Rz. 32

Der Geschäftsleiter hat eine verantwortungsvolle Position, er kommt mit dem Vermögen der Gesellschaft in der Regel in Berührung. Der Straftatbestand der Untreue schützt das Vermögen. Dies kann das Vermögen der Gesellschaft, ausnahmsweise aber auch das eines Dritten sein. So kann die Gesellschaft selbst auch die Vermögensinteressen Dritter betreuen bzw. diese wahren- Daher gilt es zwei Fälle zu unterscheiden. Der Geschäftsleiter kann für die Gesellschaft eine Untreue zu Lasten Dritter begehen, wenn er der Gesellschaft anvertraute Vermögenswerte den Kunden entzieht, z.B. hinterlegte Mietkautionen für Zwecke der Gesellschaft ausgibt, etwa weil dort gerade Liquidität fehlt. Ein solcher Fall wurde z.B. vom BGH als Untreue bejaht, als eine Bauträger-GmbH entgegen den Vereinbarungen mit einem Bauunternehmer, die an diesen abgetretenen Ansprüche gegen die Bauherrn selbst einzog und vereinnahmte, wobei der Bauunternehmer später wegen Insolvenz der Bauträger-GmbH mit seinem Werklohnanspruch ausfiel.[1]

 

Rz. 33

Der in der Praxis häufigere Fall ist allerdings die Untreue zu Lasten der eigenen GmbH. Diese kann auf vielfältige Weise begangen werden. Beginnend mit der Vereinnahmung von Geldern der Gesellschaft, z.B. durch Überweisung auf eine Scheinrechnung auf das Konto eines Dritten bis hin zur Einräumung nicht gerechtfertigter Vorteile für Arbeitnehmer oder der Abschluss von für die GmbH nachteiliger Verträge.[2]

 

Rz. 34

Die Untreue verlangt nicht, dass sich der Geschäftsleiter selbst oder einen anderen bereichern will. So ist für die Definierung einer Untreue in dem vorgenannten Beispiel, wo auf eine Scheinrechnung eines Dritten Geld der GmbH geleistet wird, nicht maßgeblich, ob der Geschäftsführer, der dies veranlasst, sich selbst einen Vorteil verschafft, also z.B. an dem Zahlungseingang beim Dritten partizipiert. Maßgeblich ist die Schädigung des Vermögens der Gesellschaft. Hier muss der Geschäftsführer Schädigungsvorsatz haben. Dieser wird aber bereits bejaht, wenn der Geschäftsleiter von der Schädigung bzw. von der Vermögensgefährdung weiß und sie billigend in Kauf nimmt[3]. Das Gesetz unterscheidet zwischen dem Mißbrauchstatbestand und dem sog. Treubruchstatbestand. Beide Varianten der Untreue kann ein Geschäftsleiter begehen, wobei der Mißbrauchstatbestand als der speziellere Tatbestand eingeordnet wird. Beim Missbrauchstatbestand missbraucht der Täter eine ihm formal eingeräumte Rechtsposition, wie der Geschäftsleiter seine Vertretungsbefugnis. Der Geschäftsführer kann über Rechte, Guthaben und Vermögenswerte, wie Gelder der Gesellschaft aufgrund seiner Vertretungsbefugnis verfügen, weshalb er typischerweise den Mißbrauchstatbestand erfüllt. Dazu gehören auch nutzlose Rechtsgeschäfte[4] oder die Stellung von Sicherheiten für Dritte.[5]

 

Rz. 35

Beim Treubruchstatbestand ist Voraussetzung, dass der Täter im nicht ganz unbedeutenden Umfang fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen hat und diese zum Nachteil desjenigen, dessen Vermögensinteressen er betreut, verletzt. Dies können auch Realakte sein, wie der Griff in die Kasse durch den Geschäftsleiter, im Extremfall auch das vorsätzliche Nichteinfordern einer der Gesellschaft zustehenden Forderung.

 

Rz. 36

Auch die Untreue ist ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB. Eine Untreue begeht, wer vorsätzlich seine Pflicht zur Betreuung fremder Vermögensinteressen verletzt, indem er denjenigen, dessen Interessen er zu betreuen hat, benachteiligt. Da der Geschäftsführer mit fremdem Vermögen arbeitet, kann er in Versuchung geraten, dieses zu veruntreuen[6]. Die D&O-Deckung deckt nicht die wissentlich begangenen Untreuehandlungen eines Organmitglieds ab, wobei aber auch hier eine Abwehrdeckung bestehen kann. Jedoch kann ein anderes Leitungsmitglied, dem der Vorwurf gemacht wird, er hätte die Untreuehandlungen des Mitgeschäftsführers erkennen und aufdecken müssen, ggf. ebenfalls in die Haftung geraten. Wie oben bei § 823 Abs. 1 BGB ausgeführt, kann den Geschäftsführer die Garantenpflicht treffen, Straftaten aus dem Unternehmen zu verhindern. Dies kann eine Untreue zu Lasten Dritter sein. Auch gegenüber dem Gesellschafter könnten dadurch Pflichten verletzt werden. Dies kann auch bei der Verhinderung von Straftaten Bedeutung haben. Instruktiv ist der Fall des BGH,[7] bei dem zwei Vorstände vorhanden waren und einer sich an Untreuehandlungen zu Lasten Dritter beteiligt hat, der andere hingegen nicht:

 

Rz. 37

 

Beispiel: "Untreue durch Scheinrechnungen"

Ein Vorstand einer AG, die Plüschtiere und Geschenkartikel herstellt, wurde wegen Untreue belangt. Er habe Scheinrechnungen über 14 Mio. EUR produziert, den keine Warenlieferungen in diesem Umfang zu Grunde lagen. Die beiden Vorstände des Lieferanten sollten nun der mittlerweile insolventen AG haften. Ein Vorstand war die treibende Kraft und hat sich an den Scheingeschäften beteiligt, dem anderen konnte keine Kenntnis oder ein aktiver Beitrag nachgewiesen werden. Hier war problematisch, ob dieser aus seinem Unterlassen gegenüber...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge