit des Testaments kennt[11]   x
Erklärung eines Erben, er wolle nur einen bestimmten Nachlassgegenstand nicht haben (andere widersprüchliche oder unklare Erklärungen sind im Einzelfall zu beurteilen)   x
Erklärung eines Erben: Ich bin gesetzlicher Erbe und verzichte auf Herausgabe des Nachlasses und bin wegen aller Erbansprüche befriedigt.[12]   x
Erklärung eines Erben, er sei wegen aller Erbansprüche befriedigt[13] x  
Erklärung des Erben, er wolle von dem Testament (gegen dessen Wirksamkeit Bedenken bestanden) keinen Gebrauch machen[14]   x
 

Rz. 3

Wie bei der Annahmeerklärung kommen auch bei der Ausschlagungserklärung grds. die allg. Regeln über die Willenserklärung zur Anwendung. Die unvollständige Beurkundung der Ausschlagungserklärung kann zur Nichtigkeit der Ausschlagungserklärung gem. § 125 BGB führen.[1...

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