Leitsatz
In schneearmen Gebieten ist der Eigentümer eines Gebäudes bei einsetzendem Tauwetter nicht verpflichtet, das Dach von Schnee und Eis zu befreien, Schneefanggitter anzubringen oder Warntafeln aufzustellen.
(Leitsatz der Redaktion)
Normenkette
Kommentar
Die Entscheidung betrifft ein in Osnabrück gelegenes Gebäude mit 2 ½ Geschossen und einem Dach, dessen Neigungswinkel teilweise 80 Grad beträgt. Von diesem Dach lösten sich am Neujahrstag 2011 infolge eines extremen Tauwetters mehrere Eisbrocken. Hierdurch wurde ein vor dem Gebäude geparkter Pkw beschädigt. Das Landgericht hat den Gebäudeeigentümer wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht zum Schadensersatz verurteilt. Es hat die Ansicht vertreten, dass der Gebäudeeigentümer verpflichtet gewesen sei, das Dach von Schnee und Eis zu befreien oder von der Feuerwehr befreien zu lassen.
Das Oberlandesgericht hat das Urteil aufgehoben. Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde:
1. Schnee und Eis auf dem Dach
Die Eigentümer von Gebäuden sind grundsätzlich nicht verpflichtet, die Dächer ihrer Häuser bei einsetzendem Tauwetter von Schnee und Eis zu befreien. Eine solche Maßnahme kann regelmäßig nicht von den Eigentümern selbst durchgeführt werden. Vielmehr müssten zu diesem Zweck Dachdeckerfirmen oder die Feuerwehr eingesetzt werden. In einer Großstadt mit mehreren Tausend Gebäuden sind solche Aktionen gar nicht möglich.
2. Schneefanggitter
Zur Anbringung eines Schneefanggitters ist ein Eigentümer nur verpflichtet, wenn dies gesetzlich oder durch Ortssatzung vorgeschrieben ist oder wenn dies einer örtlichen Verkehrssitte entspricht. In schneearmen Gebieten – zu denen der westliche Teil von Niedersachsen gehört – besteht keine derartige Verkehrssitte.
3. Warntafel
Der Eigentümer ist grundsätzlich nicht verpflichtet, Warnschilder aufzustellen. Es ergibt keinen Sinn, vor jedem Gebäude ein Schild mit Hinweisen auf tauwetterbedingte Gefahren aufzustellen. Solche "inhaltsleere" Schilder hätten "eher rituellen Charakter".
Link zur Entscheidung
OLG Oldenburg, Urteil v. 25.7.2012, 4 U 35/12, MDR 2012 S. 1339
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