Entscheidungsstichwort (Thema)

Nebenstelle, Räumlich weite Entfernung einer – von der Dienststelle. Verselbständigung, Voraussetzungen der personalvertretungsrechtlichen – einer Nebenstelle

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Voraussetzungen der personalvertretungsrechtlichen Verselbständigung einer Nebenstelle.

2. Zum Begriff „Nebenstelle, die räumlich weit von der Dienststelle entfernt liegt”.

 

Normenkette

BPersVG § 6 Abs. 3

 

Verfahrensgang

OVG für das Land NRW (Beschluss vom 17.04.1986; Aktenzeichen CB 27/85)

VG Gelsenkirchen (Entscheidung vom 30.08.1985; Aktenzeichen PVB 10/85)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1) bis 4) gegen den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen – Fachsenat für Bundespersonalvertretungssachen – vom 17. April 1986 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Der Deutsche Postverband, der Antragsteller, ficht die im Jahre 1985 durchgeführten Wahlen zu den Personalräten bei den Postämtern E. 1, 11, 12 und 14 an. Der Wahlanfechtung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die früher selbständigen Postämter E. 11, 12 und 14 wurden in den Jahren 1971 und 1976 dem Postamt E. 1 angegliedert, zu dem auch die Postämter E. 13, 15, 16 und 18 gehören. Insgesamt hat das Postamt E. 1 damit etwa 3 000 Beschäftigte. Die Entfernung zwischen diesem Postamt und den Postämtern E. 11, 12 und 14 beträgt zwischen 7,5 und 8 km.

Im Dezember 1984 beschlossen die wahlberechtigten Beschäftigten der Postämter E. 11, 12 und 14 mehrheitlich, daß diese Ämter personalvertretungsrechtlich als selbständige Dienststellen gelten sollten. Dementsprechend wurden in der Zeit vom 7. bis 9. Mai 1985 bei diesen Ämtern sowie bei dem Postamt E. 1 Dienststellenpersonalräte und für den gesamten Bereich des Postamtes E. 1 ein Gesamtpersonalrat gewählt. An der Wahl zum Dienststellenpersonalrat beim Postamt E. 1 beteiligte sich der Antragsteller mit einem Wahlvorschlag für die Gruppe der Beamten und an der Wahl zu dem Gesamtpersonalrat mit einem Wahlvorschlag für die Gruppe der Beamten und Arbeiter. Einen Sitz errang er nicht. Das Ergebnis der Wahlen wurde nach dem 10. Mai 1985 bekanntgegeben.

Mit einem am 28. Mai 1985 bei dem Verwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 24. Mai 1985 hat der Antragsteller die Wahlen zu den Dienststellenpersonalräten bei den Postämtern E. 1, 11, 12 und 14 mit der Begründung angefochten, die Voraussetzungen für eine personalvertretungsrechtliche Verselbständigung der Postämter E. 11, 12 und 14 seien nicht gegeben gewesen. Er hat beantragt,

die in der Zeit vom 7. bis 9. Mai 1985 bei den Postämtern E. 1, 11, 12 und 14 durchgeführten Personalratswahlen für ungültig zu erklären.

Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Personalräte bei den Postämtern E. 1, 11, 12 und 14, der Beteiligten zu 1) bis 4), blieb ohne Erfolg, im wesentlichen aus folgenden Gründen:

Der Antragsteller sei als eine im Postamt E. vertretene Gewerkschaft antragsbefugt. Da die Wahlen zu den einzelnen Personalvertretungen mit der Begründung angefochten würden, die zugrundeliegenden Verselbständigungsbeschlüsse seien rechtswidrig, komme es nicht darauf an, ob der Antragsteller Mitglieder in allen Postämtern habe, hinsichtlich derer die Personalratswahl angefochten werde. Der Antragsteller habe sein Recht zur Wahlanfechtung auch nicht dadurch verwirkt, daß er erst die Wahlen angefochten, nicht hingegen die ihnen vorausgegangenen Abstimmungen über die personalvertretungsrechtliche Verselbständigung der Postämter E. 11, 12 und 14 angegriffen habe.

