Entscheidungsstichwort (Thema)

Jugendvertretung. Weiterbeschäftigungsanspruch des Mitgliedes einer –. Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Nichteinhaltung der Dreimonatsfrist

 

Normenkette

BPersVG § 9 Abs. 1-4

 

Verfahrensgang

OVG für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein (Urteil vom 20.10.1982; Aktenzeichen P OVG L 3/82)

VG Schleswig-Holstein (Gerichtsbescheid vom 06.05.1982; Aktenzeichen P1 1/82)

 

Tenor

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein – Fachsenat für Personalvertretungssachen des Landes Schleswig-Holstein – vom 20. Oktober 1982 und der Gerichtsbescheid des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – Fachkammer für Personalvertretungssachen des Landes Schleswig-Holstein – vom 6. Mai 1982 werden aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Aufgrund des Berufsausbildungsvertrages vom 25. Mai 1978 bildete die Klägerin, die Stadt L., den Beklagten von August 1978 bis Juli 1981 zum Verwaltungsangestellten in der Kommunalverwaltung aus. Ab März 1979 war der Beklagte Ersatzmitglied der Beteiligten zu 2, der Jugend- und Ausbildungsvertretung der Stadt; im August 1980 trat er für ein ausgeschiedenes Mitglied in diese Personalvertretung ein. Mit Schreiben vom 25. Februar 1981 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, daß sie bereit sei, ihn nach Abschluß der Ausbildung in ein Angestelltenverhältnis zu übernehmen, wenn er die Abschlußprüfung mit der Note „befriedigend” oder besser bestehe; andernfalls werde das Rechtsverhältnis zur Stadt mit Bestehen der Prüfung enden. Eine etwa bestehende Übernahmepflicht nach dem Personalvertretungsrecht werde hiervon nicht berührt. Der Beklagte beantragte daraufhin mit Schreiben vom 2. März 1981 gemäß § 9 Abs. 2 BPersVG die Übernahme in ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit.

Nachdem der Beklagte die Abschlußprüfung am 25. Juni 1981 nicht bestanden hatte, wurde der Berufsausbildungsvertrag am folgenden Tag bis zur Ablegung der nächstmöglichen Wiederholungsprüfung verlängert. Am 25. August 1981 teilte das Ausbildungszentrum für Verwaltung – Verwaltungs- und Sparkassenschule – in Bordesholm dem Beklagten mit, daß er zu dem nächstmöglichen Verwaltungsabschlußlehrgang zugelassen werde und daß der Lehrgang voraussichtlich am 19. November 1981 beginnen werde. Eine Abschrift dieses Schreibens ging der Klägerin am 31. August 1981 zu. Der Beklagte, der im April 1981 wiederum für die folgende Amtszeit Ersatzmitglied der Beteiligten zu 2 geworden war, beantragte daraufhin mit Schreiben vom 12. Oktober 1981 erneut die Übernahme in ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit. Mit Schreiben vom 24. November 1981 gab ihm die Klägerin bekannt, daß er am 263. Verwaltungsabschlußlehrgang in Bordesholm teilnehmen könne, wobei die mündliche Prüfung am 5. Februar 1982 stattfinden solle. Am 18. Januar 1982 wies sie ihn darauf hin, daß nach einer ihm bekannten Grundsatzentscheidung, die vor einigen Jahren in Übereinstimmung mit der Personalvertretung getroffen worden sei, bei der Stadtverwaltung Prüfungswiederholer nicht in das Angestelltenverhältnis übernommen würden; davon abgesehen könne er auch deshalb nicht in den Dienst der Stadtverwaltung übernommen werden, weil er zu den leistungsschwächsten Auszubildenden gehöre. Der Beklagte hat wegen vorübergehender Verhinderung eines ordentlichen Mitgliedes vertretungsweise an den Sitzungen der Jugend- und Ausbildungsvertretung am 29. Juni 1981, am 2. September 1981 und am 9. Dezember 1981 teilgenommen. Am 5. Februar 1982 bestand er die Wiederholungsprüfung mit der Note „ausreichend”. Sein am 8. Februar 1982 mündlich geäußerter Antrag auf Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis wurde von der Klägerin abgelehnt.

