Entscheidungsstichwort (Thema)

Beamter des mittleren Dienstes. vorsätzlich unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst an insgesamt 16 Tagen (über drei Arbeitswochen) und unentschuldigte Dienstabwesenheit an drei Tagen. bedingt vorsätzlich unterlassene Kenntnisverschaffung hinsichtlich des Ergebnisses der sozialmedizinischen Untersuchung mit der Folge etwa dreiwöchiger Abwesenheit vom Dienst. Störung des Betriebsfriedens durch herabsetzende Äußerungen gegenüber zwei Auszubildenden über deren Ausbilder. Freistellung vom Vorwurf der Belästigung eines Auszubildenden und vom Vorwurf der Nichtbefolgung polizeiärztlich angeordneter diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen während Zeiten vorübergehender Dienstunfähigkeit. Kürzung der Dienstbezüge auf die Dauer von drei Jahren (Höchstlaufzeit gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 BDG). keine Kürzung der Laufzeit des dreijährigen Beförderungsverbotes

 

Leitsatz (amtlich)

1. Leistet der Beamte wegen krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit vorübergehend keinen Dienst, so trifft ihn – auch aufgrund seiner allgemeinen Treuepflicht zum Dienstherrn – im Rahmen seiner Pflichten gemäß § 54 Satz 1 BBG die Nebenpflicht, sicherzustellen, dass ihn Mitteilungen seiner Dienststelle unverzüglich erreichen können; zur Bedeutung einer entsprechenden Pflichtverletzung (im Anschluss an Beschluss vom 18. September 2002 – BVerwG 1 DB 13.02 – Buchholz 240 § 9 BBesG Nr. 23).

2. Das Maßnahmeverbot wegen Zeitablaufs gemäß § 15 Abs. 2 BDG (Kürzung der Dienstbezüge) ist auf sog. Altfälle, die verfahrensrechtlich noch nach der Bundesdisziplinarordnung fortzuführen sind, nicht anzuwenden (noch offen gelassen im Urteil vom 8. September 2004 – BVerwG 1 D 18.03 – ZBR 2005, 91 ff.).

 

Normenkette

BBG § 54 Sätze 1, 3, § 55 S. 2, § 73 Abs. 1-2, § 77 Abs. 1 S. 1; BDG § 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 2, § 15 Abs. 2; BDO § 4 Abs. 2, § 9 Abs. 1

 

Tenor

Auf die Berufung des Regierungssekretärs … wird das Urteil des Bundesdisziplinargerichts, Kammer VII – … –, vom 6. November 2003 mit Ausnahme der Kostenentscheidung aufgehoben.

Die jeweiligen Dienstbezüge des Beamten werden um ein Zwanzigstel auf die Dauer von drei Jahren gekürzt.

Die Kosten des Berufungsverfahrens und die dem Beamten hierin erwachsenen notwendigen Auslagen haben der Beamte zu zwei Dritteln und der Bund zu einem Drittel zu tragen.

 

Tatbestand

I.

1. Der Bundesdisziplinaranwalt hat den … Beamten, der bis zu seiner Ernennung zum Regierungssekretär am 1. Juli 2004 aufgrund Laufbahnwechsels zuletzt Polizeimeister im BGS war, angeschuldigt, dadurch ein Dienstvergehen begangen zu haben, dass er

  1. am 1. und 2. August 1996, 10. und 11. Februar 1997, 10. März – 13. März 1997, 26. Januar 1998 und am 31. August 1999, also an insgesamt zehn Tagen dem Dienst schuldhaft ohne Genehmigung und ohne Vorlage eines ärztlichen Attests oder sich sonst zu entschuldigen sowie am 5. August 1996, 14. November 1996, vom 27. – 31. Juli 1998, am 2. und 3. November 1998, mithin neun Tage unentschuldigt dem Dienst ferngeblieben ist,
  2. von dem Ergebnis der sozialmedizinischen Untersuchung, wonach er eingeschränkt dienstfähig war, keine Kenntnis genommen hat, obwohl ihm dies möglich und zumutbar war und infolgedessen in der Zeit vom 10. August 1999 bis 30. August 1999 ohne Grund dem Dienst ferngeblieben ist,
  3. den Dienstfrieden gestört hat, indem er sich gegenüber den Auszubildenden in herabsetzender und dekonstruktiver Weise über die Personen der ausbildenden Beamten wie auch über Art und Inhalt der Ausbildung geäußert hat,
  4. sich in der Zeit von September bis Oktober 1997 gegenüber dem Auszubildenden W. unangemessen geäußert und ihn durch private Telefonanrufe innerhalb und außerhalb der Dienstzeit belästigt hat,
  5. sich während seiner Dienstunfähigkeit vom 21. November – 27. November 2000 sowie 1. Dezember 2000 bis 4. März 2001 diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen seines behandelnden Arztes D. entzogen hat, indem er Untersuchungstermine nicht wahrgenommen, eine angeordnete Entziehungskur nicht angetreten und verordnete Medikamente nicht eingenommen sowie medizinisch indizierte Empfehlungen ignoriert hat.

2. Das Bundesdisziplinargericht hat mit Urteil vom 6. November 2003 entschieden, dass die jeweiligen Dienstbezüge des Beamten auf die Dauer von 60 Monaten um ein Zwanzigstel gekürzt werden. Es hat die Vorwürfe in allen Anschuldigungspunkten als erwiesen angesehen und hat die festgestellte Handlungsweise des Beamten als vorsätzlich, teils grob fahrlässig begangenes einheitliches Dienstvergehen gewertet, das erhebliches Gewicht habe. Der Beamte sei an 16 Tagen schuldhaft dem Dienst ferngeblieben und habe an drei Tagen des entschuldigten Fernbleibens keine Dienst-unfähigkeitsbescheinigung oder Dienstunfähigkeitsmeldung vorgelegt. Er habe darüber hinaus bewusst ein Schreiben seiner Dienststelle ignoriert, von dem er habe annehmen können, dass es um die Frage der Dienstfähigkeit und seine Verwendung in der Behörde gehe. Dieses Verhalten habe bewirkt, dass er nahezu drei Wochen keinen Dienst geleistet habe, obwohl er hierfür dienstfähig gewesen sei. Dieses Verhalten sei daher ähnlich einzustufen wie ein schuldhaftes Fernbleiben vom Dienst. Hinzu kämen die Verfehlungen in den Anschuldigungspunkten 3, 4 und 5, so dass der Beamte – insgesamt gesehen – eigentlich degradiert werden müsste. Da er sich aber als Polizeimeister noch im Eingangsamt seiner Laufbahn befinde, müsse unter Ausschöpfung der Höchstlaufzeit von 60 Monaten eine Gehaltskürzung ausgesprochen werden.

3. Hiergegen hat der Beamte durch seinen Verteidiger rechtzeitig Berufung eingelegt und beantragt, auf eine mildere Maßnahme zu erkennen. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend:

Zum Anschuldigungspunkt 1:

Es sei bereits nicht nachvollziehbar, wie das Bundesdisziplinargericht zu dem Schluss komme, er, der Beamte, sei an insgesamt 16 Tagen dem Dienst unerlaubt ferngeblieben. Aus der dienstinternen Fehlzeitenliste (Stand: 4. November 1998) ergäben sich für den Zeitraum von Oktober 1995 bis Dezember 1998 lediglich zehn Tage „unentschuldigter” Abwesenheit. Die angeschuldigten Fehlzeiten vom 1. bis 2. August 1996, vom 14. November 1996 und vom 27. bis 31. Juli 1998 seien in der Fehlzeitenübersicht nicht vermerkt. Für die beiden zuletzt genannten Zeiträume sei ihm zudem nachträglich Erholungsurlaub bewilligt und damit das Fernbleiben vom Dienst rückwirkend genehmigt worden (§ 184 Abs. 1 BGB).

Hinsichtlich der festgestellten unerlaubten Abwesenheit am 1. und 2. August 1996 stütze sich die Vorinstanz auf die Aussagen der Zeugen A., M. und Dr. D., die aus ihrer Erinnerung berichtet hätten, er, der Beamte, sei an beiden Tagen nicht zum Dienst erschienen. Es sei aber völlig unglaubhaft, dass sich die Zeugen nach so langer Zeit noch daran erinnern könnten, ob ein Kollege oder Patient an einem bestimmten Tag im Dienst gewesen sei. Das habe auch der Zeuge M. eingeräumt. Der Zeuge Dr. D. habe zudem ausgesagt, es sei nicht auszuschließen, dass die Eintragungen im Krankenmeldebuch unvollständig und unrichtig seien. Nichts anderes ergebe sich aus der in diesem Rahmen vorgelegten Aktennotiz und dem ergänzenden Vermerk vom 12. Dezember 1996. Die nicht datierte Aktennotiz schließe mit Bemerkungen über Dienstzeiten im November 1996, so dass die Notiz wohl frühestens zu diesem Zeitpunkt unterschrieben worden sei. Auch der vorgelegte Vermerk sei offenkundig erst am 12. Dezember 1996, d.h. im Nachhinein, gefertigt worden. Dies schwäche die Beweiskraft der Urkunden und damit die Richtigkeit der Angaben.

Soweit das Bundesdisziplinargericht von einem „unentschuldigten” Fernbleiben vom Dienst am 10. und 11. Februar 1997, vom 10. bis 13. März 1997 und am 26. Januar 1998 ausgehe, stütze es sich in erster Linie auf die Aussagen des Zeugen S. Es sei jedoch ebenfalls höchst unglaubhaft, dass sich der Zeuge nach mehr als zwei Jahren noch an derartige Vorfälle mit exakter Datumsangabe erinnern könne, zumal er sich offensichtlich nicht auf besondere schriftliche Erinnerungsvermerke gestützt habe.

Zum Anschuldigungspunkt 2:

Soweit die Vorinstanz bei der Bemessung der Maßnahme den Zeitraum vom 10. bis 30. August 1999 letztlich wie „schuldhaftes Fernbleiben vom Dienst” gewertet habe, setze sich das Urteil in Widerspruch zum Senatsbeschluss vom 18. September 2002. Der Senat habe den Verlustfeststellungsbescheid für denselben Zeitraum aufgehoben, da er, der Beamte, mangels Kenntnis vom Untersuchungsergebnis dem Dienst nicht schuldhaft ferngeblieben sei.

Zum Anschuldigungspunkt 3:

Er, der Beamte, bestreite weiter, sich gegenüber den beiden Auszubildenden Sch. und W. bezüglich deren Ausbilder negativ mit den Worten „falsch”, „hinterhältig” und sie seien „mit Vorsicht zu genießen” geäußert zu haben. Beide Auszubildende hätten sich auch nicht daran erinnern können, dass er, der Beamte, entsprechende Äußerungen beleidigender oder verächtlicher Art gemacht habe. Schließlich sei auch die erstinstanzliche Wertung nicht nachvollziehbar, durch die angeblichen Äußerungen seien die Auszubildenden in Angst um ihren Ausbildungsplatz versetzt worden und hätten sich „ausgehorcht” gefühlt.

