Verfahrensgang

VG Berlin (Aktenzeichen 3 A 24.96)

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 25. Juni 1999 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten um die Zuordnung des im Grundbuch von Berlin-Mitte, Flur 42122, eingetragenen Flurstücks 35 mit einer Größe von 10 552 m².

Das streitbefangene Grundstück stand seit 1923 im Eigentum des Deutschen Reichs (Reichs- Post- und Telegraphenverwaltung). Nach Überführung in Eigentum des Volkes wurde die Rechtsträgerschaft an dem Grundstück zunächst der Deutschen Post – Bezirksdirektion für Post- und Fernmeldewesen Groß-Berlin –, später der Humboldt-Universität zu Berlin übertragen.

Auf dem Gelände wurden nach 1978, aber vor 1989, mehrere Gebäude errichtet, in denen bis 1997 die Zentralwäscherei der zur Humboldt-Universität gehörenden Universitätsklinik Charité betrieben wurde. Eines der Gebäude wurde teilweise auch zur Lagerung verbrauchter Chemikalien aus den Labors der Charité genutzt.

Im April 1995 wies das Bundesministerium für Post und Telekommunikation das streitbefangene Grundstück im Rahmen der Aufteilung des ehemaligen Sondervermögens Deutsche Post auf die Teilsondervermögen der Unternehmen der Deutschen Bundespost der Klägerin zu.

Mit Bescheid vom 20. Dezember 1995 ordnete die Beklagte das streitbefangene Grundstück dem Land Berlin zu und lehnte den Zuordnungsantrag der Klägerin ab. Zur Begründung führte sie an, das Grundstück sei an den maßgeblichen Stichtagen für eine Verwaltungsaufgabe des Landes Berlin genutzt worden.

In dem hiergegen angestrengten verwaltungsgerichtlichen Verfahren hat die Klägerin beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des ergangenen Bescheids zu verpflichten, das Grundstück ihr zuzuordnen. Sie vertritt die Auffassung, ihr Zuordnungsanspruch sei zum einen selbst bei früherer Nutzung des Grundstücks für Verwaltungszwecke nicht ausgeschlossen. Zum anderen sei die Nutzung als Zentralwäscherei einer Universitätsklinik keine Nutzung zu Verwaltungszwecken, denn der Betrieb einer Wäscherei sei weder selbst eine hoheitliche Tätigkeit, noch bedürfe es zwingend einer in öffentlicher Regie geführten Wäscherei zum Betrieb eines Krankenhauses.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Es könne offen bleiben, ob das streitbefangene Grundstück – wie die Klägerin annimmt – Bestandteil des Sondervermögens der Deutschen Post im Sinne von Art. 27 Abs. 1 Satz 1 Einigungsvertrag (EV) sei. Denn jedenfalls sei die Zuordnung des Grundstücks an die Klägerin gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 VZOG ausgeschlossen, weil das Grundstück am 25. Dezember 1993 für eine öffentliche Aufgabe genutzt worden sei, deren Erfüllung nicht der Klägerin oblegen habe. Die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 VZOG lägen hier vor. Die „Nutzung für eine öffentliche Aufgabe” im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 VZOG sei gleichbedeutend mit der Nutzung als Verwaltungsvermögen im Sinne von Art. 21 Abs. 1 Satz 1 EV, die dann gegeben sei, wenn ein Vermögensgegenstand „unmittelbar bestimmten Verwaltungsaufgaben dient”.

Für die Eigenschaft als Verwaltungsvermögen komme es entgegen der Auffassung der Klägerin nicht darauf an, ob die wahrgenommene Verwaltungsaufgabe eine dem Staat als Hoheitsträger obliegende Aufgabe sei, die nicht auch in privatrechtlicher Form erfüllt werden könne. Erfasst würden vielmehr sämtliche Aufgaben, die öffentlichen Zwecken dienten, somit auch solche, deren Erfüllung nicht zwingend den Einsatz hoheitlicher Mittel verlangten.