Am 17. Februar 1982 hat die Klägerin Klage erhoben mit dem Antrag,

das zwischen ihr und dem Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis gemäß § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BPersVG aufzulösen.

Sie hat geltend gemacht, daß das Weiterbeschäftigungsverlangen des Beklagten nicht den Anforderungen des § 9 Abs. 2 BPersVG genüge. Denn der Beklagte habe den Antrag nicht innerhalb der letzten drei Monate vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses gestellt. Außerdem sei ihr eine Weiterbeschäftigung des Beklagten nicht zuzumuten, da nur wenige freie Planstellen zu vergeben seien, für die leistungsstärkere Bewerber zur Verfügung stünden.

Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag mit der Begründung stattgegeben, daß der Klägerin die Weiterbeschäftigung des Beklagten nicht zugemutet werden könne. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufungen des Beklagten und der Beteiligten gegen diese Entscheidung zurückgewiesen, im wesentlichen aus folgenden Erwägungen:

Gegen die Zulässigkeit auch der von den Beteiligten eingelegten Berufung beständen keine Bedenken. Diese Vertretungen seien am Verfahren beteiligt, ohne daß es einer Beiladung nach § 65 VwGO bedürfe. Die Regelung des § 9 Abs. 4 Satz 2 BPersVG begründe neben dem § 63 Nr. 4 2. Alternative VwGO eine unmittelbar wirkende sondergesetzliche Verfahrensbeteiligung.

Die Rechtsmittel könnten aber keinen Erfolg haben. Die Klage sei fristgerecht erhoben und auch sonst zulässig. Im Anschluß an das erfolgreich beendete Ausbildungsverhältnis des Beklagten sei zwischen ihm und der Klägerin ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit begründet worden. Der Beklagte habe zwar entgegen § 9 Abs. 2 BPersVG nicht innerhalb der letzten drei Monate vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses von der Klägerin schriftlich seine Weiterbeschäftigung verlangt. Die Regelung des § 9 Abs. 2 BPersVG gelte auch für den Fall, daß das Ausbildungsverhältnis erst mit der Wiederholungsprüfung erfolgreich abgeschlossen werde. Die Klägerin müsse sich jedoch nach dem auch im öffentlichen Recht anwendbaren Rechtsgedanken des § 162 Abs. 1 BGB so behandeln lassen, als habe der Beklagte ein Weiterbeschäftigungsverlangen rechtswirksam erklärt. Denn sie habe es entgegen § 9 Abs. 1 BPersVG pflichtwidrig unterlassen, dem Beklagten drei Monate vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses schriftlich mitzuteilen, daß sie beabsichtige, ihn nach erfolgreicher Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses nicht in ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Dauer zu übernehmen. Das Schreiben vom 25. Februar 1981 enthalte keine derartige Erklärung, da ihm als Negativaussage allenfalls entnommen werden könne, daß der Beklagte mit einer Übernahme in ein Angestelltenverhältnis auf unbestimmte Zeit nicht rechnen könne, wenn er die Abschlußprüfung im ersten Anlauf nicht bestehe. Hingegen könne in dem Schreiben keine Verlautbarung der Absicht, den Beklagten nicht zu übernehmen, gesehen werden, weil im Februar 1981 die von der Klägerin für eine Ablehnung als wesentlich angesehene Tatsache, daß der Beklagte sich der Abschlußprüfung im ersten Anlauf erfolglos unterzogen hatte, noch nicht eingetreten gewesen sei. Die Klägerin habe in der Zeit vor dem 5. November 1981 unschwer in Erfahrung bringen können, daß das Berufsausbildungsverhältnis des Beklagten voraussichtlich am 5. Februar 1982 enden würde.

