Leitsatz (amtlich)

›Die Genehmigung der Nebentätigkeit eines Berliner Beamten darf nicht aus Gründen, die keinen Bezug zu seiner Amtsführung haben, insbesondere nicht aus arbeitsmarktpolitischen Gründen versagt werden.‹

 

Tatbestand

a. ›[Im Streitfall hat] das bekl. Land in den angefochtenen Bescheiden die Versagung der Nebentätigkeitsgenehmigung mit seinem Interesse begründet, die u. a. auch durch den Kl. [beamteter Lehrer im Schuldienst] bisher in Nebentätigkeit erteilten Abend-Unterrichtsstunden [an einer Oberschule] durch Neueinstellung bisher arbeitsloser Lehrer abzudecken und dadurch die Arbeitslosigkeit von Lehrern zu verringern. Hierzu ist das OVG [Berlin, ZBR 1990, 58] zutreffend .. davon ausgegangen, daß das allgemeine öffentl. Interesse an der Verringerung der Arbeitslosigkeit kein dienstliches Interesse i. S. des § 29 Abs. 2 Satz 1 LBG [Berlin] ist, um dessentwillen die Genehmigung einer im übrigen zulässigen Nebentätigkeit zu versagen wäre.

Grundlage und Rechtfertigung für die Einschränkung von Nebentätigkeiten, die der Beamte aufgrund des ihn mit dem Dienstherrn verbindenden besonderen Dienst- und Treueverhältnisses hinzunehmen hat, ist der seit jeher das Beamtenrecht bestimmende Grundsatz, daß sich der Beamte mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen hat (§ 36 Satz 1 BRRG, § 20 Satz 1 LBG ). ...

Entsprechend dieser Zielrichtung .. ist auch der Begriff der dienstlichen Interessen in dem allgemeinen Versagungstatbestand des § 29 Abs. 2 Satz 1 LBG zu bestimmen. Auch hier geht es um die vom Beamten geschuldete Dienstleistung. Die Vorschrift erfaßt denkbare Fälle, in denen auch außerhalb der in § 29 Abs. 2 Satz 21BG aufgeführten Versagungsgründe Beeinträchtigungen des Interesses des Dienstherrn und der Allgemeinheit an vollwertiger, in zweifelsfreier Loyalität erbrachter Dienstleistung des Beamten zu besorgen sind. Insoweit, also hinsichtlich der Frage, was zum Schutz der Amtsführung gehört, ist der Begriff der dienstlichen Interessen im weitesten Sinne zu verstehen (vgl. BVerwGE 60, 254, 257; 67, 287, 295 f.).

Zwar hat der Staat darüber hinaus je nach der wechselnden politischen und wirtschaftlichen Lage einer Vielzahl von durchaus legitimen öffentl. Interessen Rechnung zu tragen, darunter dem Ziel eines möglichst ausgeglichenen Arbeitsmarktes. Solche öffentl. Interessen ohne dienstlichen Bezug sind aber keine dienstlichen Interessen i. S. des § 29 Abs. 2 Satz 1 LBG, die zur Versagung der Genehmigung einer im übrigen zulässigen Nebentätigkeit führen (vgl. BVerwGE, aaO.). Denn auch die zugrundeliegende Verpflichtung des Beamten, im Rahmen des umfassenden Dienst- und Treueverhältnisses dem ganzen Volke zu dienen und auf das Wohl der Allgemeinheit Bedacht zu nehmen (§ 18 Abs. 1, § 20 Satz 21BG) sowie sich mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen (§ 20 Satz 1 LBG), bezieht sich auf seine Amtsführung. Was sein außerdienstliches Verhalten anbelangt, so trifft ihn neben der Pflicht zur Verfassungstreue (§ 18 Abs. 21BG) lediglich die Verpflichtung, der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die der Beruf des Beamten erfordert (§ 20 Satz 3 LBG). Diese Pflichten führen nicht dazu, daß der Beamte sein außerdienstliches Verhalten allgemein in wirtschaftspolitisch oder sonst erwünschter, aber nicht allen Bürgern vorgeschriebener Weise einrichten müßte oder vom Dienstherrn dazu verpflichtet werden könnte. Auch der Beamte ist nach der hier gegebenen Rechtslage weder verpflichtet, in Zeiten des Arbeitskräftemangels Nebentätigkeiten zu übernehmen, noch sie in Zeiten der Arbeitslosigkeit aufzugeben. Vielmehr kommt ihm insoweit mangels entgegenstehender, unmittelbar oder mittelbar auf seine Amtsausübung bezogener öffentl. Interessen die gleiche Freiheit zu wie allen Bürgern.‹

 

Fundstellen

BVerwGE 84, 299

BVerwGE, 299

DRsp V(570)412a

NVwZ 1990, 766

ZBR 1990, 321

DÖV 1990, 613

DVBl 1990, 647

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