Entscheidungsstichwort (Thema)

Abkürzung der Äußerungsfrist des Personalrats. Voraussetzungen der Dringlichkeit. Ziel, die Unterbrechung der Beschäftigung eines Zeitangestellten möglichst kurz zu halten. Rechtshängigkeit des Verfahrens bei abstrakter Fassung (Umstellung) eines Antrags auf Feststellung der Verletzung von Mitbestimmungsrechten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird in einem gerichtlichen Verfahren ein Antrag, der bislang einzelfallbezogen auf die Feststellung einer konkreten Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Personalrats gerichtet war, auf eine abstrakte Feststellung der Verletzung des Mitbestimmungsrechts umgestellt, so ist das Verfahren mit diesem (neuen) Streitgegenstand von diesem Zeitpunkt an rechtshängig. Weitere Umstellungen von Anträgen in anderen Verfahren mit denselben Beteiligten, die auf inhaltsgleiche Feststellungen abzielen, sind sodann nicht mehr zulässig.

2. Der Dienststellenleiter darf die Äußerungsfrist des Personalrats nur dann wegen Dringlichkeit des Vorhabens abkürzen, wenn wichtige Gründe vorliegen, insbesondere ein (weiterer) Aufschub zu erheblichen Nachteilen führen würde. Das Ziel, die Unterbrechung der Beschäftigung eines Zeitangestellten möglichst kurz zu halten, kann eine solche Abkürzung (hier von zehn auf sieben Arbeitstage) rechtfertigen.

 

Normenkette

BaWüPersVG § 69 Abs. 2 S. 4; GVG § 17 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

VGH Baden-Württemberg (Beschluss vom 23.11.1993; Aktenzeichen PL 15 S 2876/92)

VG Stuttgart (Entscheidung vom 14.10.1992; Aktenzeichen PVS-L 18/92)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg – Fachsenat für Personalvertretungssachen – vom 23. November 1993 wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 8.000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Verfahrensbeteiligten streiten darüber, ob die vertragslose Weiterbeschäftigung einer Angestellten durch ein Institut der Universität mitbestimmungspflichtig ist. Ferner geht es um die Befugnis des Beteiligten, die Äußerungsfrist des Personalrats von zehn auf sieben Arbeitstage abzukürzen.

Der Beteiligte stellte zum 1. September 1987 Frau Sybille B. (später Z.) als chemisch-technische Assistentin beim Institut für Netzwerk- und Systemtheorie für das Projekt „Labor für Bildschirmtechnik” ein; das Arbeitsverhältnis wurde bis zum 30. Juni 1992 befristet. Unter dem 6. Mai/1. Juni 1992 bat das Institut den Beteiligten, den Arbeitsvertrag der Angestellten bis zum 31. Dezember 1993 zu verlängern; das betreffende Projekt laufe noch bis Ende 1993. Mit Schreiben an den antragstellenden Personalrat der Universität vom 24. Juni 1992 – am selben Tag (Mittwoch) bei diesem eingegangen – beantragte der Beteiligte die Zustimmung zur Weiterbeschäftigung der Angestellten ab 1. Juli 1992 (Mittwoch) bis zum 31. Dezember 1993. Zugleich erklärte er, er müsse in dem zeitlich besonders dringenden Fall die Äußerungsfrist auf sieben Arbeitstage abkürzen.

Mit Schreiben an den Beteiligten vom 7. Juli 1992 – am selben Tag dort eingegangen – verweigerte der Antragsteller die Zustimmung, wobei er zur Begründung angab: Die beabsichtigte Befristung bis zum 31. Dezember 1993 sei unzulässig, da die Angestellte am 31. August 1992 die tarifvertragliche Fünfjahresgrenze für eine befristete Beschäftigung erreiche. Die Äußerungsfrist sei zu Unrecht abgekürzt worden, so daß sie erst am 8. Juli 1992 ablaufe. Selbst die abgekürzte Äußerungsfrist sei am 3. Juli 1992, also zwei Tage nach dem vorgesehenen Beginn der Weiterbeschäftigung, abgelaufen.