Die Klage sei auch begründet. Der Klägerin könne nicht entgegengehalten werden, daß sie die Auflösung des mit dem Beklagten begründeten Arbeitsverhältnisses deshalb nicht verlangen könne, weil sie eine fristgemäße Mitteilung nach § 9 Abs. 1 BPersVG unterlassen habe. Daraus könne nicht die Rechtsfolge hergeleitet werden, daß die Klägerin das Antragsrecht, durch Richterspruch von der Pflicht zur Weiterbeschäftigung entbunden zu werden, verwirkt habe oder die Geltendmachung dieses Rechts sonst treuwidrig wäre. Dies sei nicht möglich, weil der Gesetzgeber in § 9 Abs. 5 BPersVG statuiert habe, daß Absatz 4 des § 9 BPersVG unabhängig davon anzuwenden sei, ob der Arbeitgeber seiner Mitteilungspflicht nach Absatz 1 nachgekommen sei. Mit § 9 Abs. 5 BPersVG habe der Gesetzgeber insofern eine besondere gesetzliche Regelung getroffen, die eine Berufung auf die allgemeinen Grundsätze des § 162 und des § 242 BGB in Fällen der vorliegenden Art ausschließe. Der Auszubildende sei auch hinreichend dadurch geschützt, daß im Falle einer unterlassenen Mitteilung des Arbeitgebers nach § 9 Abs. 1 BPersVG ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als begründet gelte.

Es seien auch die materiellrechtlichen Voraussetzungen für die Auflösung des zwischen dem Beklagten und der Klägerin begründeten Arbeitsverhältnisses gegeben. Unter Berücksichtigung der bei Abschluß der Ausbildung bestehenden Sachlage sei es der Klägerin nicht zuzumuten, den Beklagten weiter zu beschäftigen. Es sei rechtlich nicht zu beanstanden, daß die Klägerin bei der Besetzung der vier frei werdenden BAT VIII-Planstellen für Verwaltungsangestellte einem bei ihr langjährig beschäftigten Verwaltungsangestellten sowie drei Auszubildenden, die die Abschlußprüfung im ersten Anlauf mit der Note „befriedigend” bestanden hätten, Vorrang eingeräumt habe. Diese Bewerber seien gegenüber dem Beklagten als deutlich leistungsstärker angesehen worden. Damit habe die Klägerin im Rahmen des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums gehandelt, der auch in Fällen, in denen ein Bewerber während seiner Ausbildung Mitglied eines Personalrats oder einer Jugendvertretung gewesen sei, nicht beseitigt sei. Die Klägerin habe zur Darlegung des Einstellungshindernisses hinreichend gewichtige Gründe vorgebracht. Diese Rechtsauffassung führe nicht dazu, daß die Unabhängigkeit in der Ausübung des dem Mitglied des Personalrates oder der Jugendvertretung zukommenden Amtes gefährdet sei. Eine Bevorzugung des Beklagten gegenüber leistungsstärkeren Bediensteten würde vielmehr eine ungerechtfertigte Begünstigung bedeuten.

Gegen dieses Urteil haben der Beklagte und die Beteiligten die vom Berufungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Sie beantragen sinngemäß,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein vom 20. Oktober 1982 und den Gerichtsbescheid des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 6. Mai 1982 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Beklagte macht geltend, das Berufungsgericht habe bei seiner Entscheidung zu Unrecht ausschließlich auf die betrieblichen Interessen abgestellt, ohne jedoch den Schutzzweck des § 9 BPersVG zugunsten des Auszubildenden zu berücksichtigen. Der Begriff der Unzumutbarkeit sei im Sinne eines Einstellungshindernisses auszulegen. Ein Einstellungshindernis sei nicht schon dann gegeben, wenn der durch § 9 BPersVG geschützte Auszubildende weniger qualifiziert sei als andere Auszubildende, die für die Übernahme in ein Arbeitsverhältnis in Betracht kämen. Ein Einstellungshindernis liege erst bei objektiv feststehender Untauglichkeit vor. Die Prüfung der Unzumutbarkeit müsse unter Berücksichtigung aller Umstände erfolgen, wobei ein besonders strenger Maßstab anzulegen sei. Durch § 9 BPersVG solle dem in einem Berufsausbildungsverhältnis stehenden Jugendvertreter ähnlich wie seinen in einem Arbeitsverhältnis stehenden Kollegen und Personalratsmitgliedern weitgehender Schutz vor einer Beendigung seiner Amtszeit bzw. innerhalb eines Jahres nach Beendigung der Amtszeit gegeben werden.

