Rz. 7

Der überlebende Ehegatte hat nur dann Anspruch auf den Voraus i.S.v. § 1932 BGB, wenn er zum gesetzlichen Erben berufen ist. Somit scheidet die Anwendbarkeit des § 1932 BGB dann aus, wenn die Ehe vor Eintritt des Erbfalls aufgelöst oder die Regelung des § 1933 BGB eingreift oder ein Erbverzicht erklärt worden ist bzw. eine Erbunwürdigkeitserklärung entgegensteht.[6] Ein Anspruch auf den Voraus besteht auch dann nicht, wenn der Erblasser dies ausdrücklich für den gesamten Voraus verfügt.[7] Der Anspruch auf den Voraus entfällt auch in den Fällen, in denen eine übermäßige Beschwerung der Erbengemeinschaft durch andere Vermächtnisse erfolgte.[8] Der Voraus stellt eine Nachlassverbindlichkeit dar, die vor der Auseinandersetzung befriedigt werden soll. Der Ehegatte ist somit Nachlassgläubiger und hat daher ggf. Kürzungen wegen zu hoher Nachlassverbindlichkeiten hinzunehmen.[9] Das Recht auf den Voraus besteht unabhängig vom Güterstand.

 

Rz. 8

Abs. 2 verweist auf die für Vermächtnisse geltenden Vorschriften. Hieraus ergibt sich, dass der überlebende Ehegatte die Erbschaft annehmen, jedoch den Voraus ausschlagen kann (§§ 2176, 2180 BGB).[10] Umgekehrt ist es nach h.M. jedoch nicht möglich, die Erbschaft auszuschlagen und nur den Voraus anzunehmen.[11] Nach a.A. hingegen ist eine Ausschlagung der Erbschaft unter Annahme des Voraus möglich, da gegensätzliche Interessen nicht entgegenstehen würden. Dies würde auch bei einem Vorausvermächtnis für zulässig erachtet. Im Übrigen stünde auch der Wortlaut des Gesetzes nicht entgegen, da der Wortlaut dahingehend ausgelegt werde könne, dass der Ehegatte nur zum gesetzlichen Erben berufen sein müsse.[12] Dieser zweitgenannten Auffassung kann jedoch nicht gefolgt werden. Der Voraus ist abhängig vom gesetzlichen Erbrecht und besteht nur, wenn der Ehegatte auch gesetzlicher Erbe ist. Dafür spricht entgegen der zweitgenannten Ansicht auch der Wortlaut des § 1932 BGB, aufgrund dessen gerade davon ausgegangen wird, dass der überlebende Ehegatte gesetzlicher Erbe wird, d.h. die Erbschaft auch angenommen hat.

[6] MüKo/Leipold, § 1932 Rn 4.
[7] Staudinger/Werner (2017), § 1932 Rn 30.
[8] BeckOGK/Tegelkamp, § 1932 BGB Rn 12.
[9] Staudinger/Werner (2017), § 1932 Rn 27; Erman/Lieder, § 1932 Rn 14; MüKo/Leipold, § 1932 Rn 17.
[10] MüKo/Leipold, § 1932 Rn 4; Soergel/Stein, § 1932 Rn 11; Staudinger/Werner (2017), § 1932 Rn 9.
[11] Soergel/Stein, § 1932 Rn 11; Staudinger/Werner (2017), § 1932 Rn 9, 23.
[12] MüKo/Leipold, § 1932 Rn 4; BeckOGK/Tegelkamp, § 1932 BGB Rn 13.

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