Rz. 18

Der Geschäftsführer ist verpflichtet, den Weisungen der Gesellschafterversammlung Folge zu leisten. Dies lässt sich aus § 37 Abs. 1 GmbHG ableiten, wonach u.a. die Beschränkungen einzuhalten sind, die durch die Beschlüsse der Gesellschafter festgesetzt sind. Soweit die Weisungsabhängigkeit betroffen ist, hat der Geschäftsführer keinen eigenen Ermessensspielraum. Führt er Weisungen nicht aus, begeht er eine schuldhafte, meist vorsätzliche Pflichtverletzung. Im Falle eines Schadenseintritts führt dies zu einem Schadensersatzanspruch gegen ihn aus § 43 Abs. 2 GmbHG. Soweit der Geschäftsführer aber Weisungen der Gesellschafterversammlung umsetzt, haftet er nicht, falls die Umsetzung des Weisungsbeschlusses der Gesellschaft einen Schaden zufügt.[1] Dem liegt die "Erwägung zu Grunde […], dass der Wille der GmbH durch denjenigen ihrer Gesellschafter gebildet wird und ein damit konformes Verhalten des Geschäftsführers deshalb auch keine zum Schadensersatz führende Pflichtverletzung gegenüber der GmbH darstellen kann."[2]

 

Rz. 19

Damit besteht also kein Anspruch auf Freistellung vom D&O-Versicherer, wenn der Geschäftsführer auf Weisung gehandelt hat, da er schon nicht haftet, insofern muss der D&O-Versicherer auch keinen Schaden regulieren. Sofern die Gesellschaft anderer Auffassung ist und den Geschäftsführer in die Haftung nehmen möchte, hat dieser Anspruch auf Abwehrdeckung. Im Einzelfall kann es Streit darüber geben, inwieweit die Weisung tatsächlich haftungsentlastende Wirkung hat, insbesondere wenn sie nicht "eins zu eins" umgesetzt wurde bzw. der Geschäftsführer diese modifiziert hat. Diese Prüfung kann erforderlich werden, weil die Weisung Spielräume lässt, die der Geschäftsführer ausfüllen muss oder weil sich die Sachlage ändert, weshalb der Geschäftsführer die ursprüngliche Weisung möglicherweise nicht einhalten kann. Hat der Geschäftsführer beispielsweise die Weisung erhalten das Betriebsgrundstück maximal für 1 Mio. EUR zu erwerben, wobei die Gesellschafterversammlung davon ausgegangen ist, dass das Grundstück 2000 m² aufweist, stellt sich jedoch heraus, dass das Grundstück 2.200 m² hat, weshalb der Verkäufer nunmehr einen Kaufpreis von 1,1 Mio. EUR begehrt und der Geschäftsführer sofort zusagen muss, weil sonst das Grundstück an einen Dritten verkauft worden wäre, so hätte der Geschäftsführer die Weisung zwar nicht identisch umgesetzt, er durfte aber annehmen, dass die grundsätzlich bestehende Weisung sein Alternativverhalten abdeckt. Der Geschäftsführer musste in der Situation reagieren und konnte möglicherweise davon ausgehen, dass auch die Abweichung von dem Weisungsbeschluss noch gedeckt ist. Soweit hierüber Streit besteht, weil die Gesellschaft die Sachlage abweichend beurteilt und meint insgesamt sei das Grundstück jetzt viel zu teuer erworben worden und man bräuchte es auch nicht in dieser Größe, weshalb man es dann gar nicht gekauft hätte, weshalb nunmehr Geschäftsführer haften müsse, wäre der Geschäftsführer für die Verteidigung in dieser Angelegenheit auf D&O-Versicherungsschutz angewiesen, den er dann auch beanspruchen könnte.

 

Rz. 20

Der Alleingesellschafter, der gleichzeitig Geschäftsführer ist, kann sich "praktisch" selbst anweisen. Er haftet schon deshalb nicht nach § 43 Abs. 2 GmbHG gegenüber seiner eigenen GmbH.[3] Daher besteht auch kein Versicherungsschutz.[4] Damit läuft die D&O-Versicherung bei einem Alleingesellschafter bezüglich der Innenhaftung "leer", sie wird für die Ansprüche aus § 43 Abs. 2 GmbHG nicht benötigt, da diese nicht entstehen können. Insofern sind Klauseln, die die Versicherung der Innenhaftung bei einem Alleingesellschafter-Geschäftsführer oder auch bei einem Aufsichtsratsmitglied, das zu 100 % beteiligt ist ausschließen, grundsätzlich klarstellend:

Beispiel für eine Klausel:

Anrechnung der Eigenbeteiligung von versicherten Personen

 

Rz. 21

"Soweit nichts anderes vereinbart, umfasst der Versicherungsschutz auch den Teil des Schadenersatzanspruches, welcher der Quote einer etwaigen Beteiligung der versicherten Person, die eine Pflichtverletzung begangen hat, an der Versicherungsnehmerin bzw. einer Tochtergesellschaft entspricht. Dies gilt nicht für diejenigen versicherten Personen, die 100 % der Anteile an der Versicherungsnehmerin bzw. einer vom Versicherungsschutz umfassten Tochtergesellschaft innehaben."

 

Rz. 22

Der BGH wendet die Grundsätze auch an, wenn es um die Haftung mehrerer Geschäftsführer geht, die einvernehmlich gehandelt haben und zusammen die alleinigen Gesellschafter der GmbH sind, also zusammengenommen über die gleiche Rechtsmacht verfügen wie ein Alleingesellschafter.[5]

 

Rz. 23

 

Beispiel: "Der scheinselbständige Berater"[6]

Zwei Geschäftsführer einer GmbH schlossen mit einem Berater einen Beratungsvertrag für die Beratung der GmbH. Aus dem Sachverhalt: Dabei sollte L. "als unabhängiger, nicht weisungsgebundener und somit als selbstständiger Dienstleister für die Versicherungsnehmerin (=GmbH) Beraterdienstleistungen erbringen. Das Vertragsverhältnis wurd...

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