Die Beteiligten rügen ebenfalls die Verletzung des § 9 Abs. 4 BPersVG und führen aus, die hier notwendige Interessenabwägung zwischen dem Bestreben der Klägerin, möglichst qualifizierte Bewerber einzustellen, und dem Schutz des Amtes des Mitgliedes einer Ausbildungsvertretung sei nicht sachgerecht vorgenommen worden. Das alleinige Abstellen auf Leistungskriterien weite die Unzumutbarkeitsklausel unzulässig aus. Der Beklagte habe jedenfalls die Grundvoraussetzung für eine Übernahme in den öffentlichen Dienst erfüllt.

Die Klägerin beantragt,

die Revisionen zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Revisionen, über die mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, sind begründet. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufungen des Beklagten und der Beteiligten gegen den erstinstanzlichen Gerichtsbescheid zu Unrecht zurückgewiesen. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen.

Die Vorinstanz ist zwar zu Recht davon ausgegangen, daß auch die Berufungen der Beteiligten zulässig waren, da nach der – gemäß § 107 Satz 2 BPersVG für die Länder entsprechend geltenden – Regelung des § 9 Abs. 4 Satz 2 BPersVG in den die Weiterbeschäftigung eines Auszubildenden betreffenden personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren die Personalvertretung und gegebenenfalls auch die Jugendvertretung stets beteiligt sind; einer besonderen Beiladung des Personalrats und der Jugend- und Ausbildungsvertretung durch Beschluß des Verwaltungsgerichts (vgl. § 65 VwGO) bedurfte es daher in diesem Verfahren, das nach den Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung durchzuführen ist, nicht. Der Personalrat und die Jugend- und Ausbildungsvertretung haben in dem Verfahren nach § 9 Abs. 4 BPersVG ohne weiteres die Rechtsstellung von Beteiligten. Das Oberverwaltungsgericht hätte jedoch die Klage unter Aufhebung des von dem Verwaltungsgericht erlassenen Gerichtsbescheides abweisen müssen, weil zwischen der Klägerin und dem Beklagten nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses kein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit begründet worden war.

Streitgegenstand des Verfahrens ist der Antrag der Klägerin, „das zwischen ihr und dem Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis gemäß § 9 Abs. 4 Nr. 2 BPersVG aufzulösen”. Diesen Antrag hat sie auch in der Berufungsinstanz gestellt, so daß auch das Oberverwaltungsgericht lediglich darüber zu entscheiden hatte, ob die Voraussetzungen des § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BPersVG für die Auflösung eines etwa zwischen der Klägerin und dem Beklagten begründeten Arbeitsverhältnisses gegeben sind. Eine Umdeutung dieses Klagebegehrens in einen Feststellungsantrag im Sinne des § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BPersVG kommt nicht in Betracht. Wie der erkennende Senat in BVerwGE 62, 364 (367 ff.) ausgeführt hat, haben die Anträge nach § 9 Abs. 4 Satz 1 Nrn. 1 und 2 BPersVG eine prozeß- und materiellrechtlich unterschiedliche Wirkung. Während der Feststellungsantrag das Ziel verfolgt, den Eintritt der rechtlichen Folge des Weiterbeschäftigungsantrages des Auszubildenden, nämlich die Begründung eines Arbeitsverhältnisses, zu verhindern, ist ein Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses, der eine Gestaltung zum Gegenstand hat, dann geboten, wenn die an das Weiterbeschäftigungsverlangen des Auszubildenden geknüpfte Rechtsfolge bereits eingetreten ist. Im Hinblick auf diesen unterschiedlichen Streitgegenstand der in § 9 Abs. 4 BPersVG vorgesehenen Anträge ist eine Rückumwandlung des Auflösungsantrages in einen Feststellungsantrag ausgeschlossen (vgl. BAG, Urteil vom 15. Januar 1980 – 6 AZR 361/79 – ≪AP Nr. 9 zu § 78 a BetrVG 1972≫).

