Entscheidungsstichwort (Thema)

Beamtenversorgung: Anrechnung von Renten. landwirtschaftliche Altershilfe

 

Leitsatz (amtlich)

Das Altersgeld nach dem Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte ist nicht in die Ruhensberechnung gemäß § 55 BeamtVG einzubeziehen.

 

Normenkette

BeamtVG § 55 Abs. 1; Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte (GAL)

 

Verfahrensgang

OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 18.01.1984; Aktenzeichen 2 A 97/83)

VG Koblenz (Entscheidung vom 07.06.1983; Aktenzeichen 6 K 193/82)

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 18. Januar 1984 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger stand bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des Monats September 1976, zuletzt als Fernmeldehauptwart, im Dienst der Beklagten. Er leitete im Nebenerwerb zusammen mit seiner Ehefrau einen kleinen landwirtschaftlichen Betrieb. Nach seiner Versetzung in den Ruhestand bezog er deshalb neben seiner beamtenrechtlichen Versorgung unter anderem auch ein Altersgeld aufgrund des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte.

Nach Inkrafttreten der durch das 2. Haushaltsstrukturgesetz vom 22. Dezember 1981 (BGBl. I S. 1523) geänderten Fassung des § 55 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG mit Wirkung vom 1. Januar 1982 setzte die Beklagte die monatlichen Versorgungsbezüge des Klägers unter Anrechnung des vorerwähnten Altersgeldes neu fest. Dies führte zu einer Kürzung der monatlichen Versorgungsbezüge um 26 DM – inzwischen nach Neuberechnung nurmehr um 15,60 DM –, außerdem zu einer Rückforderung in Höhe von ursprünglich 234 DM. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte zurück.

Der Klage mit dem Antrag,

den Bescheid der Oberpostdirektion Koblenz vom 8. Dezember 1982 insoweit, als darin die Leistungen aus der Altershilfe für Landwirte bei der Neufestsetzung der Versorgungsbezüge berücksichtigt worden sind und entsprechend Versorgungsbezüge zurückgefordert werden, und den Widerspruchsbescheid der Oberpostdirektion Koblenz vom 25. November 1982 aufzuheben,

hat das Verwaltungsgericht stattgegeben: Die Altershilfe für Landwirte gehöre nicht zu den Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen im Sinne des § 55 BeamtVG.

Das Oberverwaltungsgericht hat hinsichtlich des noch streitigen Betrages die Berufung der Beklagten zurückgewiesen: Bei der Altershilfe für Landwirte handele es sich weder im Sinne des Sozialversicherungsrechts noch im Sinne des § 55 BeamtVG um eine gesetzliche Rentenversicherung, sondern um ein eigenständiges System der Alterssicherung für die bäuerliche Bevölkerung, das nach seiner Zielsetzung und strukturellen Ausgestaltung der gesetzlichen Rentenversicherung nicht gleichgestellt werden könne. Zwar habe sich die Altershilfe für Landwirte der gesetzlichen Rentenversicherung in den letzten Jahren mehr und mehr angenähert. An ihrer eigenständigen Grundkonzeption, die nach Sinn und Zweck des § 55 BeamtVG ihre Gleichstellung mit den gesetzlichen Rentenversicherungen ausschließe, habe sich dadurch indessen nichts geändert.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte die vom erkennenden Senat zugelassene Revision eingelegt, mit der sie die Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen und die Abweisung der Klage – soweit noch im Streit – erstrebt. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts.

Der Kläger tritt der Revision entgegen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet. Zutreffend haben die Vorinstanzen das Altersgeld nach dem Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte – GAL – i.d.F. der Bekanntmachung vom 14. September 1965 (BGBl. I S. 1448, mit späteren Änderungen) nicht als eine der Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen im Sinne des § 55 Abs. 1 BeamtVG angesehen.