Zum Anschuldigungspunkt 4:

Es sei zutreffend, dass er den Auszubildenden W. zweimal privat angerufen habe, um sich nach dem Verlauf eines Lehrganges zu erkundigen und seine Hilfe anzubieten. Ein solcher Vorgang sei disziplinarrechtlich unerheblich. Es sei zudem nicht ungewöhnlich, dass man in einer Behörde wie an jedem Arbeitsplatz einige Kollegen in einem freundschaftlichen, kollegialen Sinne „netter” finde als andere Kollegen. Er, der Beamte, müsse aber ausdrücklich zurückweisen, den Auszubildenden zu einem Treffen gedrängt zu haben. Offensichtlich habe der Zeuge W. sein, des Beamten, Verhalten aus einer bestimmten Empfindlichkeit heraus subjektiv als „Anmache” empfunden. Dies sei jedoch aus objektiver Sicht disziplinarrechtlich irrelevant.

Zum Anschuldigungspunkt 5:

Er, der Beamte, sei den Facharztterminen stets nachgekommen und habe durch eigene Aktivitäten seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen in den Griff bekommen. Er habe sein Gewicht reduziert und im Sommer 2000 der Durchführung einer Alkoholentziehungskur zugestimmt. Durch eigenes Handeln sei er alkoholabstinent geworden, so dass er nicht mehr habe therapiert werden müssen. Er habe auch seine Depressionen überwunden. Für das Bundesdisziplinargericht seien ärztliche Anordnungen offenbar sakrosankt, so dass deren Nichtbefolgung ungeachtet individueller Besonderheiten unmittelbar disziplinarrechtlich relevant sei. Damit aber werde die Dienstpflicht zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit der Beamten weit überspannt.

Nach alledem sei es unverhältnismäßig, eine Gehaltskürzung auf die Höchstdauer von 60 Monaten auszusprechen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Berufung des Beamten hat teilweise Erfolg; sie führt zu einer Kürzung der Dienstbezüge auf die Dauer von drei Jahren.

Das Disziplinarverfahren ist nach bisherigem Recht, d.h. auch nach In-Kraft-Treten des Bundesdisziplinargesetzes am 1. Januar 2002 nach den Verfahrensregeln und

-grundsätzen der Bundesdisziplinarordnung fortzuführen (vgl. zum Übergangsrecht z.B. Urteil vom 20. Februar 2002 – BVerwG 1 D 19.01 – NVwZ 2002, 1515). Allerdings finden auf so genannte Altfälle – wie hier – ausnahmsweise die Vorschriften des Bundesdisziplinargesetzes Anwendung, wenn und soweit diese den beschuldigten Beamten materiellrechtlich besser stellen (vgl. zuletzt Urteil vom 8. September 2004 – BVerwG 1 D 18.03 – ZBR 2005, 91 ff.).

Das Rechtsmittel ist unbeschränkt eingelegt. Der Beamte bestreitet zum Teil die Richtigkeit der erstinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen. Der Senat hat daher den Sachverhalt selbst zu ermitteln und disziplinarrechtlich zu würdigen.

1. Aufgrund der zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachten Beweismittel und der Einlassungen des Beamten, soweit diesen gefolgt werden kann, ist in den einzelnen Anschuldigungspunkten von folgendem Sachverhalt und folgender disziplinarrechtlicher Würdigung auszugehen:

Anschuldigungspunkt 1 (Vorwurf unerlaubten und unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst)

a) 1., 2. und 5. August 1996

aa) Der bei der Behörde, Abteilung Verwaltung, in L. beschäftigte Beamte hat an den genannten drei Arbeitstagen (Donnerstag, Freitag und Montag) keinen Dienst geleistet. Dies ergibt sich bereits aus einem von dem Zeugen A. gefertigten datumslosen Vermerk, der Abwesenheitszeiten des Beamten von April 1996 bis 4. November 1996 mit dem Hinweis enthält, im Mai, Juni und Juli sei keine Anwesenheitsliste geführt worden; dem Vermerk lässt sich insbesondere entnehmen, dass der Beamte am 1., 2. und 5. August 1996 „unentschuldigt” gefehlt hat. Jener Vermerk wird von Regierungsamtmann R. in seinem Vermerk vom 12. Dezember 1996 in Bezug genommen und nochmals festgestellt, der Beamte sei am 1., 2. und 5. August 1996 unerlaubt dem Dienst ferngeblieben; Entschuldigungen seien nicht vorgetragen worden. Dass der Beamte an den genannten drei Tagen keinen Dienst geleistet hat, obwohl er zumindest an den beiden ersten Tagen nicht dienstunfähig war – eine Krankmeldung hinsichtlich des letzten Tages liegt ebenfalls nicht vor –, wird ferner bestätigt durch die Aussagen der Zeugen M., A. und Dr. D.. Leitender Regierungsdirektor a.D. A. war im fraglichen Zeitraum … der unmittelbare Vorgesetzte des Beamten; Studiendirektor M. war A.'s Vertreter. Medizinaloberrat Dr. D. ist als Arzt im kurativen Bereich beim Sanitätsdienst der Behörde tätig.

Der Zeuge M. hat am 5. November 1999 u.a. ausgesagt, er könne sich heute nicht mehr genau an die Tage erinnern, an denen der Beamte nicht im Dienst gewesen sei. Dieser habe allerdings an jenen Tagen im August 1996 gefehlt, als er, der Zeuge, Herrn A. vertreten habe. Der Beamte sei auch an mehreren Tagen dem Dienst ungenehmigt ferngeblieben. Diese Aussage hat der Zeuge am 11. September 2000 im Wesentlichen wiederholt und ergänzend angegeben, es habe sich um drei Tage „unentschuldigten” Fernbleibens vom Dienst gehandelt. Er habe am dritten Tag der Abwesenheit veranlasst, dass mehrere Beamte in der Wohnung des Beamten Nachschau halten sollten, weil er diesen für psychisch labil und selbstmordgefährdet gehalten habe. – Als dem Zeugen M. der datumslose Vermerk des Zeugen A. vorgehalten wurde, hat er bestätigt, dass die dort genannten Fehlzeiten auf seinen Angaben beruhten, falls der Zeuge A. zu den entsprechenden Zeiten abwesend gewesen sei.

Der Zeuge A. hat am 1. November 1999 u.a. ausgesagt, er sei damals in Urlaub gewesen. Bei seinem Dienstantritt (12. August 1996) habe ihm sein Vertreter M. mitgeteilt, dass der Beamte u.a. am 1., 2. und 5. August 1996 „unentschuldigt” gefehlt habe. Auch soweit damals keine Anwesenheitslisten geführt worden seien, hätten in dem personalmäßig überschaubaren Fachbereich die Abwesenden sofort festgestellt werden können. Ergänzend hat der Zeuge am 2. November 2000 u.a. bestätigt, dass der datumslose Vermerk von ihm gefertigt worden sei und, soweit es sich um Fehlzeiten des Beamten während seiner, des Zeugen, Abwesenheit gehandelt habe, der Vermerk dieser Fehlzeiten auf Angaben seines Vertreters beruht hätten.

Der Zeuge Dr. D. hat am 21. Oktober 1999 u.a. ausgesagt, am 1., 2. und 5. August 1996 hätten weder eine Krankmeldung des Beamten noch eine Eintragung in der ärztlichen Karteikarte vorgelegen. Diese Aussage hat der Zeuge am 11. September 2000 im Wesentlichen wiederholt und ergänzend u.a. angegeben, Krankheitstage bzw. Tage der Dienstunfähigkeit vermerke er in seinen ärztlichen Aufzeichnungen. Bis in das Jahr 2000 hinein sei darüber hinaus ein Krankenmeldebuch geführt worden. Wenn der Beamte einmal nicht im Krankenmeldebuch vermerkt worden sei, so hätte seine Dienstunfähigkeit dadurch bekannt werden müssen, dass er sich beim Dienstvorgesetzten oder in der Krankenabteilung meldet. Dass eine Eintragung in das Krankenmeldebuch vergessen werde, dürfte nur sehr selten vorkommen, zumal das Krankenmeldebuch auch dem Dienstvorgesetzten vorgelegt werde. Bei dieser Gelegenheit würden Unstimmigkeiten beseitigt. Aufgrund seiner, des Zeugen, ärztlichen Aufzeichnungen stehe fest, dass der Beamte u.a. am 1., 2. und 5. August 1996 dienstfähig bzw. teildienstfähig gewesen sei. Er sei auch von anderen Ärzten nicht dienstunfähig geschrieben gewesen. In einem solchen Fall hätte er, der Zeuge, von diesen Ärzten sog. „gelbe Zettel” erhalten. Für den Zeitraum vom 6. bis 9. August 1996 habe allerdings eine Krankschreibung des „Kassenarztes” vorgelegen. Er, der Zeuge, halte es deshalb für möglich, dass der Beamte auch schon am Montag, den 5. August 1996, dienstunfähig erkrankt gewesen sei, dies aber nicht gemeldet habe. Aufgrund des damaligen Krankheitsbildes sei es jedoch unwahrscheinlich, dass der Beamte bereits vor dem Wochenende (3./4. August), d.h. am 1. und 2. August 1996 dienstunfähig erkrankt gewesen sei. Denn dann hätte er sich spätestens am Montag (5. August) beim Arzt vorstellen müssen.

Diese weitgehend übereinstimmenden und nachvollziehbaren, zum Teil selbstkritischen Aussagen der Zeugen, die mit den in Bezug genommenen tatzeitnahen Vermerken im Wesentlichen in Einklang stehen, sind glaubhaft. Sie entkräften die mit der Berufung vorgebrachten Zweifel hinsichtlich der Beweiskraft der Urkunden und der Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen.

bb) Damit steht fest, dass der damals nicht dienstunfähige Beamte am 1. und 2. August 1996 dem Dienst unerlaubt ferngeblieben ist und insoweit – wie angeschuldigt – vorsätzlich schuldhaft seine Pflichten gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 BBG verletzt hat.

Hinsichtlich des 5. August 1996 wird dem Beamten lediglich vorgeworfen, „unentschuldigt” nicht zum Dienst erschienen zu sein; insoweit sei von einer Verletzung der entsprechenden Anzeige- und Nachweispflicht auszugehen. Zusammenfassend heißt es in der Anschuldigungsschrift, der Beamte sei dem Dienst „unentschuldigt” ferngeblieben (Verstoß gegen § 73 Abs. 1 Satz 2 BBG) und habe damit auch gegen die dienstliche Anordnung zur unverzüglichen Anzeige- und Nachweispflicht von Fehltagen gegenüber seinen Vorgesetzten verstoßen. Dadurch habe er seine Pflichten gemäß § 54 Satz 1 BBG (Pflicht zur vollen Hingabe an den Beruf) und § 55 Satz 2 BBG (Gehorsamspflicht) verletzt.