Die Klägerin hat die Klage allerdings nicht nur damit begründet, daß ihr die Weiterbeschäftigung des Beklagten nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses nicht zugemutet werden könne. Sie hat außerdem darauf hingewiesen, daß der Beklagte nach ihrer Auffassung das Verlangen auf Weiterbeschäftigung nicht innerhalb der letzten drei Monate vor Beendigung des Ausbildungsverhältnisses geltend gemacht habe. Dieses Vorbringen kann aber nicht zu einer Auslegung des Klageantrages dahin führen, daß neben der Auflösung des Arbeitsverhältnisses – hilfsweise – auch eine Feststellung im Sinne des § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BPersVG erstrebt wird. Denn die Klägerin mußte für den Fall, daß sie mit ihrem eigentlichen Klagebegehren nicht durchdringen sollte und deshalb eine Feststellung des Gerichts im Sinne des § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BPersVG verlangt, dies ausdrücklich in dem in der letzten mündlichen Verhandlung gestellten Antrag zum Ausdruck bringen. Dies ist jedoch nicht geschehen.

Dem hiernach allein auf die Auflösung eines Arbeitsverhältnisses gerichteten Klageantrag kann jedoch schon deshalb nicht entsprochen werden, weil entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts bei Beendigung des Ausbildungsverhältnisses des Beklagten kein Arbeitsverhältnis begründet worden ist, das gemäß § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BPersVG aufgelöst werden könnte. Nach § 9 Abs. 2 BPersVG gilt, wenn ein in Absatz 1 genannter Auszubildender innerhalb der letzten drei Monate vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses schriftlich vom Arbeitgeber seine Weiterbeschäftigung verlangt, zwischen dem Auszubildenden und dem Arbeitgeber im Anschluß an das erfolgreiche Ausbildungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als begründet. Der Beklagte erfüllte zwar als Mitglied der bei der Klägerin gebildeten Jugend- und Ausbildungsvertretung die persönlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift. Dabei kann hier offenbleiben, ob die Schutzwirkung des § 9 BPersVG deshalb eingetreten war, weil er während der Verlängerung des Berufsausbildungsverhältnisses vertretungsweise an mehreren Sitzungen dieser Personalvertretung mitgewirkt hat (vgl. Urteil vom 25. Juni 1986 – BVerwG 6 P 27.84 – ≪BVerwGE 74, 280 = ZBR 1986, 306 = DVBl. 1986, 954≫). Der Beklagte konnte sich bei Abschluß des Berufsausbildungsverhältnisses nämlich jedenfalls auf den nachwirkenden Schutz des § 9 Abs. 3 BPersVG berufen, wonach die Absätze 1 und 2 der Vorschrift auch dann gelten, wenn das Ausbildungsverhältnis vor Ablauf eines Jahres nach Beendigung der Amtszeit der Personalvertretung oder der Jugendvertretung erfolgreich endet. Denn er war im August 1980 als Ersatzmitglied für ein ausgeschiedenes Mitglied in die Jugend- und Ausbildungsvertretung nachgerückt und gehörte dieser damit bis zum Ablauf der zweijährigen Amtszeit am 29. März 1981 als ordentliches Mitglied an. Im Zeitpunkt des Bestehens der Wiederholungsprüfung am 5. Februar 1982 war somit die Jahresfrist des § 9 Abs. 3 BPersVG noch nicht abgelaufen.

