Gesetzestext

 

(1)Gesetzliche Erben der ersten Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers.

(2)Ein zur Zeit des Erbfalls lebender Abkömmling schließt die durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge von der Erbfolge aus.

(3)An die Stelle eines zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebenden Abkömmlings treten die durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge (Erbfolge nach Stämmen).

(4)Kinder erben zu gleichen Teilen.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Zu einer gesetzlichen Erbfolge und zur sog. Verwandtenerbfolge kommt es, wenn der Erblasser nicht durch Verfügung von Todes wegen über seinen Nachlass verfügt hat. Die gesetzliche Erbfolge sieht vor, dass der nächste Verwandte und der Ehegatte des Erblassers bzw. der eingetragene Lebenspartner bei Vorliegen einer Lebenspartnerschaft zum Erben berufen wird. Der Ehepartner bzw. Lebenspartner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft ist allerdings kein Erbe erster Ordnung, er erbt vielmehr aufgrund eines Sondererbrechts, welches gleichberechtigt und gleichrangig neben dem der Verwandten besteht und umso größer ist, je entfernter der Verwandtschaftsgrad der übrigen gesetzlichen Erben zum Erblasser ist. Der gesetzliche Erbteil des Ehegatten bzw. Lebenspartners (§ 1931 BGB) hängt des Weiteren vom Güterstand, in welchem der Erblasser mit dem Ehepartner verheiratet gewesen ist, ab. Der Staat erbt nach § 1936 BGB schließlich nur dann, wenn weder ein Ehepartner noch Verwandte der Erbenordnung vorhanden sind.

 

Rz. 2

Das Verwandtenerbrecht regelt die gesetzliche Erbfolge nach Ordnungen (Parentelen). Nach § 1930 BGB ist ein Verwandter dann nicht zur Erbfolge berufen, solange ein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung vorhanden ist. Insoweit gilt der Grundsatz, dass vorrangige Erbenordnungen nachrangige ausschließen. Die Erben erster Ordnung sind nach Abs. 1 die Abkömmlinge des Erblassers. Auch innerhalb der Erben erster Ordnung gilt das sog. Repräsentationsprinzip (Abs. 2), wonach ein zum Zeitpunkt des Erbfalls lebender Abkömmling durch ihn mit dem Erblasser verwandte Abkömmlinge von der Erbfolge ausschließt. Nach Abs. 3 gilt das sog. Eintrittsprinzip, wonach ein entfernterer Abkömmling erst dann an die Stelle des näheren Abkömmlings (der direkt mit dem Erblasser verwandt ist) tritt, wenn dieser zum Zeitpunkt des Erbfalls weggefallen ist. Insoweit gilt eine Erbfolge nach Stämmen. D.h., dass die Abkömmlinge eines mit dem Erblasser direkt verwandten weggefallenen Abkömmlings jeweils einen Stamm bilden. Dieser Stamm erbt dann nach Abs. 4 mit den übrigen Kindern oder Stämmen zu gleichen Teilen. Die Erbquote wird nach Stämmen ermittelt.

 

Rz. 3

Ein Wegfall nach Abs. 3 liegt auch in den Fällen vor, in denen der Abkömmling so zu behandeln ist, als wenn er den Erbfall nicht erlebt hätte, bspw. bei Ausschlagung nach § 1953 BGB, in den Fällen, in denen er für erbunwürdig erklärt wurde (§ 2344 BGB), wenn er nach § 1938 BGB persönlich enterbt ist (zur Vorversterbensfiktion und zum Pflichtteilsrecht bei Enterbung und zur Frage des Eintrittsrechts entfernter Abkömmlinge vgl. § 2309 Rdn 9) oder wenn er nach §§ 2346 ff. BGB einen Erbverzicht für sich erklärt hat. Im letzteren Fall treten seine Abkömmlinge nur dann an seine Stelle, wenn sich der Erbverzicht nicht auch auf die Abkömmlinge erstreckt, § 2349 BGB. Hat ein nichteheliches Kind vor dem 1.4.1998 einen vorzeitigen Erbausgleich erhalten, so sind auch seine Abkömmlinge von der Erbfolge ausgeschlossen (§§ 1934d und 1934e BGB a.F.).

B. Gesetzliche Erben erster Ordnung

I. Abkömmlinge

 

Rz. 4

Abkömmlinge des Erblassers sind die mit ihm in gerader absteigender Linie verwandten Personen, seine Kinder, Enkel und Urenkel. Maßgebend für die ehelichen, nichtehelichen und adoptierten Kinder ist die rechtliche Abstammung[1] nach dem jeweils geltenden Familienrecht.[2] Änderungen im Familienrecht wirken sich daher auch unmittelbar auf das Erbrecht aus.[3]

[1] MüKo/Leipold, § 1924 Rn 3.
[2] Gaul, FamRZ 1997, 1441.
[3] Zur Problematik bei künstlicher Fortpflanzung vgl. Rdn 25.

II. Kinder nicht verheirateter Eltern (nichteheliche Kinder)

 

Rz. 5

Unter einem nichtehelichen Kind versteht man den Abkömmling des Vaters. Nach der Mutter wurden "nichteheliche" Kinder rechtlich immer wie eheliche behandelt. Für Erbfälle seit dem 1.4.1998 ist ein nichteheliches Kind nunmehr grundsätzlich neben ehelichen Abkömmlingen voll erbberechtigt. Seit dem Erbrechtsgleichstellungsgesetz v. 16.12.1997[4] hat das nichteheliche Kind die gleiche erbrechtliche Stellung erlangt wie ein eheliches Kind und die Sonderregelungen über den Erbersatzanspruch nach §§ 1934a-1934e BGB wurden gestrichen.[5] Seit dem zweiten Erbrechtsgleichstellungsgesetz (Art. 12 § 10 Abs. 2 S. 1 NEhlG zum 12.4.2011) sind nichteheliche Abkömmlinge auch dann den ehelichen Abkömmlingen gleichgestellt, wenn sie vor dem 1.7.1949 geboren wurden.[6] Nicht erbberechtigt waren allerdings nach wie vor nichteheliche Kinder, wenn sie vor dem 1.7.1949 geboren wurden und der Erbfall vor dem 29.5.2009 eingetreten ist.[7] Der BGH hält nunmehr aufgrund teleologischer Erweiterung auch ein Erb- und Pflichtteilsrecht nichtehelicher und vor dem 1.7.1949 geborener Kinder für zulässig und...

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