Entgegen der Auffassung der Vorinstanz hat der Beamte nicht gegen § 73 Abs. 1 Satz 2 BBG verstoßen. Nach dieser Vorschrift ist Dienstunfähigkeit infolge Krankheit auf Verlangen nachzuweisen. Gegenüber dem Tatbestand des unerlaubten Fern-bleibens vom Dienst (§ 73 Abs. 1 Satz 1 BBG) handelt es sich bei der Attestvorlagepflicht gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 BBG um einen selbstständigen Pflichtentatbestand (vgl. z.B. Beschluss vom 28. Februar 2000 – BVerwG 1 DB 26.99 –; Urteil vom 13. Juli 1999 – BVerwG 1 D 81.97 – ZBR 1999, 424 = Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 13 = DokBerB 2000, 23, jeweils m.w.N.). Das Bestehen einer von der Dienststelle generell oder im Einzelfall angeordneten Attestvorlagepflicht ist nicht erwiesen. Bei den Akten befinden sich lediglich Merkblätter bezüglich der Heilfürsorgevorschriften für den BGS (§ 70 Abs. 2 BBesG), die dem Beamten ausgehändigt worden waren, sowie eine Belehrung des Beamten über rechtliche Folgen eines schuldhaft unerlaubten Fernbleibens vom Dienst für das Dienstverhältnis. Ein Verstoß gegen § 73 Abs. 1 Satz 2 BBG kommt auch nicht im Hinblick auf die so genannte Drei-Tage-Regelung (vgl. dazu Urteil vom 13. Juli 1999 a.a.O. m.w.N.) in Betracht. Zwar war der Beamte in der anschließenden Zeit vom 6. bis 9. August 1996 nach Aussage des Zeugen Dr. D. nachweislich krank geschrieben. Damit verblieb für den 5. August 1996 als einzelnem Tag nach der Drei-Tage-Regelung jedoch kein Raum mehr für eine gesonderte Attestvorlagepflicht.

Der Beamte hat aber vorsätzlich seine Anzeige- und Meldepflichten gemäß § 55 Satz 2 i.V.m. § 54 Satz 1 BBG dadurch verletzt, dass er seine krankheitsbedingte Dienstunfähigkeit am 5. August 1996 seiner Dienststelle nicht unverzüglich mitgeteilt hat (vgl. zur Anzeige- und Meldepflicht bei Dienstunfähigkeit, z.B. Beschluss vom 29. Februar 2000 – BVerwG 1 DB 25.99 – Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 17 m.w.N.). Aufgrund übereinstimmender glaubhafter Zeugenaussagen steht fest, dass der Beamte schon vor dem 5. August 1996 über seine entsprechende Dienstpflicht belehrt war. So hat der Zeuge A. ausgesagt, anlässlich eines Personalführungsgesprächs am 20. März 1996 mit dem Beamten habe er diesem klar gemacht, dass er es nicht dulden würde, dass der Beamte krank zu Hause bleibe, ohne sich vorher „abzumelden”. Am 29. Mai 1996 und bei weiteren Telefongesprächen habe er dem Beamten das Verfahren bei Krankmeldungen deutlich gemacht. Der Zeuge Dr. D. hat angegeben, vom Sanitätsdienst sei der Beamte mehrmals darauf hingewiesen worden, dass er sich schon am ersten Tag seiner Krankheit bei der Dienststelle zu melden habe.

b) 14. November 1996, 27. bis einschließlich 31. Juli 1998

aa) Der Beamte hat an den genannten sechs Arbeitstagen (Donnerstag, Montag bis einschließlich Freitag) keinen Dienst geleistet, was von ihm eingeräumt wird. Ihm war für die entsprechenden Tage lediglich nachträglich auf Antrag Erholungsurlaub bewilligt worden.

bb) Damit steht fest, dass der Beamte an den genannten sechs Arbeitstagen vorsätzlich gegen § 73 Abs. 1 Satz 1 BBG verstoßen hat; er war dem Dienst unerlaubt ferngeblieben.

Mit der Anschuldigungsschrift wird ein entsprechender Disziplinarvorwurf erhoben. In der Einzelbegründung ist ein Verstoß gegen § 73 Abs. 1 Satz 2 BBG nicht aufgeführt, wird vielmehr ausdrücklich das Senatsurteil vom 20. Mai 1998 – BVerwG 1 D 57.96 – erwähnt. Danach lässt eine nachträgliche Urlaubsbewilligung den Tatbestand des unerlaubten Fernbleibens vom Dienst nicht entfallen. Dies ist von dem Beamten auch nicht anders verstanden worden, wie sein Verteidigungsverhalten zeigt: Er macht eine rückwirkende Genehmigung des ursprünglich unerlaubten Fernbleibens vom Dienst und damit dessen nachträgliches „Erlaubt sein” geltend.

Der Einwand des Beamten greift nicht durch. Ein unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst liegt nur dann nicht vor, wenn dem Beamten für den betreffenden Zeitraum vorher wirksam Urlaub bewilligt worden ist; eine nachträgliche Urlaubsbewilligung – wie hier – lässt den vollendeten Disziplinartatbestand für den verflossenen Zeitraum nicht rückwirkend entfallen (Senatsurteil vom 20. Mai 1998 a.a.O.; Köhler/Ratz, BDG, 3. Aufl., B II 3 Rn. 11; anders ist insoweit die Rechtslage bei § 9 BBesG). Entgegen der Auffassung des Beamten ergibt sich auch aus § 184 Abs. 1 BGB nichts anderes. Am Wortlaut der Vorschrift, dass die nachträgliche Zustimmung (Genehmigung) grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurückwirkt, wird deutlich, dass diese Regelung nur für Rechtsgeschäfte gilt. Geht es aber – wie hier – um die Frage, ob eine Rechtsverletzung zur Tatzeit deshalb nicht vorgelegen hat, weil der nach dem Gesetz Zuständige mit dem Tatverhalten einverstanden war, so kommt einer solchen Einwilligung tatbestandsausschließende oder rechtfertigende Wirkung nur dann zu, wenn die Einwilligung bereits vor der Tat ausgesprochen war. Im Disziplinarrecht gilt insoweit nichts anderes als im Strafrecht (vgl. zu Letzterem BGHSt 7, 294 ≪295≫; 17, 359 ≪360≫).

c) 10. und 11. Februar 1997, 10. bis einschließlich 13. März 1997

aa) Der Beamte hat an den genannten Arbeitstagen (Rosenmontag, Fastnachtsdienstag sowie Montag bis einschließlich Donnerstag) keinen Dienst geleistet. Die Richtigkeit des entsprechenden Vorwurfs hat der Beamte mit Schreiben vom 17. März 1997 an den Leiter der Abteilung Verwaltung der Behörde bei Lichte besehen eingeräumt. Das Schreiben hat folgenden Wortlaut:

„Betr.: Fehlzeiten am 10.-12.02.1997;

10.-13.03.1997

hier: Stellungnahme

Bezug: Mündliche Weisung ROI St./PHM S.

Sehr geehrter Herr T.,

seit Herbst 1996 befinde ich mich in psychotherapeutischer Behandlung. Die Gründe sind vielfach und meine Verfassung ist immer wieder Zwängen unterworfen, die ich leider noch nicht steuern kann. Bei all meiner Kraft die ich für mich benötige, muß ich wieder lernen, besser mit mir umzugehen. D.h. auch für mich, meine Arbeit nicht zu vernachlässigen, was mir an den o.a. Tagen passiert ist.

Ich werde mir allergrößte Mühe geben, dass es zu keinen Versäumnissen in der Zukunft kommt. Meine fachärztliche Behandlung hält z.Zt. noch an.

Am 12.02.1997 war ich vom Arzt der Behörde von jedem Dienst befreit.”

Dem Betreffvermerk dieses Schreibens entsprechend enthält auch die Anwesenheitsliste der Verwaltung für Februar 1997 am 10. und 11. und für März 1997 vom 10. bis 13. März 1997 die Vermerke: Nicht erschienen. Nach der Fehlzeitenübersicht vom 4. November 1998 war der Beamte im Februar 1997 an drei Tagen und im März 1997 an vier Tagen „unentschuldigt” abwesend. Der Sachverhalt des unerlaubten Fernbleibens vom Dienst wird ferner bestätigt durch die schriftlichen Vermerke des Zeugen S. vom 10., 11., 12. und 13. März 1997 sowie durch die glaubhaften Aussagen der Zeugen S. und Dr. D. Polizeioberkommissar S. war damals im inneren Dienst der Behörde für die Nachweisführung über die An- und Abwesenheit aller Polizeivollzugsbeamten in der Verwaltung zuständig.

Der Zeuge S. hat am 4. November 1999 unter anderem ausgesagt, am 10. Februar 1997 sei der Beamte nicht zum Dienst erschienen. Einen Arzttermin beim Sanitätsdienst habe er nicht wahrgenommen. Zu Hause sei er telefonisch nicht zu erreichen gewesen (Anrufbeantworter). Auch am Folgetag habe er keinen Dienst geleistet und habe sich nicht telefonisch gemeldet (Anrufbeantworter). Am 12. Februar 1997 sei er in Zivil zum Dienst erschienen, habe aber nach Alkohol gerochen und einen ungepflegten Eindruck hinterlassen. Er, der Zeuge, sei mit dem Beamten dann zum Sanitätsdienst gegangen, der diesen krankgeschrieben habe. Der Beamte sei auch in der Zeit vom 10. bis 13. März 1997 nicht zum Dienst erschienen. Er habe den Beamten vergeblich angerufen. Eine Nachschau am 12. und 13. März 1997 sei ebenfalls erfolglos geblieben. Diese Aussagen hat der Zeuge am 2. November 2000 im Wesentlichen wiederholt und vertieft. Ergänzend hat er angegeben, der Beamte sei ihm dadurch aufgefallen, dass er häufig am ersten Arbeitstag nach einem Urlaub oder einem Krankenhausaufenthalt gefehlt habe. Er, der Zeuge, habe sich dann bei der Wache und dem Sanitätsdienst nach dem Beamten erkundigt. Regelmäßig – wie am 10. und 11. Februar 1997 – sei der Beamte dann auch zu Hause telefonisch nicht erreichbar gewesen (Anrufbeantworter). Über die entsprechenden Fehlzeiten habe er sich immer einen Vermerk angefertigt. Hinsichtlich des Zeitraums 10. März bis 13. März 1997 könne er aus seiner Erinnerung nur sagen, dass der Beamte „unentschuldigt” gefehlt habe.

Der Zeuge Dr. D. hat am 21. Oktober 1999 u.a. ausgesagt, am 10. und 11. Februar sowie vom 10. bis 13. März 1997 hätten von dem Beamten weder eine Krankmeldung noch eine Eintragung in der ärztlichen Karteikarte vorgelegen. Diese Aussage hat der Zeuge am 11. September 2000 im Wesentlichen wiederholt und ergänzend u.a. angegeben, aufgrund seiner ärztlichen Aufzeichnungen stehe fest, dass der Beamte u.a. am 10. und 11. Februar sowie vom 10. bis 13. März 1997 dienstfähig bzw. teildienstfähig gewesen sei. Er sei auch von anderen Ärzten nicht dienstunfähig geschrieben gewesen.