Die amtsgemäße Versorgung steht einem Ruhestandsbeamten grundsätzlich unabhängig von anderen Einkommensquellen zu. Eine Entscheidung des Gesetzgebers dahin, daß aus sachgerechten Gründen bestimmte anderweitige Einkommen in bestimmtem Umfang auf die Beamtenversorgung angerechnet werden sollen, kann nur angenommen werden, wenn sie sich aus dem Gesetz klar und eindeutig ergibt. Das ist bei § 55 BeamtVG der Fall hinsichtlich der seit jeher so bezeichneten gesetzlichen Rentenversicherungen (Rentenversicherung der Arbeiter, der Angestellten und knappschaftliche Rentenversicherung), nicht jedoch hinsichtlich des Altersgeldes nach dem Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte. Der gegenteiligen Auffassung, wie sie auch in Nr. 55.1.2 zu § 55 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVGVwV) vom 3. November 1980 (GMBl. S. 742) zum Ausdruck kommt, folgt der Senat nicht.

§ 55 BeamtVG enthält, wie schon vorher § 160 a BBG a.F., keine nähere Erläuterung des Begriffs „Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen”. Auch im Recht der Sozialversicherung fand und findet sich jedenfalls keine Bestimmung des Begriffs der gesetzlichen Rentenversicherungen, die eindeutig die Altershilfe für Landwirte allgemein auch in dem Sinne einschlösse, daß daraus ein maßgebender Hinweis für die Auslegung des § 55 BeamtVG ebenso wie des ihm zugrundeliegenden § 160 a BBG a.F. entnommen werden könnte. Heute wird zwar im Sozialgesetzbuch mehrfach von der „gesetzlichen Rentenversicherung einschließlich der Altershilfe für Landwirte” gesprochen (Erstes Buch – SGB 1 –, § 4 Abs. 2, § 23 ≪Überschrift und Abs. 1≫; Viertes Buch – SGB 4 –, § 1 Abs. 1). Jedoch werden in § 23 Abs. 1 SGB 1 die gesetzliche Rentenversicherung (Nr. 1) und die Altershilfe für Landwirte (Nr. 2) als voneinander unterschiedene Rechtsinstitute einander gegenübergestellt. Dabei ist es im übrigen auch bei den nach Erlaß des Ersten und Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs ergangenen Rentenanpassungsgesetzen geblieben.

Sachlich bestehen tiefgreifende Unterschiede zwischen den genannten gesetzlichen Rentenversicherungen und dem Altersgeld nach dem Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte, die dafür sprechen, dieses jedenfalls im Sinne des § 55 BeamtVG nicht als eine der gesetzlichen Rentenversicherungen, sondern als ein eigenes, neben den gesetzlichen Rentenversicherungen bestehendes System der sozialen Alterssicherung anzusehen, hinsichtlich dessen eine Ruhensregelung beim Zusammentreffen mit Beamtenversorgung nicht angeordnet ist. Das ergibt sich aus folgendem:

Die genannten gesetzlichen Rentenversicherungen sind dazu bestimmt und in ihrer Struktur darauf ausgerichtet, als beitragsabhängige Vollversorgung dem Versicherten oder seinen Hinterbliebenen bei Alter, Berufs- und Erwerbsunfähigkeit oder Tod des Versicherten einen am früheren Arbeitseinkommen orientierten Lebensunterhalt sicherzustellen. Ein Zusammentreffen einer Rente hieraus mit einer Beamtenversorgung ergibt sich typischerweise daraus, daß der Betroffene nach einem in Versicherungspflichtiger Beschäftigung verbrachten Abschnitt seines Arbeitslebens in das Beamtenverhältnis übergewechselt ist, und kann gleichfalls typischerweise dazu führen, daß z.B. nach einem zur ersten Hälfte in Versicherungspflichtiger Beschäftigung und zur zweiten Hälfte im Beamtenverhältnis verbrachten Arbeitsleben erheblich mehr als jeweils die Hälfte der gewöhnlichen Rente und der vollen Beamtenversorgung zusteht. Dies beruht auf der Seite des Beamtenrechts vor allem auf der mit einem hohen Sockel von 35 v.H. beginnenden, degressiv gestalteten und bereits bei 35 ruhegehaltfähigen Dienstjahren den Höchstsatz erreichenden Staffelung der Ruhegehaltssätze (§ 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG); diese Staffelung führt zu einer besseren Sicherung in vorzeitigen Versorgungsfällen, jedoch in gleicher Weise auch in Fällen des bloßen Wechsels zwischen Versicherungspflichtiger Beschäftigung und Beamtenverhältnis (vgl. auch Begründung des Regierungsentwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung beamtenrechtlicher und versorgungsrechtlicher Vorschriften, BT-Drs. IV/2174, unter I A 2, 4 ≪S. 17≫ – abgedruckt bei Plog-Wiedow, BBG, Rz. 2 Fußn. 3 zu § 160 a –). Der Abschöpfung dieses, durch den bloßen Wechsel des Alterssicherungssystems entstehenden Vorteils dient die Ruhensregelung des § 55 BeamtVG.

Demgegenüber sind Beiträge und Leistungen der Altershilfe für Landwirte für alle Versicherten einheitlich hoch, unabhängig von der Höhe des Einkommens aus der versicherten Erwerbstätigkeit, und das Altersgeld bietet seiner Höhe nach von vornherein nur eine Teilversorgung neben etwaigen Pachtzahlungen sowie Altenteilsleistungen. Zu den Voraussetzungen des Altersgeldes zählt die Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens. Gibt der Versicherte während seines Berufslebens die versicherte landwirtschaftliche Unternehmertätigkeit auf, so kann der Anspruch auf Altersgeld nur durch Weiterversicherung erhalten werden. Beitragspflichtig sind grundsätzlich u.a. auch Beamte, die das landwirtschaftliche Unternehmen im Nebenerwerb betreiben (§ 14 Abs. 2 Buchst. c GAL i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 3 AVG), bei denen somit eine spätere höhere Gesamtversorgung im Vergleich zum „Nur-Beamten” auf zusätzlicher Erwerbstätigkeit während des Arbeitslebens beruht. Die Möglichkeit eines wesentlichen Vorteils durch den bloßen Wechsel des Alterssicherungssystems ist bei dieser Eigenart der Altershilfe für Landwirte für deren Zusammentreffen mit einer Beamtenversorgung nicht typisch; vielmehr wird die zusätzliche Versorgung vielfach, wie hier, auf zusätzlicher Erwerbstätigkeit während des Arbeitslebens beruhen. – Das Bundesverfassungsgericht hat die Altershilfe für Landwirte als ein eigenes System der Alterssicherung für die bäuerliche Bevölkerung gewertet, das der Gesetzgeber abweichend von den gesetzlichen Rentenversicherungen gestaltet habe und habe gestalten dürfen (BVerfGE 25, 314 ≪21/323≫). – Angesichts dieses wesentlichen Unterschiedes reicht auch die weit überwiegende Finanzierung des Altersgeldes aus Bundesmitteln (§ 13 GAL) nicht aus, um seine Einbeziehung in die Ruhensregelung des § 55 BeamtVG anzunehmen.

Der hier vertretenen Auffassung stehen die von der Revision herangezogenen Entscheidungen des Bundessozialgerichts sowie des Bundesgerichtshofes schon deshalb nicht entgegen, weil sie nicht die Auslegung des § 55 BeamtVG und die dafür ausschlaggebenden Gesichtspunkte des Beamtenversorgungsrechts betreffen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

 

Unterschriften

Fischer, Dr. Franke, Dr. Lemhöfer, Sommer, Dr. Müller

 

Fundstellen

Haufe-Index 1213624

BVerwGE, 285

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