Unter dem 9. Juli 1992 teilte der Beteiligte dem Antragsteller mit, die vorgebrachten Gründe seien unbeachtlich, weil der Personalrat bezüglich der Befristung von Arbeitsverhältnissen kein Mitbestimmungsrecht habe. Er schloß mit Frau Z. einen neuen Arbeitsvertrag ab, nämlich vom 4. Juli 1992 bis zum 31. Dezember 1993.

Am 20. August 1992 hat der Antragsteller das Verwaltungsgericht angerufen und zunächst beantragt,

festzustellen, daß der beteiligte Rektor das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers bei der Einstellung im Zusammenhang mit der Weiterbeschäftigung der Frau Z. über den 1. Juli 1992 hinaus verletzt hat.

Mit Beschluß vom 14. Oktober 1992 hat das Verwaltungsgericht dem Antrag stattgegeben und die begehrte Feststellung ausgesprochen.

Gegen diesen Beschluß hat der Beteiligte form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt. Er hat geltend gemacht, daß ihm Handlungen des Institutsleiters in bezug auf die Annahme der Arbeitsleistungen nicht zugerechnet werden könne; auch sei ihm kein Organisationsverschulden vorzuwerfen. Die Äußerungsfrist habe abgekürzt werden dürfen, um die Belange des Arbeitnehmers an einer Weiterbeschäftigung, die nach Möglichkeit zeitlich eng an das bisherige Beschäftigungsverhältnis anknüpfe, zu wahren.

Der Beteiligte hat beantragt,

den Beschluß des Verwaltungsgerichts vom 14. Oktober 1992 zu ändern und die Anträge des Antragstellers abzulehnen.

Der Antragsteller ist im Beschwerdeverfahren von seinem bisherigen, den konkreten Fall betreffenden Feststellungsbegehren auf ein allgemein gehaltenes Begehren übergegangen. Er hat demgemäß beantragt,

die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts vom 14. Oktober 1992 mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß folgende Feststellungen getroffen werden:

  1. Der Beteiligte verletzt das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers aus § 76 Abs. 1 Nr. 1 LPVG, wenn ein Institut der Universität einen Angestellten nach dem Ende seines befristeten Beschäftigungsverhältnisses, ohne daß das zur Einstellung befugte Rektoramt dies gewollt oder veranlaßt hat, zunächst in einem vertragslosen Zustand mitbestimmungslos weiterbeschäftigt.
  2. Der Beteiligte ist nicht befugt, im Fall der beabsichtigten Weiterbeschäftigung eines bei einem Universitätsinstitut tätigen Zeitangestellten die Äußerungsfrist des Antragstellers nach § 69 Abs. 2 Satz 4 LPVG auf sieben Arbeitstage abzukürzen, um die Unterbrechung der Beschäftigung des Zeitangestellten möglichst kurz zu halten.

Mit Beschluß vom 23. November 1993 hat der Verwaltungsgerichtshof den Beschluß des Verwaltungsgerichts geändert und die Anträge des Antragstellers abgelehnt. Zur Begründung hat er im wesentlichen ausgeführt:

Der Antrag zu 1 sei nicht zulässig, denn der Antragsteller habe bereits in dem gleichfalls beim Beschwerdegericht anhängigen personalvertretungsrechtlichen Verfahren PL 15 S 2875/92 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 23. November 1993 – vor der Verhandlung in dem vorliegenden Verfahren – einen Antrag gleichen Inhalts gestellt. Einer Zulässigkeit des Antrages zu 1 stehe daher die anderweitige Rechtshängigkeit des Feststellungsbegehrens entgegen (§ 261 Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 1 ZPO entsprechend).

Der Antrag zu 2 sei zulässig, aber nicht begründet. Daher habe die Beschwerde auch insoweit Erfolg.