Die weitgehend übereinstimmenden und nachvollziehbaren Aussagen der Zeugen, die nicht nur mit den Anwesenheitslisten und Fehlzeitenübersichten, sondern auch mit der schriftlichen Einlassung des Beamten vom 17. März 1997 in Einklang stehen, sind glaubhaft. Sie entkräften die mit der Berufung vorgebrachten Zweifel hinsichtlich der Glaubhaftigkeit der Aussagen des Zeugen S. Anhaltspunkte für alkohol- oder krankheitsbedingte Dienst- oder Schuldunfähigkeit des Beamten an den genannten Tagen sind nicht ersichtlich und werden von ihm auch nicht geltend gemacht.

bb) Damit steht fest, dass der Beamte am 10. und 11. Februar 1997 sowie vom 10. bis einschließlich 13. März 1997 dem Dienst unerlaubt ferngeblieben ist und insoweit – wie angeschuldigt – vorsätzlich schuldhaft seine Pflichten gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 BBG verletzt hat.

d) 26. Januar 1998

aa) Der Beamte hat an jenem Montag keinen Dienst geleistet. Dies ergibt sich bereits aus der Anwesenheitsliste der Verwaltung für Januar 1998, die für den 26. den Vermerk enthält: Nicht erschienen. Nach der vom Verteidiger mit der Berufungsbegründung vorgelegten Fehlzeitenübersicht vom 4. November 1998 war der Beamte im Januar 1998 an einem Tag „unentschuldigt” abwesend. Der Sachverhalt des unerlaubten Fernbleibens vom Dienst wird ferner bestätigt durch die glaubhaften Aussagen der Zeugen S. und Dr. D.

Der Zeuge S. hat am 4. November 1999 u.a. ausgesagt, der Beamte sei am 26. Januar 1998 nicht zum Dienst erschienen. Eine Nachfrage beim Sanitätsdienst habe ebenfalls keine Erkenntnisse erbracht. Diese Aussage hat der Zeuge am 2. November 2000 im Wesentlichen wiederholt und vertieft.

Der Zeuge Dr. D. hat am 21. Oktober 1999 u.a. ausgesagt, am 26. Januar 1998 habe von dem Beamten weder eine Krankmeldung noch eine Eintragung in der ärztlichen Karteikarte vorgelegen. Diese Aussage hat der Zeuge am 11. September 2000 im Wesentlichen wiederholt und ergänzend u.a. angegeben, aufgrund seiner ärztlichen Aufzeichnungen stehe fest, dass der Beamte u.a. am 26. Januar 1998 dienstfähig bzw. teildienstfähig gewesen sei. Er sei auch von anderen Ärzten nicht dienstunfähig geschrieben gewesen.

bb) Damit steht fest, dass der Beamte am 26. Januar 1998 dem Dienst unerlaubt ferngeblieben ist und insoweit – wie angeschuldigt – vorsätzlich schuldhaft seine Pflichten gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 BBG verletzt hat.

e) 2. und 3. November 1998

aa) Der Beamte, der an den beiden Arbeitstagen keinen Dienst geleistet hat – was von dem damals im Inneren Dienst der Behörde tätigen Zeugen, Polizeioberkommissar a.D. E., bestätigt und von dem Beamten nicht bestritten wird –, war nach Auffassung seiner Dienststelle an beiden Tagen krankheitsbedingt dienstunfähig. Dies beruht offenbar auf dem ungepflegten und angetrunkenen Eindruck, den der Beamte am 4. November 1998 gemacht hat; ab jenem Tag war er vom Behördenleiter vom weiteren Dienst freigestellt und von Dr. D. unbefristet krankgeschrieben. Eine Krankmeldung des Beamten für den 2. und 3. November 1998 liegt nicht vor.

bb) Wie zur Dienstabwesenheit am 5. August 1996 (Anschuldigungspunkt 1 unter bb)) wird dem Beamten hier vorgeworfen, „unentschuldigt” nicht zum Dienst erschienen zu sein (Verstoß gegen § 73 Abs. 1 Satz 2 BBG); Gründe, die das „Nichtanzeigen dieses Fernbleibens” rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich. Zusammenfassend heißt es in der Anschuldigungsschrift, der Beamte sei dem Dienst „unentschuldigt” ferngeblieben (Verstoß gegen § 73 Abs. 1 Satz 2 BBG) und habe damit auch gegen die dienstliche Anordnung zur unverzüglichen Anzeige – und Nachweispflicht von Fehltagen gegenüber seinen Vorgesetzten verstoßen. Dadurch habe er seine Pflichten gemäß § 54 Satz 1 BBG (Pflicht zur vollen Hingabe an den Beruf) und § 55 Satz 2 BBG (Gehorsamspflicht) verletzt.

Entgegen der Auffassung der Vorinstanz hat der Beamte nicht gegen § 73 Abs. 1 Satz 2 BBG verstoßen, sondern hat vorsätzlich seine Anzeige- und Meldepflichten gemäß § 55 Satz 2 i.V.m. § 54 Satz 1 BBG dadurch verletzt, dass er seine krankheitsbedingte Dienstunfähigkeit am 2. und 3. November 1998 seiner Dienststelle nicht unverzüglich mitgeteilt hat; über diese Dienstpflicht war er wiederholt belehrt worden (vgl. dazu insgesamt die Ausführungen zur Dienstabwesenheit am 5. August 1996: Anschuldigungspunkt 1 unter bb)). Anhaltspunkte dafür, dass der Beamte am 2. und 3. November 1998 alkoholbedingt nicht mehr in der Lage gewesen sein sollte, seiner Anzeige- und Meldepflicht nachzukommen (§ 20 StGB), sind nicht ersichtlich und werden von ihm auch nicht geltend gemacht.

f) 31. August 1999

aa) Der Beamte, der an jenem Dienstag keinen Dienst geleistet hat, war unstreitig vom 4. November 1998 bis einschließlich 31. August 1999 von Dr. D. krankgeschrieben. Die Krankschreibung sollte den Beamten von jeder Dienstleistung freistellen, bis durch ein sozialmedizinisches Gutachten seine Verwendungsfähigkeit für den Polizeivollzugsdienst geklärt war. Diese Klärung erfolgte durch das Gutachten vom 27. Juli 1999, dessen Ergebnis nebst Aufforderung zum Dienstantritt am nächsten Arbeitstag dem Beamten mit Schreiben seiner Dienststelle vom 6. August 1999 mitgeteilt wurde. Das dem Beamten durch Niederlegung zugestellte Schreiben vom 6. August 1999 hat dieser am 30. August 1999 bei der Postfiliale abgeholt. Dem Beamten kann nicht nachgewiesen werden, dass er schon zu einem früheren Zeitpunkt Kenntnis vom Ergebnis des Gutachtens hatte (vgl. Senatsbeschluss vom 18. September 2002 – BVerwG 1 DB 13.02 – Buchholz 240 § 9 BBesG Nr. 23 – im vorangehenden Verlustfeststellungsverfahren). Der Inhalt des Gutachtens wird vom Beamten nicht angegriffen. Am 1. September 1999 stellte sich der Beamte bei Dr. D. vor. Dieser Termin war auf Vermittlung des Sanitätsbeamten, Polizeihauptmeister R., zustande gekommen, der dem Beamten telefonisch mitgeteilt hatte, seine Krankschreibung bestehe fort.

bb) Nach Auffassung des Senats ist der damals nicht dienstunfähige Beamte am 31. August 1999 dem Dienst unerlaubt ferngeblieben und hat insoweit – wie angeschuldigt – vorsätzlich schuldhaft seine Pflichten gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 BBG verletzt.

Zwar ist der Senat in seinem Beschluss vom 18. September 2002 a.a.O. für den 31. August 1999 lediglich von einem „mindestens” fahrlässigen Verstoß gegen § 73 Abs. 1 Satz 1 BBG ausgegangen. Auf diese nicht abschließende Würdigung konnte sich der Senat in jenem Verfahren beschränken. Denn die Feststellung vorsätzlichen Handelns war für die Bestätigung eines Besoldungsverlusts gemäß § 9 BBesG nicht erforderlich. Der Senat ist aber deshalb nicht gehindert, im Disziplinarverfahren seine frühere Aussage konkretisierend ein vorsätzliches Verhalten – wie angeschuldigt – anzunehmen.

Der Beamte hat zumindest bedingt vorsätzlich gehandelt. Zwar bestand seine formale Krankschreibung durch den Behördenarzt bis einschließlich 31. August 1999 fort. Darauf kann sich der Beamte hier jedoch nicht mit Erfolg berufen. Die verbindliche und abschließende Entscheidung, ob sich ein krankgeschriebener Beamter im Zustand der Dienstfähigkeit befindet, ist regelmäßig von der Behörde (Dienstvorgesetzten) und nicht vom Amts- oder Betriebsarzt zu treffen. Dieser liefert hierzu lediglich das erforderliche medizinische Tatsachenmaterial und ist dem Dienstvorgesetzten gegenüber zur uneingeschränkten Auskunftserteilung verpflichtet. Im vorliegenden Fall war die Krankschreibung durch den Behördenarzt unter der „auflösenden Bedingung” einer Klärung der gesundheitlichen Eignung des Beamten für den Polizeivollzugsdienst durch ein Gutachten des Sozialmedizinischen Dienstes erfolgt. Mit dem Ergebnis des Gutachtens vom 27. Juli 1999 stand für alle Beteiligten die eingeschränkte Dienstfähigkeit des Beamten fest. Dieser war daher allein schon aufgrund seiner Kenntnis des Ergebnisses der Begutachtung gehalten, sich am nächsten Arbeitstag nach Erhalt des Schriftstückes, d.h. am 31. August 1999, zum Dienst zu melden. Ist ein Beamter nach grundsätzlich vorrangigem amts- oder betriebsärztlichem Urteil zumindest eingeschränkt dienstfähig und ist ihm dies nachweisbar bekannt, so ist er unverzüglich zum Dienstantritt verpflichtet, ohne dass es zuvor einer besonderen dienstlichen Aufforderung bedarf (vgl. dazu insgesamt Senatsbeschluss vom 18. September 2002 a.a.O.).

Der Beamte kann sich weder mit Erfolg auf einen den Vorsatz ausschließenden Tatbestandsirrtum hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals „Dienstfähigkeit” (vgl. dazu Urteil vom 9. April 2002 – BVerwG 1 D 17.01) noch auf einen Verbotsirrtum berufen. Er kannte am 30. August 1999 das sozialmedizinische Untersuchungsergebnis und die schriftliche Aufforderung seiner Dienststelle zum Dienstantritt. Damit hatte sich für ihn erkennbar die frühere „formale” Krankschreibung von Dr. D. erledigt. Da – wie erwähnt – die abschließende Entscheidung, ob sich ein krankgeschriebener Beamter im Zustand der Dienstfähigkeit befindet und bejahendenfalls zum Dienst zu erscheinen hat, vom Dienstvorgesetzten und nicht vom betriebsärztlichen Dienst zu treffen ist, bedurfte es keiner Rückfrage beim Sanitätsbeamten R. Dessen telefonische Auskunft aufgrund der ihm vorliegenden Krankenunterlagen, die Krankschreibung bestehe fort und dessen Hinweis, der Beamte solle sich mit Dr. D. in Verbindung setzen – daraufhin erschien der Beamte am 1. September 1999 bei Dr. D. –, entband den Beamten nicht von seiner Pflicht, zum Dienst zu erscheinen. Wenn er wirklich Zweifel hinsichtlich seiner Verpflichtung zum Dienstantritt gehabt hätte, hätte er sich nicht bei einem Sanitätsbeamten, sondern bei seinem Dienstvorgesetzten erkundigen müssen. Dies hat er bewusst nicht getan und kann sich deshalb nicht mit Erfolg auf einen Irrtum berufen.