Ausgehend hiervon sei das streitbefangene Grundstück wegen der auf dem Gelände zum maßgeblichen Stichtag, dem 25. Dezember 1993, betriebenen Zentralwäscherei der Charité als Verwaltungsvermögen einzustufen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Revision der Klägerin, zu deren Begründung diese ergänzend Folgendes vorträgt: Das Verwaltungsgericht habe den Begriff des Verwaltungsvermögens verkannt. Im Sinne von Art. 21 Abs. 1 Satz 1 EV diene Vermögen „unmittelbar” einer bestimmten Verwaltungsaufgabe nur dann, wenn es zur Erfüllung der staatlichen Aufgabe erforderlich sei. Dies sei bei einer Klinikwäscherei schon deshalb nicht der Fall, weil Krankenhäuser heutzutage üblicherweise die Reinigung der Wäsche nicht mehr selbst betrieben, sondern von privatrechtlichen Einrichtungen vornehmen ließen. Dies gelte mittlerweile auch für die Charité. Für die Qualifizierung eines Vermögensgegenstandes als Verwaltungsvermögen sei aber Voraussetzung, dass die öffentliche Aufgabe zwingend hoheitlich wahrgenommen werden müsse.

Die Beklagte und der Beigeladene verteidigen das angegriffene Urteil und verweisen hierzu insbesondere auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Begriff des Verwaltungsvermögens.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision, über die mit dem erklärten Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden wird (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuordnung des streitgegenständlichen Grundstücks.

Das Verwaltungsgericht hat zugunsten der Klägerin unterstellt, dass das streitgegenständliche Grundstück zum Sondervermögen Deutsche Post gehört habe und somit die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 27 Abs. 1 Satz 1 und 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 EV als der allein in Betracht zu ziehenden Anspruchsgrundlage vorliegen. Eine Berufung auf diese Bestimmung sei jedoch ausgeschlossen, wenn der begehrte Vermögensgegenstand zum maßgeblichen Zeitpunkt für Aufgaben eines (anderen) Trägers öffentlicher Verwaltung (Art. 21 Abs. 1 Satz 1 EV) genutzt worden sei. Letzteres entspricht der inzwischen durch mehrere Entscheidungen gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Senats. Im Hinblick auf das Sondervermögen Deutsche Reichsbahn hat der Senat zuletzt in seinem Urteil vom 3. August 2000 (– BVerwG 3 C 21.00 – ≪zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung vorgesehen≫) ausgeführt, dass eine stichtagsgerechte Verwaltungsnutzung eines früher volkseigenen Vermögensgegenstandes auch dann zu einem gesetzlichen Eigentumsübergang zugunsten des jeweiligen Trägers öffentlicher Verwaltung führe, wenn zugleich die Voraussetzungen des Art. 26 Abs. 1 Satz 1 EV vorliegen. Der Vorrang des Funktions- vor dem Restitutionsprinzip habe in § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 VZOG seinen Ausdruck gefunden und treffe auch auf das Verhältnis zwischen einem Träger öffentlicher Verwaltung und der Deutschen Bahn zu, die sich auf Art. 26 Abs. 1 Satz 1 EV berufe. Was in diesem Urteil zum Sondervermögen Deutsche Reichsbahn ausgeführt worden ist, hat gleichermaßen Gültigkeit für das in Art. 27 EV geregelte Sondervermögen Deutsche Post (vgl. Beschlüsse vom 30. Dezember 1999 – BVerwG 3 B 143.99 – und vom 6. Juli 2000 – BVerwG 3 B 60.00 –), denn das Vermögenszuordnungsgesetz und damit dessen § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 gilt für Eigentumsübergänge oder -übertragungen nach Maßgabe sowohl des Art. 26 als auch des Art. 27 EV (§ 17 Satz 1 VZOG).

Der revisionsrichterlichen Überprüfung hält überdies die weitere entscheidungstragende Annahme des Verwaltungsgerichts stand, das streitgegenständliche Grundstück habe auch bei Inkrafttreten des § 11 VZOG – also am 25. Dezember 1993 – (noch) einer Verwaltungsaufgabe im Sinne von Art. 21 Abs. 1 Satz 1 EV gedient, wodurch ein möglicher Anspruch der Klägerin ausgeschlossen worden sei. Dabei kann offen bleiben, ob die auf dem Grundstück wahrgenommene Aufgabe eine solche des beigeladenen Landes oder der Humboldt-Universität war. Selbst wenn letzteres der Fall gewesen sein sollte und das Grundstück somit der Universität auf deren Antrag hin hätte zugeordnet werden müssen (Art. 21 Abs. 2 EV), erwüchse daraus keine Rechtsposition der Klägerin, die durch die Zuordnung an den Beigeladenen hätte verletzt werden können.