Der Beteiligte habe personalvertretungsrechtlich die Befugnis, die fragliche Äußerungsfrist in der bezeichneten Weise abzukürzen. Ein „dringender Fall” im Sinne von § 69 Abs. 2 Satz 4 LPVG sei dann anzunehmen, wenn Umstände gegeben seien, nach denen die etwaige Zustimmung des Personalrats zu der seiner Mitbestimmung unterworfenen Maßnahme bereits nach sieben Arbeitstagen vorliegen sollte, um die Maßnahme entsprechend früher durchzuführen und so Nachteile vermeiden zu können, die mit einer späteren Durchführung verbunden wären. Die Vorschrift stelle keine höheren Anforderungen an das Vorhandensein eines dringenden Falls. Sie verlange nicht das Vorliegen besonders außergewöhnlicher Umstände oder eine als unausweichlich zu verstehende besondere Dringlichkeit. Der Gesetzgeber sei lange Zeit davon ausgegangen, daß eine dem Personalrat zustehende Äußerungsfrist von einer Woche oder sieben Arbeitstagen im allgemeinen ausreiche. Die durch Gesetz vom 14. Juli 1986 (GBl S. 222) erfolgte Verlängerung habe ersichtlich den Personalrat beim Fristendruck entlasten, der Dienststelle aber die Möglichkeit belassen sollen, im Einzelfall bei Bedarf auf die frühere Regelfrist zurückzugreifen.

Die Dringlichkeit im Sinne von § 69 Abs. 2 Satz 4 LPVG richte sich allgemein nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Abkürzung der Äußerungsfrist. Demgemäß sei es unerheblich, wie es zu einer Dringlichkeit gekommen sei, insbesondere, ob die betreffenden Umstände von der Dienststelle zu vertreten seien. Anders sei es nur dann, wenn das Handeln der Dienststelle dem Personalrat gegenüber etwa als rechtsmißbräuchlich zu erachten sei. Die hier in Rede stehende prinzipielle Befugnis der Dienststelle zur Abkürzung von Äußerungsfristen werde durch eine denkbare besondere Fallgestaltung solcher Art nicht in Frage gestellt.

Nach diesen Grundsätzen rechtfertige hier das Ziel, eine unterbrechungsfreie Weiterbeschäftigung der Angestellten zu ermöglichen, die Abkürzung der Äußerungsfrist auf sieben Arbeitstage wegen Dringlichkeit. Denn eine ununterbrochene Fortdauer des Beschäftigungsverhältnisses vermittele dem Arbeitnehmer einen Besitzstand hinsichtlich davon abhängiger Rechte und Anwartschaften, insbesondere auch, was den vollen sozialversicherungsrechtlichen Schutz, vor allem den Unfallschutz, anbelange. Demgegenüber greife der Einwand nicht durch, bei einer am Ende der Regelfrist vorliegenden Zustimmung des Personalrats könne der neue Arbeitsvertrag rückwirkend abgeschlossen werden; denn der Arbeitnehmer könne in der Zwischenzeit einen seine Arbeitsunfähigkeit verursachenden Unfall erleiden.

Im Fall der beabsichtigten Weiterbeschäftigung einer befristet eingestellten Angestellten erlaube das Ziel, die Dauer einer Unterbrechung der Beschäftigung der Angestellten möglichst gering zu halten, eine Abkürzung der Äußerungsfrist nach § 69 Abs. 2 Satz 4 LPVG. Die Dienststelle könne die Äußerungsfrist auch dann auf sieben Arbeitstage abkürzen, wenn die Abkürzung – nach den Gegebenheiten im Zeitpunkt der Abkürzung – nicht mehr eine völlig unterbrechungsfreie Weiterbeschäftigung ermögliche, es aber der Dienststelle daran gelegen sei, eine nicht mehr auszuschließende zeitliche Lükke möglichst kurz zu gestalten. Darum sei es gerade auch im vorliegenden Fall gegangen.

Dies alles gelte unabhängig davon, ob das Institut die Vorlage wegen der Weiterbeschäftigung dem Beteiligten hätte früher zuleiten oder der Beteiligte die Angelegenheit hätte rascher bearbeiten können. Im übrigen habe der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung nicht mehr auf sein bisheriges Vorbringen zum streitauslösenden konkreten Vorgang abgehoben, die Dringlichkeit sei gleichsam hausgemacht gewesen. Er habe vielmehr im Beschwerdeverfahren betont, Belange des einzelnen Arbeitnehmers rechtfertigten grundsätzlich keine Abkürzung der Äußerungsfrist.

Mit der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller seine zweitinstanzlich gestellten Anträge weiter.