Indem der Beamte am 31. August 1999 nicht zum Dienst erschienen ist, nahm er die Möglichkeit, trotz (eingeschränkter) Dienstfähigkeit seiner Pflicht zur Dienstleistung nicht nachzukommen, zumindest billigend in Kauf.

Ergebnis zu Anschuldigungspunkt 1:

Nach alledem ist der Beamte im Zeitraum 1. August 1996 bis einschließlich 31. August 1999 an insgesamt 16 Tagen, d.h. über drei Arbeitswochen, dem Dienst vorsätzlich unerlaubt ferngeblieben (Verstoß gegen § 73 Abs. 1 Satz 1 BBG) und hat in drei Fällen seine Anzeige- und Meldepflicht hinsichtlich krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit vorsätzlich verletzt (Verstoß gegen § 55 Satz 2 i.V.m. § 54 Satz 1 BBG).

Anschuldigungspunkt 2

(Vorwurf schuldhaft unterlassener Kenntnisverschaffung hinsichtlich des Ergebnisses der sozialmedizinischen Untersuchung mit der Folge etwa dreiwöchiger Abwesenheit vom Dienst)

a) Wie zu Anschuldigungspunkt 1 unter f) näher ausgeführt, erschien der Beamte nach längerer Krankschreibung erst am 1. September 1999 wieder beim ärztlichen Dienst der Behörde, was als Dienstaufnahme angesehen wurde. Das dem Beamten am 9. August 1999 durch Niederlegung zugestellte Schreiben seiner Dienststelle vom 6. August 1999, in dem er über das Ergebnis der sozialmedizinischen Untersuchung unterrichtet und zum Dienstantritt am nächsten Arbeitstag aufgefordert wurde, hat er erst am 30. August 1999 bei der Postfiliale abgeholt; das Benachrichtigungsschreiben über die niedergelegte Postsendung war bereits am 7. August 1999 in den Hausbriefkasten des Beamten eingelegt worden. Gründe, weshalb er das Schreiben nicht früher abgeholt hat, hat der Beamte nicht angegeben; die Abholung sei „untergegangen”.

Die von der Behörde ausgesprochene Feststellung des Verlusts der Dienstbezüge des Beamten für den Zeitraum vom 10. August bis einschließlich 31. August 1999 ist vom Senat durch den Beschluss vom 18. September 2002 a.a.O. mit Ausnahme der Verlustfeststellung für den 31. August 1999 aufgehoben worden.

Der Beamte, der den Sachverhalt nicht bestreitet, ist mit seiner Berufung der Ansicht, im Hinblick auf den erwähnten Senatsbeschluss dürfe sein Verhalten bei der Bemessung der Maßnahme nicht wie schuldhaftes Fernbleiben vom Dienst bewertet werden.

b) Der Beamte hat durch das festgestellte Verhalten – wie angeschuldigt – vorsätzlich schuldhaft seine Pflichten gemäß § 54 Satz 1 BBG verletzt; unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst und ein Gehorsamsverstoß (§ 55 Satz 2 BBG) werden ihm nicht zum Vorwurf gemacht.

Wenn § 54 Satz 1 BBG bestimmt, dass sich der Beamte mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen hat, so zielt diese Pflichtenregelung auf die Erfüllung der Dienstleistungspflicht in qualitativ/inhaltlicher Hinsicht. In erster Linie bedeutet dies, dass der Beamte dem Dienstherrn gegenüber verpflichtet ist, sich mit seiner vollen Arbeitskraft für die Erfüllung der Dienstaufgaben einzusetzen (Urteil vom 9. August 1994 – BVerwG 1 D 54.93). Aus dieser Verpflichtung folgt z.B. das Gebot, die Arbeitskraft im Interesse des Dienstherrn zu erhalten und eine verloren gegangene Arbeitskraft alsbald wieder herzustellen (Urteil vom 9. Januar 1980 – BVerwG 1 D 40.79 – BVerwGE 63, 322 ≪324≫; Urteil vom 26. Juli 1983 – BVerwG 1 D 98.82 – BVerwGE 76, 103 ≪104≫). Ist der Beamte krankheitsbedingt dienstunfähig und leistet vorübergehend keinen Dienst – wie hier –, so trifft ihn – auch aufgrund seiner allgemeinen Treuepflicht zum Dienstherrn – im Rahmen seiner Pflichten gemäß § 54 Satz 1 BBG die Nebenpflicht, sicherzustellen, dass ihn Mitteilungen seiner Dienststelle unverzüglich erreichen können (vgl. Senatsbeschluss vom 18. September 2002 a.a.O., vgl. dazu auch Beschluss vom 8. August 1996 – BVerwG 1 DB 10.96 – DokBerB 1996, 307; Urteil vom 24. April 1980 – BVerwG 2 C 26.77 – BVerwGE 60, 118 ≪122≫ und Urteil vom 7. September 2004 – BVerwG 1 D 20.03 – Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 28).

Dieser Verpflichtung, während berechtigter Dienstabwesenheit seine dienstliche Erreichbarkeit – durch unverzügliche Abholung des dienstlichen Schreibens vom 6. August 1999 und Kenntnisnahme von seinem Inhalt – sicherzustellen, hat der Beamte zumindest bedingt vorsätzlich zuwider gehandelt. Er war bereits im Januar 1999 sozialmedizinisch untersucht worden und musste spätestens Mitte des Jahres 1999 damit rechnen, dass ihm schriftlich oder mündlich das Untersuchungsergebnis mitgeteilt werden würde. Zwar enthielt das in den Hausbriefkasten des Beamten eingelegte Benachrichtigungsschreiben über die niedergelegte Postsendung wegen der Wahrung des Postgeheimnisses keinen Hinweis auf den Absender der Sendung (vgl. dazu Hammer/Limpert, Postdienst – Bedingungen und Entgelte –, Stand 2000, Erläuterung 3 zu Ziff. 152), d.h. der Beamte konnte nicht sogleich ersehen, dass es sich um ein Schreiben der Behörde handelte. Aufgrund der oben genannten Umstände musste sich ihm jedoch aufdrängen, dass die niedergelegte Sendung eine für ihn wichtige Mitteilung seiner Dienststelle enthalten konnte. Er war daher dienstrechtlich verpflichtet, die niedergelegte Sendung unverzüglich abzuholen und ihren Inhalt zur Kenntnis zu nehmen, zumal es keine Anhaltspunkte dafür gibt – und vom Beamten insoweit auch nichts vorgetragen wird –, dass ihm dies nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Anschuldigungspunkt 3

(Vorwurf der Störung des Betriebsfriedens durch herabsetzende Äußerungen gegenüber zwei Auszubildenden über deren Ausbilder)

a) Im September 1997 waren die damaligen Auszubildenden … Sch. und … W. dem Sachbereich Organisation/Innerer Dienst zugeordnet und wurden dort von Regierungsamtmann We. und Regierungsamtmann St. zum Verwaltungsfachangestellten ausgebildet. Die Betreuung oblag Polizeioberkommissar S. Der Beamte saß mit beiden Auszubildenden in einem Dienstzimmer.

aa) Polizeioberkommissar S. wurde zu jener Zeit von den Auszubildenden angesprochen. Diese zeigten sich besorgt darüber, ob sie ihre Probezeit überstehen würden. Hintergrund dieser Angst seien Äußerungen des Beamten gewesen, Herr St. und Herr S. seien „mit Vorsicht zu genießen”; sie würden „Sachverhalte umdrehen” und gegen sie, die Auszubildenden, verwenden. Herr We. würde gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz verstoßen, da die Auszubildenden des Öfteren über die festgelegte Arbeitszeit hinaus beschäftigt würden und für die Ausbildung ein entsprechender Ausbildungsplan nicht vorliege. Sie, die Auszubildenden, hätten zudem das Gefühl, dass der Beamte sie über ihre Ausbilder aushorche.

Dieser Sachverhalt beruht auf den in sich stimmigen Aussagen des Zeugen S. vom 4. November 1999 und vom 2. November 2000. Der Zeuge hatte den Sachverhalt am 2. Oktober 1997, d.h. tatzeitnah, in einem Vermerk niedergelegt; das Gespräch mit den beiden Auszubildenden hatte danach am 18. September 1997 stattgefunden.

bb) Der Beamte bestreitet mit seiner Berufung im Wesentlichen, die ihm zur Last gelegten Äußerungen gemacht zu haben. Beide Auszubildenden hätten sich auch nicht erinnern können, dass solche Äußerungen beleidigender oder verächtlicher Art gefallen seien.

cc) Nach Auffassung des Senats ist der dem Beamten zur Last gelegte Sachverhalt erwiesen. Die Auszubildenden haben die Aussagen des Zeugen S. weitgehend – und dies in glaubhafter Weise – bestätigt; damit stellt sich die Einlassung des Beamten als Schutzbehauptung dar.

Der Zeuge W. hatte am 28. Oktober 1999 u.a. ausgesagt, er könne sich nach über zwei Jahren an die Vorfälle natürlich nicht mehr so genau erinnern. Anfangs habe der Beamte einen netten Eindruck gemacht. Dann habe er aber über die Herren We. und St., auf jeden Fall über Herrn S., mindestens einmal negativ gesprochen. Sie würden sich „falsch” geben, machten einen freundlichen Eindruck, dächten in Wirklichkeit aber anders. Das Überziehen des Unterrichts durch Herrn We. verstoße gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz, zumal die Auszubildende Sch. damals noch keine 18 Jahre alt gewesen sei. Er, der Zeuge, sei vom Beamten nach Einzelheiten der Ausbildung befragt worden und habe sich insgesamt ausgehorcht gefühlt.

Am 11. Januar 2001 hat der Zeuge W. im Wesentlichen angegeben, er könne sich an die Vorgänge im September 1997 noch insoweit erinnern, als sich der Beamte gegenüber den Herren S., St. und We. zwar nicht beleidigend und verächtlich machend, jedoch abwertend geäußert habe. Er habe immer wieder danach gefragt, welche Aufgaben die Ausbilder den Auszubildenden übertragen hätten, und abschließend kritisiert, dass diese nicht Bestandteil der Ausbildung seien. Sie, die Auszubildenden, würden „benutzt” und müssten aufpassen. Alle drei Herren seien „falsch” und „hinterhältig”.

Die im September 1997 erst 17-jährige Zeugin Sch. hatte am 28. Oktober 1999 u.a. ausgesagt, der Beamte habe sie und den Zeugen W. ständig gefragt, was sie von Herrn S. und Herrn We. hielten und was sie im Unterricht bei Herrn We. machten. Als dieser einmal die Unterrichtszeit überzogen habe – der an diesem Tage behandelte Unterrichtsstoff sei sehr interessant gewesen –, habe sich der Beamte darüber sehr aufgeregt und gesagt, dies verstoße gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz. Im Zusammenhang mit einem anderen Vorfall habe der Beamte sinngemäß gesagt, noch ein Ding und es kracht. Sie, die Zeugin, und der Zeuge W. hätten das Gefühl gehabt, ausgehorcht zu werden und hätten, da sie noch in der Probezeit gewesen seien, Angst bekommen. Der Beamte habe wohl Herrn S. und Herrn We. „in die Pfanne hauen” wollen. Deshalb seien sie zu Herrn S. gegangen und hätten ihm berichtet. Anschließend hätten sie versucht, sich von dem Beamten fernzuhalten.

