Rz. 22

Unterschlagung begeht, wer eine fremde bewegliche Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignet. Da der Geschäftsleiter Zugriff auf das Betriebsvermögen hat, kann er diesen Tatbestand ohne Mühe verwirklichen, wenn er über die entsprechende kriminelle Energie verfügt. Verkauft z.B. der Geschäftsführer seinen Dienstwagen während einer Dienstreise im Ausland an einen Interessenten, steckt er sich den Kaufpreis ein und meldet er dann den Wagen als gestohlen, hätte er eine Unterschlagung begangen. Da es sich um ein Vorsatzdelikt handelt, wäre kein Raum für eine D&O-Deckung. Nur wenn darüber gestritten wird, ob Vorsatz gegeben ist und eine vorläufige Abwehrdeckung für den Vorsatzvorwurf vereinbart ist, bestünde zumindest vorläufig Versicherungsschutz. Ein solcher Fall kann z.B. vorliegen, wenn nicht der Geschäftsführer, sondern ein Mitarbeiter die Auslandsreise mit dem Dienstwagen angetreten hat und diesen versilbert hat und im Streit steht, ob der Geschäftsführer den Mitarbeiter hierzu angestiftet hat oder ob er davon genauso überrascht wurde, wie die Gesellschafter.[1]

 

Rz. 23

Für den D&O-Versicherungsschutz käme es drauf an, ob ein Sachschaden vorliegt. Dies wäre bei dem Entzug der Sache durch den dadurch eingetretenen Schaden in Gestalt des Wertverlustes der Sache der Fall, so dass kein Versicherungsschutz bestünde. Soweit der Schaden aber z.B. darin besteht, dass bei einem Leasingfahrzeug die Leasinggesellschaft den Vertrag abrechnet und ihre Forderung geltend macht, kann es sich ggf. um einen mittelbaren Vermögensschaden handeln, der sich aus einem Sachschaden herleitet. Auch wenn der Vorwurf in der unzureichenden Kontrolle des Mitarbeiters besteht, kann ggf. ein versicherter erweiterter Vermögensschaden vorliegen. Je nach Bedingungswerk kann ggf. Versicherungsschutz für die gegenüber dem Geschäftsleiter eröffnete Rückgriffsforderung gemäß § 43 GmbHG oder § 93 AktG bestehen (siehe dazu die Ausführungen bei A-1 AVB D&O VI 3).

[1] Zu prüfen wäre auch ein Versicherungsschutz aus einer etwaigen Kfz-Kaskoversicherung, nicht jede Unterschlagung wird versichert, in der Kaskoversicherung sind – je nach Bedingungstext – meist folgende Unterschlagungen versichert: "Unterschlagung ist nur versichert, wenn dem Täter das Fahrzeug weder zum Gebrauch in seinem eigenen Interesse, noch zur Veräußerung noch unter Eigentumsvorbehalt überlassen wird." Dies ist ein Teil der widerrechtlichen Sachentziehungen, die zur wirtschaftlichen Entrechtung des Eigentümers führen (BGHZ 79, 54 (60) = VersR 81, 345(346)) versichert, BGH Urt. v. 20.1.1993 - IV ZR 277/91, VersR 1993, 472). Dies können auch Unterschlagungen von Arbeitnehmern sein, zumindest in Fällen, in den diese keine selbständige Gebrauchsmöglichkeit eingeräumt wurde. Unterschlagung durch Geschäftsleiter sind regelmäßig nicht in der Kaskoversicherung versichert. Abgestellt wird nach den verbreiteten Bedingungstext auf die Überlassung zum selbständigen Gebrauch, die hat das LG Berlin Urt. v. 28.3.2011 – 43 O 313/10, BeckRS 2012, 9504 Rn. 33 wie folgt zusammengefasst: "Eine Überlassung zum Gebrauch im eignen Interesse (des Dritten) ist zu bejahen, wenn dem Unterschlagenden eine selbstständige Verfügungsmöglichkeit über das Kfz eingeräumt wird, so dass er selbst entscheiden kann, ob, wann und wohin er mit dem Fahrzeug fährt (BGH, NJW-RR 1995 S. NJW-RR Jahr 1995 Seite 347; Stadler, a. a. O., AKB A.2.2 Rdnr. 46). Dies ist der Fall, wenn der Unterschlagende das Fahrzeug zur freien Nutzung gemietet hat, sowie auch, wenn - wie vorliegend - einem Mitarbeiter die Nutzung des Fahrzeugs am Abend und am Wochenende freigestellt ist oder es sich gar um einen freien Mitarbeiter handelt" (Knappmann, a. a. O., AKB 2008 A.2.2 Rdnr. 14; Stadler, a. a. O., AKB A.2.2 Rdnr. 48 f.).

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