Der Beteiligte beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

1. Das Beschwerdegericht hat zutreffend erkannt, daß der Antrag zu 1 unzulässig ist. Seiner Zulässigkeit steht die anderweitige Rechtshängigkeit des Feststellungsbegehrens in dem Verfahren VGH Baden-Würtemberg – PL 15 S 2875/92 – (hier: BVerwG 6 P 2.94) entgegen.

Das folgt hier zwar nicht aus § 261 ZPO – wie das Beschwerdegericht meint –, sondern aus § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG. In der Sache macht dies jedoch keinen Unterschied, da § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG gleichermaßen bestimmt, daß während der Rechtshängigkeit die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden kann.

Die Identität des Streitgegenstandes beider Verfahren (BVerwG 6 P 2.94 und 4.94) folgt daraus, daß die Verfahrensbeteiligten (Antragsteller und beteiligte Dienststelle) identisch sind und der Antragsteller mit jeweils gleichen Anträgen inhaltlich dasselbe Ziel verfolgt. In beiden Fällen geht es nämlich um die Feststellung, ob der Beteiligte das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers aus § 76 Abs. 1 Nr. 1 LPVG verletzt, wenn ein Institut der Universität einen Angestellten nach dem Ende seines befristeten Beschäftigungsverhältnisses, ohne daß das zur Einstellung befugte Rektoramt dies gewollt oder veranlaßt hat, zunächst in einem vertragslosen Zustand mitbestimmungslos weiterbeschäftigt. Das ergibt sich nicht nur aus dem eindeutigen Wortlaut der Anträge, sondern auch aus den jeweils inhaltsgleichen Begründungen. Es geht dem Antragsteller – wie auch in der Anhörung klargestellt werden konnte – nicht etwa um einzelfallbezogene Differenzierungen, sondern um die Feststellung, daß der Beteiligte in Fällen der vertragslosen Weiterbeschäftigung von Zeitangestellten durch einen Institutsleiter „in jedem Fall immer formal verantwortlich ist”.

Der Einwand der Rechtsbeschwerde, daß die jeweils zugrundeliegenden Lebenssachverhalte verschieden seien, greift nach Erledigung der konkreten Streitfälle und Umstellung des Antrages auf diese verallgemeinerungsfähige Rechtsfrage nicht durch. Unterschiede bestehen erkennbar nur darin, daß es sich jeweils um andere Angestellte und jeweils um ein anderes Institut der Universität Stuttgart handelt. Diese Einzelheiten sind aber für das neue Feststellungsbegehren ebenso belanglos, wie die Fragen, wieviel Tage die jeweilige Angestellte vertragslos weiterbeschäftigt worden und das Verfahren im übrigen in den Einzelheiten abgewickelt worden ist. Allein für den Fortbestand des Rechtsschutzinteresses, das hier außer Frage steht, mögen solche Umstände von Bedeutung sein, um zu verhindern, daß ohne fallbezogenen Anlaß lediglich eine abstrakte gutachterliche Äußerung des Gerichts stattfindet.

Das Beschwerdegericht hat die Rechtshängigkeit eines Verfahrens mit gleichem Streitgegenstand hier daraus hergeleitet, daß vor der Verhandlung in dem vorliegenden Verfahren in der mündlichen Verhandlung am 23. November 1993 über dasselbe (neue) Feststellungsbegehren bereits in den Verfahren PL 15 S 2875/92 (= BVerwG 6 P 2.94) verhandelt worden sei. Dieser zeitliche Ablauf wird von der Rechtsbeschwerde nicht in Frage gestellt. Entscheidend ist, daß mit der dortigen Umstellung des ursprünglichen Antrages auf die nunmehr maßgebliche abstrakte Fassung dieses Feststellungsbegehren erstmals in dem Verfahren PL 15 S 2875/92 rechtshängig geworden ist. Von diesem Zeitpunkt an konnte es in anderen Verfahren auch nicht durch die Umstellung der bis dahin dort gestellten (einzelfallbezogenen) Anträge erneut und inhaltsgleich rechtshängig gemacht werden.