Am 11. September 2000 hat die Zeugin Sch. ihre früheren Aussagen im Wesentlichen wiederholt. Ergänzend hat sie angegeben, an eine Äußerung des Beamten, Herr S. sei „falsch”, könne sie sich heute nicht mehr erinnern. Dies gelte auch im Hinblick auf „nachweislich falsche Äußerungen” des Beamten oder „konkrete Äußerungen beleidigender oder verächtlicher Art gegenüber Herrn S. und Herrn We.”. Die Zeugin hat aber bestätigt, sie hätten damals gedacht, der Beamte habe Herrn S. und Herrn We. „in die Pfanne hauen” wollen.

b) Durch sein objektiv unkollegiales Verhalten hat der Beamte vorsätzlich die Pflicht zur Wahrung des Betriebsfriedens als Teil der Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 54 Satz 3 BBG; vgl. dazu Urteil vom 4. April 2001 – BVerwG 1 D 15.00 – Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 27) verletzt. Soweit der Beamte gegenüber den Zeugen W. und Sch. wiederholt das dienstliche Verhalten ihrer Ausbilder kritisiert hat, ergibt sich aus der Art und Weise und aus dem Inhalt der von den Zeugen bekundeten Äußerungen des Beamten, dass es diesem nicht um die Verbesserung der Ausbildung – insoweit wären Kritik und Widerspruch dienstrechtlich möglicherweise nicht zu beanstanden –, sondern um eine persönliche Herabsetzung der Ausbilder S., We. und St. ging. Dies zeigt sich zum einen an dem Bemühen des Beamten, die Zeugen W. und Sch. über ihre Ausbilder „auszuhorchen”. Der Beamte hat seine Kritik auch nie gegenüber den Ausbildern selbst angebracht, was ebenfalls dafür spricht, dass er in den Auszubildenden lediglich Verbündete im Konflikt mit seinen Vorgesetzten gesucht hat. Der Beamte kann sich für sein Verhalten auch nicht mit Erfolg auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen (vgl. § 193 StGB) berufen. Dieser Rechtfertigungsgrund findet im Disziplinarrecht keine Anwendung (Urteil vom 13. Dezember 2000 – BVerwG 1 D 34.98 – Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 24 = NJW 2001, 3280 = DÖD 2001, 217 = ZBR 2002, 139 m.w.N.).

Mit seinen negativen und abfälligen Bemerkungen gegenüber den Zeugen W. und Sch. über deren Ausbilder hat der Beamte aber nicht nur den Betriebsfrieden erheblich gestört, sondern hat auch gravierend in das Vertrauensverhältnis zwischen Ausbildern und Auszubildenden eingegriffen; auch dies verstößt gegen § 54 Satz 3 BBG. Die hierdurch hervorgerufene Verunsicherung bei den Zeugen W. und Sch. war so groß, dass diese Angst um den Erfolg ihrer Ausbildung bekamen. Dabei ist es rechtlich unerheblich, ob diese Angst objektiv begründet war. Entscheidend war die vorhersehbar negative Auswirkung der Äußerungen auf den Betriebsfrieden in der Dienststelle.

Anschuldigungspunkt 4

„Belästigung” des Auszubildenden W.)

a) Der Auszubildende … W. hat am 28. Oktober 1999 als Zeuge u.a. ausgesagt, der Beamte habe ihm gegenüber während der Arbeitszeit und mindestens drei-, viermal bei privaten Telefonanrufen geäußert, dass er ihn „nett finde”, mit ihm „gut reden könne” und er ihn „so lieb habe wie seine Mutter”. Bei den Telefonanrufen habe er ihn, den Zeugen, auch gefragt, ob man sich nicht einmal treffen wolle. Diese „Anmache” sei ihm, dem Zeugen, sehr unangenehm gewesen. Er habe das Gefühl gehabt, dass der Beamte schwul sein könne. Bei den Anrufen zu Hause habe er sich teilweise von seinen Eltern verleugnen lassen.

Am 11. Januar 2001 hat der Zeuge seine früheren Aussagen im Wesentlichen wiederholt, aber angegeben, der Beamte habe sich mindestens fünfmal privat bei ihm telefonisch gemeldet. Ergänzend hat der Zeuge ausgesagt, da er unsicher gewesen sei, wie das Verhalten des Beamten aufzufassen sei und er, der Zeuge, auch Hemmungen gehabt habe, habe er den Beamten nicht darauf angesprochen. Er habe so wenig wie möglich mit ihm zu tun haben wollen. Seine Eltern hätten dem Beamten wohl klar gemacht, dass er nicht mehr anrufen solle.

Der Beamte, der einräumt, den Zeugen aus dienstlichen Gründen zweimal privat angerufen zu haben, ist im Wesentlichen der Ansicht, die subjektive Empfindlichkeit des Zeugen sei objektiv nicht berechtigt und auch für ihn nicht vorhersehbar gewesen und daher disziplinarrechtlich unerheblich.

b) Der Senat hat den Beamten vom Vorwurf pflichtwidrigen Verhaltens freigestellt. Ein fahrlässiges achtungs- und vertrauensunwürdiges Verhalten (§ 54 Satz 3 BBG) ist ihm nicht nachzuweisen. Zugunsten des Beamten ist insgesamt von drei Anrufen zu Hause und einem jedenfalls objektiv als – mit den Worten des Zeugen – „Anmache” im Dienst zu verstehenden einmaligen Verhalten auszugehen. Trotz der im Übrigen glaubhaften Zeugenaussagen folgt der Senat insoweit der tatzeitnäheren ersten Zeugenaussage. In diesem Umfang hat das aus der Sicht des Zeugen unerwünschte Verhalten des Beamten die Hürde einer Dienstpflichtverletzung noch nicht überschritten; es fehlt ihm insoweit an Gewicht und Evidenz, um disziplinarrechtlich relevant zu sein (sog. Bagatellverfehlung, vgl. dazu BVerfGE 39, 334 ≪350≫ zur politischen Treuepflicht).

Schon von ihrem objektiven Inhalt her sind die festgestellten Äußerungen kaum geeignet, als achtungs- und vertrauensunwürdig eingestuft zu werden. Sie sind weder ehrenrührig noch kränkend. Nichts anderes ergibt sich aus den äußeren Umständen des Aussageverhaltens des Beamten. So mangelt es an Anhaltspunkten für ein hartnäckiges und aufdringliches Einwirken auf den Zeugen. Dabei ist weiter von Bedeutung, dass der Zeuge W. zur behaupteten „Tatzeit” – nach den Feststellungen im Anschuldigungspunkt 3 in der Zeit ab September 1997 – bereits volljährig war und in keinem Abhängigkeitsverhältnis zum Beamten stand.

Anschuldigungspunkt 5

„Nichtbefolgung” polizeiärztlich angeordneter diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen während Zeiten vorübergehender Dienstunfähigkeit)

a) Der damals im Zentralbereich Sachbereich 2 der Behörde, d.h. im Verwaltungsdienst, eingesetzte Beamte war in der Zeit vom 21. November bis 27. November 2000 sowie vom 1. Dezember 2000 bis 4. März 2001 krankheitsbedingt dienstunfähig und infolgedessen dienstabwesend. Während dieser Zeit befand er sich zunächst in ständiger Behandlung bei Medizinaloberrat Dr. D. Im Februar 2001 teilte Dr. D. dem Sachbereich Personal der Behörde mit, dass der Beamte ärztliche Termine nicht wahrgenommen und den Genesungsprozess beschleunigende und unterstützende Maßnahmen verweigert habe. Daraufhin erteilte der Behördenleiter dem Beamten am 15. Februar 2001, ausgehändigt am 5. März 2001, eine „Dienstliche Weisung hinsichtlich Ihrer Mitwirkungspflicht zur Gesunderhaltung”. Das Schreiben hat u.a. folgenden Wortlaut:

„Ich weise Sie darauf hin, dass Sie gemäß § 54 Satz 1 BBG alle gebotenen und zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen haben, um Ihre Dienstfähigkeit wieder herzustellen. Die Verletzung der Pflichten stellt ein Dienstvergehen im Sinne des § 77 Abs. 1 BBG dar und wird disziplinarrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Im Rahmen der Ihnen obliegenden Mitwirkungspflicht zur Wiederherstellung der Dienstfähigkeit nach § 54 Satz 1 BBG gebe ich Ihnen daher auf,

  • abgesprochene ärztliche Termine einzuhalten,
  • den Genesungsprozess beschleunigende und unterstützende Maßnahmen, die Ihnen seitens Dr. D. angeboten werden, wahrzunehmen.”

Der Zeuge Dr. D. hat am 10. Juli 2001 u.a. ausgesagt, der Beamte sei zwar seit dem 13. November 2000 regelmäßig bei ihm erschienen – zuletzt am 2. April 2001, zuvor am 19. Februar 2001 –, Facharzttermine habe er jedoch nicht immer eingehalten, da es häufig zu einem Arztwechsel gekommen sei. Insbesondere wegen seiner chronischen Erkrankungen habe er, der Zeuge, den Beamten in regelmäßigen Abständen, zuletzt im Februar 2001, aufgefordert, sich einer Blutuntersuchung zu unterziehen. Diesen Aufforderungen sei der Beamte nicht nachgekommen. Wegen einer anderen internistischen Erkrankung (Stoffwechsel) sei der Beamte seit dem 4. Oktober 1999 in seiner Behandlung gewesen und damals aus diesem Grunde dienstunfähig geschrieben worden. Erstmals am 12. November 1999 habe er dem Beamten empfohlen, wegen seiner Stoffwechselprobleme einen Internisten aufzusuchen. Gleichlautende Aufforderungen seien bis Februar 2001 ausgesprochen worden, ohne dass der Beamte dem nachgekommen sei. Mindestens seit September 1996 habe er, der Zeuge, den Beamten auf sein Alkoholproblem hingewiesen. Seine, des Zeugen, Aufzeichnungen zur Alkoholproblematik des Beamten reichten bis August 2000; seit Juni/Juli 2000 stehe er, der Zeuge, deshalb in Kontakt mit der Behördenleitung. Dem Beamten sei zu dieser Zeit die Durchführung einer Entziehungskur empfohlen worden. Dies habe der Beamte jedoch mit dem Hinweis, er sei inzwischen abstinent, abgelehnt. Er, der Zeuge, habe den Beamten auch wiederholt darauf hingewiesen, dass er zur Gesunderhaltung seinen Blutdruck kontrollieren und sein Gewicht reduzieren müsse. Lediglich dem zuletzt genannten Verlangen sei er ansatzweise nachgekommen. Insbesondere habe er es auch abgelehnt, an der von ihm, dem Zeugen, geleiteten Diätgruppe teilzunehmen und die Angebote zur sportlichen Betätigung wahrzunehmen. Ferner habe er, der Zeuge, dem Beamten für seine Stoffwechselerkrankung Medikamente zur Dauermedikation verschrieben. Der Beamte habe sich lediglich ein Rezept ausstellen lassen, aber kein weiteres Rezept nachgefordert. Ob er die Medikamente vorschriftsgemäß eingenommen habe, könne er nicht beurteilen. Aufgrund des Ergebnisses einer Blutuntersuchung im November 2000 müsse dies jedoch bezweifelt werden.