Der Einwand der Revision, die Reinigung der in einer Universitätsklinik benutzten Wäsche in der klinikeigenen Zentralwäscherei sei keine Verwaltungsaufgabe in dem von Art. 21 Abs. 1 Satz 1 EV vorausgesetzten Sinn, folglich handele es sich bei dem Grundstück nicht um zuordnungsfähiges Verwaltungsvermögen, greift nicht durch.

Art. 21 Abs. 1 Satz 1 EV definiert als Verwaltungsvermögen dasjenige Vermögen, das unmittelbar bestimmten Verwaltungsaufgaben dient. Der darin enthaltenen Abgrenzung zum (öffentlichen) Finanzvermögen liegt das herkömmliche Verständnis dieser Begriffe im deutschen Verwaltungsrecht zugrunde. Das bedeutet, dass auch bei der Bewertung des Zweckes, zu dem der Vermögensgegenstand genutzt worden ist, auf die durch die Rechtsprechung entwickelten Grundsätze Bedacht zu nehmen ist (vgl. Beschlüsse des Senats vom 18. September 1998 – BVerwG 3 B 25.98 – Buchholz 111 Art. 21 EV Nr. 29 und vom 30. Dezember 1999 – BVerwG 3 B 143.99 –). Diese besagen, dass ein die Zugehörigkeit zum Verwaltungsvermögen rechtfertigender Zweck zu bejahen ist, wenn die betreffende Sache unmittelbar durch ihren Gebrauch dem Gemeinwohl oder den eigenen Bedürfnissen der öffentlichen Verwaltung (dauernd) zu dienen bestimmt ist und insoweit öffentlichen Rechtsvorschriften unterliegt (Beschluss vom 18. September 1998 – BVerwG 3 B 25.98 – a.a.O). Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die betreffende Aufgabe von dem Verwaltungsträger überhaupt oder gerade in dieser Weise wahrgenommen werden musste oder ob mit ihrer Durchführung auch private Einrichtungen hätten beauftragt werden können. Es reicht aus, dass die Aufgabe als eine öffentliche zu qualifizieren ist. Wie die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts belegt, kann dies auch dann der Fall sein, wenn die Aufgabe mit Mitteln wahrgenommen wird, die von einer privaten Aufgabenerfüllung nicht zu unterscheiden ist, also eines hoheitlichen Moments entbehren. Als Verwaltungsvermögen im Sinne von Art. 21 Abs. 1 Satz 1 EV anerkannt wurden beispielsweise eine Kindertagesstätte (Urteil vom 28. September 1995 – BVerwG 7 C 57.94 – BVerwGE 99, 283, 285), ein Jugendtouristhotel (Beschluss vom 10. November 1999 – BVerwG 3 B 132.99 –), ein Behördenparkplatz (Beschluss vom 30. Dezember 1999 – BVerwG 3 B 143.99 –), ein Universitätssportplatz (Beschluss vom 20. März 2000 – BVerwG 3 B 11.00 –) sowie ein Studentenwohnheim (Beschluss vom 29. September 2000 – BVerwG 3 B 68.00 –). In all diesen Fällen handelt es sich um die Nutzung von Vermögensgegenständen „für eine öffentliche Aufgabe” im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 VZOG. Nichts anderes kann für die Zentralwäscherei der Charité gelten.

Unbestreitbar stellt der Betrieb eines Universitätsklinikums eine Verwaltungsaufgabe, das hierfür genutzte Grundstück somit Verwaltungsvermögen dar. Dies betrifft nicht allein die Kernaufgaben einer solchen Einrichtung – also etwa Forschung, Lehre und Krankenversorgung – und die hierfür bereitgestellten Gebäude. Die dem Gemeinwohl dienende Verwaltungsaufgabe umfasst vielmehr auch alle logistischen Hilfsfunktionen, die der Betrieb eines Klinikums typischerweise mit sich bringt und vom Verwaltungsträger in eigener Regie erbracht werden. Hierzu gehören entgegen der Ansicht der Revision die Reinigung der Klinikwäsche und die Aufbewahrung von Labormaterialien ebenso wie etwa die Essenzubereitung oder die Wärmeversorgung. Eine Zuordnung der für solche Zwecke genutzten Grundstücke kann daher nur an den Verwaltungsträger erfolgen, der sie stichtagsgerecht genutzt hat. Hieran scheitert der Anspruch der Klägerin.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

 

Unterschriften

Prof. Dr. Driehaus, van Schewick, Dr. Borgs-Maciejewski, Kimmel, Dr. Brunn

 

Fundstellen

NVwZ 2001, 809

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