Ergänzend weist der Senat darauf hin, daß in dieser Prozeßlage ein sachdienlicher Hinweis geboten ist, daß die – im allgemeinen richtige – Umstellung des Antrages hier wegen der Rechtshängigkeit in anderer Sache letztlich scheitern muß. Auch wäre die in dieser Situation zumeist sinnvolle Verbindung der Verfahren zu erörtern. Ob dies hier geschehen ist, mag dahinstehen, weil die Entscheidung davon nicht abhängig ist. Verfahrensrügen sind nicht erhoben worden.

Materielle Rechtsfragen zum Mitbestimmungsrecht bei der vertragslosen Weiterbeschäftigung von Zeitangestellten durch einen Institutsleiter hat der Senat in den Gründen seines Beschlusses vom heutigen Tage in dem Verfahren BVerwG 6 P 2.94 näher behandelt. Darauf wird hingewiesen.

2. Das Beschwerdegericht hat auch hinsichtlich der Verkürzung der Äußerungsfrist des Antragstellers nach § 69 Abs. 2 Satz 4 LPVG mit Recht der Beschwerde stattgegeben.

Klarzustellen ist, daß das Verwaltungsgericht eine Verletzung des Mitbestimmungsrechts aus § 76 Abs. 1 Nr. 1 LPVG angenommen hatte, weil jedenfalls die Arbeitszeit der Angestellten Z. zwischen dem 4. und 8. Juli 1992 weder durch eine Zustimmung des Personalrats noch durch eine Zustimmungsfiktion gemäß § 69 Abs. 2 Satz 5 LPVG abgedeckt war. Darum geht es jedoch nicht mehr, nachdem der Antragsteller seinen Antrag auf eine abstrakte Fassung umgestellt hat. Gegenstand des Verfahrens mit dem Antrag zu 2 ist nunmehr allein, ob der Beteiligte befugt ist, im Fall der beabsichtigten Weiterbeschäftigung eines bei einem Universitätsinstitut tätigen Zeitangestellten die Äußerungsfrist des Antragstellers nach § 69 Abs. 2 Satz 4 LPVG auf sieben Arbeitstage abzukürzen, um die Unterbrechung der Beschäftigung des Zeitangestellten möglichst kurz zu halten.

Dieser Antrag ist hinreichend bestimmt und einer entsprechenden Feststellung fähig. Zwar hängt es in der Regel von mehreren Umständen des Einzelfalles ab, ob ein dringender Fall im Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 4 LPVG angenommen werden darf. Deshalb sind generalisierende Feststellungen in diesem Zusammenhang oft nicht möglich. Dies ist hier jedoch anders, weil in Fällen der vorliegenden Art ausschließlich oder doch ganz entscheidend auf das Ziel abgestellt worden ist, die Unterbrechung der Beschäftigung des Zeitangestellten möglichst kurz zu halten. Die von einem solchen Anliegen geprägten Fälle stellen eine besondere Kategorie der möglicherweise „dringenden Fälle” im Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 4 LPVG dar. Sie sind daher einer gesonderten Feststellung der hier begehrten Art zugänglich.

Wie das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt hat, ist anzunehmen, daß sich Fälle dieser Art im Bereich des Beteiligten wiederholen werden und daher ein hinreichendes Rechtsschutzinteresse besteht, die damit aufgeworfene Rechtsfrage generell zu klären.

Der Senat folgt dem Beschwerdegericht nicht, soweit es die Anforderungen an die „Dringlichkeit” im Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 4 LPVG einschränkt und nicht das Vorliegen besonders außergewöhnlicher Umstände verlangt. Es begründet dies mit der Entstehungsgeschichte des Gesetzes, indem es insbesondere darauf verweist, daß lange Zeit viel kürzere Fristen als zehn Tage zugelassen waren, ohne daß damit die Realisierung des Mitbestimmungsrechts ernstlich in Frage gestellt gewesen sei. Daher könne die Verkürzung der Frist im Einzelfall auf einen Zeitraum von sieben Tagen, der früher lange Zeit regelmäßig ausreichend gewesen sei, nicht nur unter besonders hohen Anforderungen gerechtfertigt sein. Nach § 69 Abs. 2 Satz 4 BPersVG könne die Regelfrist von zehn Tagen sogar auf bis zu drei Arbeitstage abgekürzt werden. Deshalb könne die Hürde des § 69 Abs. 2 Satz 4 LPVG für eine Verweisung des Personalrats auf die früher allgemein geltende Frist von sieben Arbeitstagen nicht als besonders hoch angesiedelt eingeschätzt werden.