Der Beamte hat sich über seinen Verteidiger im Wesentlichen dahin eingelassen, dass er am 30. Oktober 2000 dem Zeugen Dr. D. das Vertrauen entzogen habe und dann überhaupt nicht mehr zur direkten Behandlung bei diesem gewesen sei. Bei Fachärzten habe er alle Termine wahrgenommen. Laboruntersuchungen hätten wieder einen normalisierten Harnsäurespiegel und Blutdruckmessungen durch Dr. D. wieder einen unauffälligen Blutdruck ergeben. Der erhöhte Blutdruck habe länger zurückgelegen. Zu dieser positiven gesundheitlichen Entwicklung habe der von ihm, dem Beamten, ausgeübte Fahrradsport beigetragen. Noch im Sommer 2000 habe er der Durchführung einer Alkoholentziehungstherapie zugestimmt gehabt. Zwischenzeitlich habe er aber auch sein Alkoholproblem in den Griff bekommen, so dass sowohl eine Alkoholentziehungskur als auch eine Teilnahme an einer Diätgruppe nicht mehr angezeigt gewesen seien; eine dienstlich geleitete Diätgruppe habe es zudem nicht gegeben. Aufgrund dieser günstigen Entwicklung habe auch der Behördenleiter nicht mehr auf der Durchführung einer Entziehungstherapie bestanden. Seine Depressionen habe er ebenfalls überwunden.

b) In diesem Anschuldigungspunkt hat der Senat den Beamten ebenfalls vom Vorwurf pflichtwidrigen Verhaltens freigestellt.

Auch wenn dem Beamten unter Hinweis auf die „Dienstliche Weisung” vom 15. Februar 2001 u.a. zur Last gelegt wird, polizeiärztlich angeordnete diagnostische und therapeutische Maßnahmen während Zeiten vorübergehender Dienstunfähigkeit „nicht befolgt” zu haben, so wird doch nicht der Vorwurf weisungswidrigen Verhaltens erhoben. Es handelt sich bei dem Schreiben vom 15. Februar 2001 im Wesentlichen um eine Belehrung über die Dienstpflichten des Beamten gemäß § 54 Satz 1 BBG (Gesunderhaltungspflicht) und die Folgen einer Pflichtverletzung. Soweit dem Beamten im Rahmen dessen aufgegeben wurde, ärztliche Termine einzuhalten und von Dr. D. angebotene Maßnahmen wahrzunehmen, sind darin keine eigenständigen dienstlichen Anordnungen zu sehen, die Grundlage eines Gehorsamsverstoßes gemäß § 55 Satz 2 BBG sein können (vgl. dazu auch Urteil vom 22. Januar 1991 – BVerwG 1 D 23.90 – DokBerB 1991, 161 m.w.N.). § 55 Satz 2 BBG ist deshalb in der Anschuldigungsschrift auch nicht erwähnt. Im Übrigen erfasst Anschuldigungspunkt 5 nur den Zeitraum krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit bis zum 4. März 2001; die „Dienstliche Weisung” ist dem Beamten aber erst am nachfolgenden Tag ausgehändigt und damit bekannt gegeben worden. Sie kann daher hier nicht Grundlage der disziplinarrechtlichen Beurteilung sein.

Entgegen der Auffassung der Vorinstanz hat der Beamte auch nicht gegen § 54 Satz 1 BBG verstoßen. Das Gebot, sich mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen, umfasst die Verpflichtung zur Erhaltung der Gesundheit. Ein vorübergehend dienstunfähiger Beamter muss nicht nur alles ihm Zumutbare tun, um seine Arbeitskraft so rasch wie möglich wieder herzustellen. Er hat auch alles zu unterlassen, was einer raschen Wiederherstellung seiner Dienstfähigkeit entgegenwirken könnte. Dabei setzt die Annahme einer Pflichtverletzung nach § 54 Satz 1 BBG nicht voraus, dass im konkreten Fall ein bestimmtes Verhalten den Gesundungsprozess nachweisbar hinausgezögert hat. Es reicht vielmehr aus, wenn das gezeigte Verhalten wegen einer ernstlich zu besorgenden Gefährdung generell geeignet ist, in der gegebenen Situation die alsbaldige und nachhaltige Genesung zu beeinträchtigen (stRspr, z.B. Urteil vom 15. August 2000 – BVerwG 1 D 77.98 – m.w.N.). Eine solche Schlussfolgerung kann hier für die Dienstabwesenheitszeiten 21. November bis 27. November 2000 sowie vom 1. Dezember 2000 bis 4. März 2001 nicht gezogen werden. Die Wertung, das vom Zeugen Dr. D. beschriebene und mit der Anschuldigungsschrift gerügte Verhalten des Beamten sei generell geeignet, seinen Gesundungsprozess während der krankheitsbedingten Fehlzeiten zu verzögern, setzt die Kenntnis der jeweiligen Erkrankung als Ursache der jeweiligen Dienstabwesenheit voraus (vgl. Urteil vom 15. August 2000 a.a.O.). Daran mangelt es hier.

Die Tatsache der – zwischen den Beteiligten unstreitigen – krankheitsbedingten Dienstabwesenheit des Beamten in den genannten Zeiträumen ist von der Einleitungsbehörde und dem Bundesdisziplinaranwalt ohne nähere Hinweise auf die medizinischen Ursachen in die Anschuldigung aufgenommen worden. Da dem Beamten insoweit kein unentschuldigtes Fernbleiben vom Dienst zur Last gelegt wird, ist davon auszugehen, dass er damals privat- oder polizeiärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen oder Atteste vorgelegt hat. Diese befinden sich jedoch nicht bei den Akten. Zudem enthalten Arbeits- und Dienstunfähigkeitsbescheinigungen wegen der ärztlichen Schweigepflicht regelmäßig keine Hinweise auf die zugrunde liegende Erkrankung. Dies wird durch die in den Akten befindlichen Atteste, die andere Zeiten der Dienstunfähigkeit des Beamten betreffen, bestätigt.

Ungeachtet dessen hält es der Senat nicht für erwiesen, dass das angeschuldigte Verhalten des Beamten ursächlich und objektiv erheblich war, um eine Verzögerung des Heilungsprozesses in den angegebenen Krankheitszeiträumen ernstlich zu besorgen (vgl. Urteil vom 20. Mai 1998 a.a.O. m.w.N.). Dies gilt zunächst für die unterbliebene Blutuntersuchung. Nach Aussage des Zeugen Dr. D. fand eine solche immerhin im November 2000 statt. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die zwischen Januar und März 2001 angeordnete, aber unterbliebene Blutuntersuchung auf die Dauer der damaligen Dienstunfähigkeit nachteilig ausgewirkt hat. Auch hinsichtlich der übrigen Vorwürfe (Unterbleiben der Blutdruck-Kontrolle, Gewichtsreduktion, Dauermedikation, Nichtaufsuchen eines Internisten) lässt sich nicht feststellen, dass dieses Verhalten jeweils generell geeignet war, den Gesundungsprozess hinauszuzögern. Im Übrigen ist dem Beamten nicht zu widerlegen, dass er durch Befolgung einzelner ärztlicher Therapievorschläge sowie durch Eigentherapierung zumindest einen Teil seiner gesundheitlichen Probleme reduziert und damit dazu beigetragen hat, seinen Gesundungsprozess zu fördern. Dies gilt auch für das Alkoholproblem. Nach eigenen Angaben war der Beamte im Sommer 2000 mit der Durchführung einer Entziehungskur einverstanden. Unstreitig ist es ihm in der Zeit danach – wann, ist nicht bekannt – gelungen, seine Alkoholproblematik zu überwinden mit der Folge, dass sowohl der behandelnde Arzt als auch der damalige Dienstvorgesetzte nicht mehr auf der Durchführung einer Therapie beharrten.

2. Das aufgrund der festgestellten Pflichtverletzungen in den Anschuldigungspunkten 1, 2 und 3 vom Beamten vorsätzlich begangene, einheitliche Dienstvergehen (§ 77 Abs. 1 Satz 1 BBG) ist von nicht unerheblichem Gewicht und macht eine Kürzung seiner Dienstbezüge auf die Dauer von drei Jahren erforderlich.

a) Setzt sich das Dienstvergehen aus mehreren Dienstpflichtverletzungen zusammen, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung. Dies ist hier nach den Feststellungen im Anschuldigungspunkt 1 das vorsätzliche unerlaubte Fernbleiben vom Dienst an insgesamt 16 Tagen, d.h. über drei Arbeitswochen, und die unentschuldigte Dienstabwesenheit an drei Tagen. Das Gebot, überhaupt zum Dienst zu erscheinen, ist, wie der Senat in ständiger Rechtsprechung betont (vgl. zuletzt Urteil vom 26. Februar 2004 – BVerwG 1 D 3.03 – m.w.N.), Grundpflicht eines jeden Beamten. Ohne die pflichtgemäße Dienstleistung ihrer Mitarbeiter im Rahmen der Dienstpläne wäre die Verwaltung – hier der Bundesgrenzschutz – nicht im Stande, die ihr gegenüber der Allgemeinheit obliegenden Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen. Deshalb kann einem Beamten, der ohne triftigen Grund nicht zum vorgeschriebenen Dienst erscheint, nicht mehr das Vertrauen entgegengebracht werden, das für eine gedeihliche Zusammenarbeit unerlässlich ist. Verweigert ein Beamter den Dienst für einen längeren Zeitraum oder wiederholt – auch für kürzere Zeitspannen –, so ergibt sich die Notwendigkeit, das Beamtenverhältnis einseitig zu lösen, regelmäßig schon aus der Gesamtdauer der Dienstverweigerung selbst sowie aus dem Umstand, dass das Erfordernis der Dienstleistung und damit die Bedeutung ihrer Unterlassung für jedermann leicht zu erkennen ist.

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Senat die Höchstmaßnahme stets in den Fällen ausgesprochen, in denen der Beamte ununterbrochen oder in Teilschritten annähernd vier Monate oder gar länger unerlaubt vorsätzlich dem Dienst ferngeblieben war (z.B. Urteile vom 12. Juni 1997 – BVerwG 1 D 10.95 – und vom 10. Juni 1998 – BVerwG 1 D 39.96 – insoweit in Sammlung Buchholz nicht abgedruckt). Schon bei einem schuldhaft ungenehmigten Fernbleiben vom Dienst von ununterbrochen ca. sieben Wochen bewegt sich die zu verhängende Maßnahme – je nach den Umständen des Einzelfalls – im Grenzbereich zwischen Dienstentfernung und Degradierung, wenn der Beamte vorsätzlich gehandelt hat (Urteil vom 22. April 1991 – BVerwG 1 D 62.90 – BVerwGE 93, 78 = DokBerB 1999, 189).