Der Beklagte hat jedoch seine Übernahme in ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit entgegen § 9 Abs. 2 BPersVG nicht innerhalb der letzten drei Monate vor Beendigung des Ausbildungsverhältnisses beantragt. Die Frist berechnete sich vom Zeitpunkt des erfolgreichen Abschlusses der Ausbildung an und begann daher am 5. November 1981 zu laufen. Der Antrag des Beklagten vom 12. Oktober 1981 wurde demnach bereits vor Beginn der Frist gestellt, während das mündliche Weiterbeschäftigungsverlangen vom 8. Februar 1982 nicht nur verspätet war, sondern außerdem nicht der Schriftform genügte. Der Beklagte kann demgegenüber nicht geltend machen, daß die Klägerin ihre Fürsorgepflicht ihm gegenüber verletzt habe, indem sie zu dem Weiterbeschäftigungsverlangen vom 12. Oktober 1981 geschwiegen und ihn nicht auf die Nichteinhaltung der Dreimonatsfrist aufmerksam gemacht habe. Sie konnte vielmehr, nachdem der Beklagte bereits vor der ersten Abschlußprüfung einen Übernahmeantrag gestellt hatte, davon ausgehen, daß dem Beklagten die Voraussetzungen für die Begründung eines Arbeitsverhältnisses gemäß § 9 Abs. 2 BPersVG bekannt waren. Davon abgesehen war die Klägerin nicht verpflichtet, zugunsten des Beklagten die Einhaltung der für das Weiterbeschäftigungsverlangen geltenden Frist zu kontrollieren bzw. den Beklagten darauf aufmerksam zu machen, daß er noch kein fristgerechtes Übernahmeverlangen gestellt habe (vgl. BAG, Urteil vom 31. Oktober 1985 – 6 AZR 557/84 – ≪Der Betrieb 1986, 700≫ zu § 78 a Abs. 2 BetrVG). Der Beklagte hätte vielmehr, nachdem er bei Bekanntgabe des Prüfungstermins erkannt hatte, daß sein Weiterbeschäftigungsverlangen verfrüht gestellt war, dieses zur Wahrung der Frist noch einmal schriftlich gegenüber der Klägerin wiederholen müssen.

Schließlich hat die Klägerin entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ihre Pflicht gemäß § 9 Abs. 1 BPersVG dem Beklagten mitzuteilen, ihn nicht in ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit übernehmen zu wollen, erfüllt. Denn sie hat dem Beklagten mit Schreiben vom 25. Februar 1981 mitgeteilt, daß sie nur dann zu einer Weiterbeschäftigung nach der Berufsausbildung bereit sei, wenn dieser die Abschlußprüfung mit der Note „befriedigend” oder besser bestehe; andernfalls würde das Rechtsverhältnis zur Stadt mit Bestehen der mündlichen Prüfung enden. Diese Erklärung galt ersichtlich auch für den Fall einer Verlängerung des Ausbildungsverhältnisses und Wiederholung der Abschlußprüfung. Der Beklagte hat sich denn auch in seinem zweiten Weiterbeschäftigungsantrag vom 12. Oktober 1981 ausdrücklich auf die Mitteilung der Klägerin vom 25. Februar 1981 bezogen. Bei dieser Sachlage braucht auf die vom Berufungsgericht erörterte Frage, ob sich der Arbeitgeber nach dem allgemeinen Rechtsprinzip des § 162 Abs. 1 BGB bei Unterlassung der Mitteilung gemäß § 9 Abs. 1 BPersVG so behandeln lassen muß, als habe der Auszubildende ein Weiterbeschäftigungsverlangen wirksam erklärt (vgl. hierzu den o.a. Beschluß des BAG vom 31. Oktober 1985), nicht eingegangen zu werden. Im übrigen stellt § 9 Abs. 5 BPersVG ausdrücklich klar, daß die Absätze 2 bis 4 unabhängig davon anzuwenden sind, ob der Arbeitgeber seiner Mitteilungspflicht nach Abs. 1 nachgekommen ist.

Nach alledem müssen die Revisionen des Beklagten und der Beteiligten Erfolg haben. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

 

Unterschriften

Dr. Eckstein, Dr. Schinkel, Nettesheim, Ernst, Dr. Seibert

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1212416

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