Diese Erwägungen des Beschwerdegerichts sind nicht überzeugend. Wenn der Landesgesetzgeber es für nötig befunden hat, die Regelfristen zu verlängern, hat er dies offenbar bewußt getan, um dem Personalrat einen entsprechend längeren Überlegungszeitraum zu gewährleisten. Dies kommt darin zum Ausdruck, daß – wie das Beschwerdegericht ausführt (S. 10) – die 1986 erfolgte Verlängerung ersichtlich den Personalrat beim Fristendruck entlasten sollte. Damit wäre es nicht vereinbar, wenn durch eine großzügige Handhabung der vom Gesetz zugelassenen Abkürzung der alte Gesetzeszustand wieder hergestellt oder eine Regelung befürwortet würde, die sich ihm weitgehend annähert.

Das erstinstanzliche Verwaltungsgericht will derartige „dringende Fälle” nur bei ganz besonderen Umständen annehmen, die keinen Aufschub gestatten. Es kann seine Auffassung auf das Schrifttum stützen (Widmaier/Leuze/Lindenberg-Wendler, Komm, zum LPVG, Rn. 15 zu § 69 LPVG). Fischer/Goeres, Personalvertretungsrecht des Bundes und der Länder, K § 69 Rn. 9 a, verlangen ähnlich strenge Voraussetzungen.

Auch nach Meinung des Senats sind strengere Anforderungen zu stellen, als es das Beschwerdegericht getan hat. Eine Abkürzung der Frist ist nur zulässig, wenn gewichtige Gründe dies rechtfertigen. Ihre Einhaltung muß nach Lage der Dinge in zumutbarer Weise nicht möglich sein oder jedenfalls zu einer erheblichen Beeinträchtigung öffentlicher Belange führen. Es ist hingegen nicht zulässig, die Anforderungen an die „Dringlichkeit” auf ein schlichtes Problem der Abwägung nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten zu reduzieren. Wenngleich die flexible Anpassung an die Situation des Einzelfalles im allgemeinen sinnvoll erscheinen mag, dürfte dies jedoch vom Gesetzgeber hier nicht so gewollt sein. Denn dann hätte er sich anders ausgedrückt, etwa indem er geregelt hätte, daß der Dienststellenleiter berechtigt sei, die Äußerungsfrist im Einzelfall angemessen zu verkürzen. Wenn der Gesetzgeber „Dringlichkeit” verlangt, stellt er im allgemeinen strengere Anforderungen. Nicht alle sachlichen Gründe, die nach Lage der Dinge für eine Verkürzung sprechen, können sie rechtfertigen, sondern es müssen Gründe von erheblichem Gewicht sein.

Eine weitere Voraussetzung, nämlich daß die Eilbedürftigkeit nicht voraussehbar und vermeidbar gewesen sein dürfe (vgl. Fischer-Goeres, a.a.O.), hat das Beschwerdegericht als nicht erheblich bezeichnet, weil es stets auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Abkürzung ankomme, es sei denn, das Handeln des Dienststellenleiters sei gegenüber dem Personalrat als rechtsmißbräuchlich zu erachten. Dem vermag der Senat nicht in vollem Umfang zuzustimmen. Das der Fristverkürzung vorangehende Verhalten des Dienststellenleiters, z.B. eine unnötige Verzögerung, kann nicht nur dann Berücksichtigung finden, wenn es erkennbar rechtsmißbräuchlich ist. Zwar mögen diese Gesichtpunkte letztlich zurücktreten, wenn anderenfalls erhebliche Schäden drohen. Dies ist aber nicht von vornherein festzulegen, sondern bleibt in diesen Fällen der Abwägung aller im Einzelfall erheblichen Umstände vorbehalten. Der Personalrat, der dies geltend machen will, muß der Abkürzung innerhalb der verkürzten Frist widersprechen; es darf nämlich schon aus Gründen der Rechtssicherheit nicht der Anschein erweckt werden, daß die Zustimmungsfiktion am Tage nach dem Ablauf der verkürzten Frist eingetreten ist.

Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist indes auch insofern im Ergebnis richtig. Denn bei dem vorliegenden Antrag sind diese Rechtsfragen nicht entscheidungserheblich. Das Beschwerdegericht hat hierzu bemerkt, daß der Antragsteller solche Vorwürfe der Verzögerung oder Verschleppung gegenüber dem Beteiligten nicht erhoben habe oder nicht weiter verfolge. Jedenfalls ist diese subjektive Komponente der Dringlichkeit von dem vorliegenden Feststellungsantrag nicht erfaßt. Es geht vielmehr allein darum, ob das Ziel, die Unterbrechung der Beschäftigung des Zeitangestellten möglichst kurz zu halten, die Abkürzung auf sieben Arbeitstage rechtfertigt.

Die „Dringlichkeit” des Falles ist ferner nicht danach zu messen, ob nicht etwa zuvor durch den Erlaß vorläufiger Regelungen im Sinne des § 69 Abs. 5 LPVG hätte Abhilfe geschaffen werden können. Dem Beschwerdegericht ist darin zuzustimmen, daß eine solche vorläufige Regelung nur nachrangig in Frage kommt. Die Abkürzung der Frist ist demgegenüber die mildere Maßnahme.

Von diesem rechtlichen Ausgangspunkt her ist es jedenfalls im Ergebnis gerechtfertigt, im Fall der beabsichtigten Weiterbeschäftigung eines bei einem Universitätsinstitut tätigen Zeitangestellten die Äußerungsfrist des Personalrats von zehn auf sieben Arbeitstage abzukürzen, um die Unterbrechnung der Beschäftigung des Zeitangestellten möglichst kurz zu halten. Das Kurzhalten der Unterbrechung ist ein öffentlicher Belang, der anderenfalls durch Zeitablauf erheblich beeinträchtigt würde. Die ununterbrochene Fortdauer des Beschäftigungsverhältnisses oder jedenfalls die Verkürzung der Unterbrechung haben erhebliche Bedeutung für den sozialversicherungsrechtlichen Schutz, insbesondere den Unfallschutz, des Arbeitnehmers. Im allgemeinen wirkt sich die berechtigte Befürchtung des Arbeitnehmers, während einer solchen Unterbrechung schutzlos zu sein oder etwaige Rechte nur schwer durchsetzen zu können, für ihn sehr belastend aus. Mit nachteiligen Rückwirkungen auf das Leistungsvermögen ist zu rechnen. Auf diese Gründe kann sich die Dienststellenleitung berufen, obwohl es in erster Linie Interessen des Arbeitnehmers seien mögen. Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn macht dies jedoch zugleich zu einem öffentlichen Belang. Auch die im Antrag angesprochene „Weiterbeschäftigung bei einem Universitätsinstitut” dient dem gewichtigen Belang einer kontinuierlichen Fortsetzung wissenschaftlicher Forschungen und Experimente, deren auch kurzfristige Unterbrechung von erheblichem Nachteil sein kann.

Einzelheiten darüber, wie sich diese Nachteile auswirken können, hat das Beschwerdegericht nicht festgestellt. Darauf kommt es hier indes letztlich nicht an. Die beantragte Feststellung wäre nämlich nur dann zu treffen, wenn es rechtlich ausgeschlossen wäre, die Äußerungsfrist von zehn auf sieben Tage mit der Begründung abzukürzen, die Unterbrechung der Beschäftigung des Zeitangestellten solle möglichst kurz gehalten werden. Letzteres kann schon deshalb nicht geschehen, weil die angezeigten Gründe es jedenfalls nicht ausschließen, die Abkürzung um drei Tage mit einem solchen Anliegen zu rechtfertigen. Öffentliche Belange können erheblich beeinträchtigt sein, wenn die Unterbrechung der Beschäftigung des Zeitangestellten nicht in der dargelegten Weise möglichst kurz gehalten wird.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 10 Abs. 1 BRAGO in Verb, mit § 8 Abs. 2 BRAGO.

 

Unterschriften

Niehues, Seibert, Albers, Vogelgesang, Eckertz-Höfer

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1215836

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