Nach diesem Maßstab der Dauer des vorsätzlich unerlaubten Fernbleibens vom Dienst ist hier der Ausspruch einer längerfristigen Gehaltskürzung erforderlich. Unter der Geltung des § 9 Abs. 1 Satz 1 BDO hat es der Senat im Fall eines sich aufgrund einer Degradierung im Eingangsamt seiner Laufbahn befindenden Beamten, der dem Dienst drei Wochen vorsätzlich und eine Woche fahrlässig ferngeblieben war, privatärztliche Bescheinigungen verspätet vorgelegt hatte und zur bahnärztlichen Untersuchung sowie zur Vorsprache bei der Dienststelle nicht erschienen war, bei der vom Bundesdisziplinargericht verhängten Gehaltskürzung auf die Dauer von vier Jahren belassen (Urteil vom 6. Dezember 1994 – BVerwG 1 D 78.93 –). Ergänzend ist in dem Urteil ausgeführt, angesichts der Dauer des Fernbleibens vom Dienst wäre zwar der Ausspruch der Höchstlaufzeit der Gehaltskürzung (fünf Jahre) gerechtfertigt. Aus hier nicht zu erörternden Gründen jenes Einzelfalls bringe jedoch auch die Laufzeit von vier Jahren das Gewicht des Dienstvergehens hinreichend zum Ausdruck, so dass es nicht geboten erscheine, von der Festsetzung des Bundesdisziplinargerichts abzuweichen.

b) Wie der Senat mit Urteil vom 8. September 2004 a.a.O. entschieden hat, beurteilt sich unter der Geltung des Bundesdisziplinargesetzes die Höchstlaufzeit einer Gehaltskürzung auch in so genannten Altfällen, die – wie hier – verfahrensrechtlich noch nach der Bundesdisziplinarordnung fortzuführen sind, wegen der in der Herabsetzung von höchstens fünf auf höchstens drei Jahre liegenden materiellrechtlichen Besserstellung der Beamten nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BDG; entsprechendes gilt für die Möglichkeit der Abkürzung der Laufzeit des Beförderungsverbotes (§ 8 Abs. 4 Satz 2 BDG; s. dazu unten zu 4.). Danach hält es der Senat hier für erforderlich, den gesetzlichen Höchstrahmen des § 8 Abs. 1 Satz 1 BDG von drei Jahren Laufzeit der Kürzung der Dienstbezüge auszuschöpfen.

Neben der Hauptverfehlung im Anschuldigungspunkt 1 kommt insbesondere dem Fehlverhalten im Anschuldigungspunkt 2 nicht unerhebliches Gewicht zu. Zwar liegt insoweit kein unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst vor. Die Auswirkung der Pflichtverletzung stellt sich jedoch für die Dienststelle nicht anders als ein unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst dar und ist deshalb entsprechend zu gewichten. Der Beamte hat bewusst Nebenpflichten verletzt mit der Folge, dass er seiner Dienstleistungspflicht erst mit etwa dreiwöchiger Verzögerung nachkommen konnte. Die in diesem Verhalten insgesamt zum Ausdruck kommende Dienstauffassung lässt – ebenso wie auch das wiederholte unentschuldigte Fernbleiben vom Dienst – erkennen, dass der Beamte seine persönlichen Interessen und Vorstellungen ohne Rücksicht auf die Notwendigkeiten eines geordneten Dienstbetriebes und eines kollegialen Umgangs in der Dienststelle verfolgt hat. Dies hat bei den Kollegen nachweislich viel Unmut ausgelöst.

Hinzu kommt das Fehlverhalten im Anschuldigungspunkt 3. Indem sich der Beamte gegenüber den jungen Auszubildenden grundlos negativ und abfällig über ihre Ausbilder geäußert hat, hat dieser in erheblichem Umfang den Betriebsfrieden und die Grundsätze der Kollegialität verletzt. Solche Äußerungen über Vorgesetzte, Kollegen und Mitarbeiter führen zu Spannungen in der Dienststelle, die für den Ablauf der Dienstgeschäfte abträglich sind. Sie binden Verwaltungskapazitäten, die eigentlich der Erledigung der Dienstgeschäfte zugute kommen müssten. Deshalb ist es ein ebenso legitimes wie dringendes Anliegen jeder Verwaltung, dass die Dienstkräfte im gegenseitigen Umgang die Zurückhaltung üben, die im Interesse eines von Spannungen weitgehend freien gegenseitigen Verhältnisses geboten und damit geeignet ist, den Betriebsfrieden zu sichern. Wer dieses Gebot nicht beachtet und durch grundlos negative und abfällige Bemerkungen über Kollegen das betriebliche Klima schuldhaft belastet, macht sich einer nicht unerheblichen Pflichtwidrigkeit schuldig (vgl. Urteil vom 13. Januar 1988 – BVerwG 1 D 127.86: u.a. fortgesetzte üble Nachrede gegenüber Vorgesetzten; vgl. auch Urteil vom 6. Juli 1987 – BVerwG 1 D 142.86 – ZBR 1987, 383 = DokBerB 1987, 263 = RiA 1987, 264: heimliche Tonbandaufnahme eines Gesprächs mit dem Dienstvorgesetzten und Vorspielen gegenüber Kollegen, und Urteil vom 15. März 2000 – BVerwG 1 D 58.98: verbale Angriffe gegen Kollegen).

Insgesamt muss das Dienstvergehen des Beamten mangels beachtlicher – und auch nicht geltend gemachter – Milderungsgründe mit einer spürbaren Kürzung der Dienstbezüge von drei Jahren geahndet werden.

c) Während die Laufzeit der Gehaltskürzung durch die Schwere des Dienstvergehens bestimmt wird, sind für die Festlegung des Kürzungsbruchteils die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beamten maßgebend. Bei Beamten des mittleren Dienstes, wie im vorliegenden Fall, wird die Quote regelmäßig auf ein Zwanzigstel festgesetzt (Urteil vom 21. März 2001 – BVerwG 1 D 29.00BVerwGE 114, 88). Auf diesen Kürzungssatz ist auch hier – insoweit in Übereinstimmung mit der Vorinstanz – zu erkennen.

3. Dem Ausspruch einer Kürzung der Dienstbezüge steht weder nach altem Recht (§ 4 BDO) noch nach neuem Recht (§ 15 BDG) ein Verfolgungs- oder Maßnahmeverbot wegen Zeitablaufs entgegen.

a) Eine „Verfolgungsverjährung” gemäß § 4 BDO ist noch nicht eingetreten. Nach Absatz 2 der Vorschrift darf ein mit einer Gehaltskürzung zu ahndendes Dienstvergehen nicht mehr verfolgt werden, wenn seit dem Dienstvergehen mehr als drei Jahre verstrichen waren, bevor das förmliche Disziplinarverfahren eingeleitet worden ist. Diese Drei-Jahresfrist ist im vorliegenden Fall beachtet worden. Der Fristenlauf beginnt bei einem aus mehreren Pflichtverletzungen bestehenden Dienstvergehen – wie hier – mit Vollendung der zeitlich letzten Pflichtverletzung; erst zu diesem Zeitpunkt ist das Dienstvergehen vollendet (vgl. Urteil vom 8. September 1988 – BVerwG 1 D 70.87 – ZBR 1989, 245 = DokBerB 1989, 21 = RiA 1989, 133). Das war hier am 31. August 1999 (Anschuldigungspunkt 1 f)). Die Einleitungsverfügung datiert bereits vom 10. Juli 2000 und ist dem Beamten und seinem Verteidiger am 17. Juli 2000 zugestellt worden.

b) Im Ergebnis nichts anderes müsste gelten, wenn – zugunsten des Beamten – § 15 BDG Anwendung finden sollte. Nach Absatz 2 der Vorschrift darf eine Kürzung der Dienstbezüge – dies entspricht der Gehaltskürzung nach altem Recht (§ 85 Abs. 2 Nr. 1 BDG) – nicht mehr ausgesprochen werden, wenn seit der Vollendung des Dienstvergehens – hier am 31. August 1999 – mehr als drei Jahre vergangen sind. Hiervon abgesehen ist diese Vorschrift jedoch auf Altfälle nicht anzuwenden. Auch wenn das Maßnahmeverbot wegen Zeitablaufs (§ 15 Abs. 1 bis 3 BDG) und seine Rechtsfolgen materiellrechtlicher Natur sind (vgl. Gansen, BDG, § 15 Rn. 1; Weiss in: GKÖD, Band II, Teil 6, BDG § 14 Rn. 1 und § 15 Rn. 1) und einem Beamten in so genannten Altverfahren nach der Bundesdisziplinarordnung grundsätzlich eine günstigere materiellrechtliche Regelung nach neuem Recht zugute kommen muss (vgl. Urteile vom 17. März 2004 – BVerwG 1 D 23.03BVerwGE 120, 218 und vom 8. September 2004 a.a.O.), so gilt dies nicht im Hinblick auf den Zeitablauf bei einer verwirkten Kürzung der Dienstbezüge (§ 15 Abs. 2 BDG; im Urteil vom 8. September 2004 a.a.O. konnte der Senat die Frage der Geltung des § 15 Abs. 2 BDG für Altfälle noch offen lassen, weil auch bei sinngemäßer Anwendung der Unterbrechungs- und Hemmungstatbestände des § 15 Abs. 4 und 5 BDG noch kein maßnahmehindernder Zeitablauf eingetreten war). Denn das neue Recht ist für den Beamten im Kern nicht günstiger als das alte Recht. Nach § 4 Abs. 2 BDO und § 15 Abs. 2 BDG sind sowohl Beginn (Vollendung des Dienstvergehens) und Dauer der „Verjährungsfrist” (Drei-Jahresfrist) gleich. Es gibt lediglich unterschiedliche vorläufige bzw. endgültige Fristenbeendigungstatbestände, die an die unterschiedliche gesetzliche Ausgestaltung des behördlichen und gerichtlichen Disziplinarverfahrens nach altem und neuem Recht anknüpfen (vgl. § 4 Abs. 2 BDO einerseits, § 15 Abs. 4 und 5 BDG andererseits). Insoweit sind die Verfahrensregeln nach neuem Recht für den Beamten nicht günstiger, sondern anders und damit nicht vergleichbar. Sie beanspruchen im Rahmen des § 15 Abs. 2 BDG nur Anwendung auf Disziplinarverfahren, die nach dem Bundesdisziplinargesetz (§§ 17 ff.) eingeleitet worden sind (vgl. dazu auch Urteil vom 17. März 2004 a.a.O.: „Die Verjährung mit ihren auf den Verfahrensgang bezogenen Besonderheiten der Regelungen über die Unterbrechung und Hemmung von Fristen steht hier nicht zur Diskussion”).

4. Der Senat hat im Rahmen seines Ermessens gemäß § 8 Abs. 4 Satz 2 BDG davon abgesehen, die Laufzeit des mit der Kürzung der Dienstbezüge verbundenen dreijährigen Beförderungsverbotes abzukürzen, zumal der Beamte erst im Juli 2004 die Laufbahn gewechselt hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 114 Abs. 2 und § 115 Abs. 5 BDO. Maßgebend für die Kostenquote ist der in der Berufungsschrift angekündigte Antrag des Beamten auf Ausspruch einer Maßnahme unterhalb der Kürzung der Dienstbezüge. Mit dem Antrag in der Berufungsschrift wird das Ziel des Rechtsmittels bestimmt (vgl. Urteil vom 8. September 2004 a.a.O. m.w.N.).

 

Unterschriften

Albers, Richter am Bundesverwaltungsgericht Mayer befindet sich im Urlaub und ist gehindert zu unterschreiben. Albers, Müller

 

Fundstellen

ZBR 2005, 315

PersV 2006, 66

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