Die Wahlanfechtungen griffen durch, weil bei den Wahlen zu den Dienststellenpersonalräten bei den Postämtern E. 1, 11, 12 und 14 gegen § 6 Abs. 3 BPersVG verstoßen worden sei, der zu den wesentlichen Vorschriften über das Wahlverfahren im Sinne des § 25 BPersVG zähle. Nach § 6 Abs. 3 BPersVG dürften Nebenstellen und Teile von Dienststellen nur dann personalvertretungsrechtlich verselbständigt werden, wenn sie räumlich weit von der Dienststelle selbst entfernt lägen. Ob das der Fall sei, beurteile sich nicht nach der subjektiven Auffassung der Mehrheit der Beschäftigten der Nebenstelle oder des Dienststellenteils, sondern nach objektiven Maßstäben, weil die „räumlich weite Entfernung” ein unbestimmter Rechtsbegriff sei. Bei seiner Ausfüllung im Einzelfall seien neben der räumlichen Entfernung die geographischen Gegebenheiten und die Verkehrsverhältnisse zu berücksichtigen, um sicherzustellen, daß sich der Personalrat in dem erforderlichen Maß mit den persönlichen Angelegenheiten der von ihm zu betreuenden Beschäftigten befassen könne. Hiervon ausgehend könne keine Rede davon sein, daß die Postämter E. 11, 12 und 14 weit vom Postamt E. 1 entfernt lägen. Alle diese Postämter befänden sich im Stadtgebiet von E., und zwischen ihnen beständen günstige Verkehrsverbindungen. Unter diesen Voraussetzungen könne eine räumlich weite Entfernung im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 1 BPersVG erst bei Entfernungen angenommen werden, die die längste der Entfernungen zwischen einem dieser Postämter und dem Postamt E. 1, nämlich 8 km, weit überstiegen. Daß die Entfernungen zwischen den Postämtern E. 11, 12 und 14 und dem Postamt E. 1 eine ordnungsgemäße Betreuung der Beschäftigten nicht ausschlössen, ergebe sich zudem daraus, daß die personalvertretungsrechtliche Verselbständigung des Postamts E. 18, das vom Postamt E. 1 mindestens 10 km entfernt liege, nicht für erforderlich gehalten worden sei. Daß die Betreuung der Gesamtheit der im Bereich des Postamts E. 1 und der ihm zugeordneten Postämter tätigen Beschäftigten möglicherweise einfacher sei, wenn einzelne Dienststellenteile personalvertretungsrechtlich verselbständigt und bei ihnen Dienststellenpersonalräte gebildet würden, sei im Rahmen des § 6 Abs. 3 BPersVG ebenso ohne Bedeutung wie die Tatsache, daß die Leiter der betroffenen Postämter mit deren personalvertretungsrechtlicher Verselbständigung einverstanden gewesen seien.

Der Verstoß gegen § 6 Abs. 3 BPersVG, der nicht mehr berichtigt werden könne, habe das Wahlergebnis beeinflußt. Denn wenn die fehlerhaften Verselbständigungsbeschlüsse unberücksichtigt geblieben wären, hätten die Beschäftigten des Postamts E. 1 und der ihm zugeordneten unselbständigen Postämter nur einen Personalrat wählen dürfen, der weniger Mitglieder gehabt hätte als die tatsächlich gewählten vier Personalräte.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1) bis 4), mit der sie sich gegen das dem angegriffenen Beschluß zugrundeliegende Verständnis des Begriffes „räumlich weit entfernt” im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 1 BPersVG wenden. Sie sind der Auffassung, für die Ausfüllung dieses unbestimmten Rechtsbegriffes sei es angesichts der Tatsache, daß die Beschäftigten einer Nebenstelle oder eines Dienststellenteils darüber zu entscheiden hätten, ob sie dessen personalvertretungsrechtliche Verselbständigung anstreben wollten, und daß sie diese Absicht nur mehrheitlich verwirklichen könnten, ohne Bedeutung, daß die Beschäftigten eines entfernter liegenden Dienststellenteils keine Schritte zu dessen personalvertretungsrechtlicher Verselbständigung unternähmen, die Beschäftigten eines weniger weit entfernt liegenden Dienststellenteils dies hingegen täten. Auch dürfe nicht allein auf die räumliche Entfernung zwischen Stammdienststelle und Nebenstelle oder Dienststellenteil sowie darauf abgestellt werden, ob diese Entfernung mit öffentlichen Verkehrsmitteln ohne Schwierigkeiten überwunden werden könne. Entscheidend sei vielmehr, ob der Personalrat tatsächlich in der Lage sei, die Beschäftigten der Nebenstelle oder des Dienststellenteils ausreichend zu betreuen. Das setze nicht nur voraus, daß Mitglieder des Personalrats die Möglichkeit hätten, den Dienststellenteil kurzfristig aufzusuchen und dort Parkmöglichkeiten vorzufinden, sondern auch, daß die Beschäftigten ihrerseits während des Dienstes beim Personalrat vorsprechen könnten. Um den zeitlichen Aufwand und die Dienstunterbrechungen durch Vorsprachen einzelner Beschäftigter bei dem Personalrat gering zu halten, könne ein Interesse daran bestehen, einen Dienstellenteil mit einer großen Anzahl von Beschäftigten auch dann personalvertretungsrechtlich zu verselbständigen, wenn er von der Stammdienststelle räumlich nicht sehr weit entfernt liege.

Die Beteiligten zu 1) bis 4) beantragen,

den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen – Fachsenat für Bundespersonalvertretungssachen – vom 17. April 1986 und den Beschluß des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen – Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen – vom 30. August 1985 zu ändern und den Antrag des Antragstellers zurückzuweisen.

Der Antragsteller tritt der Rechtsbeschwerde entgegen und verteidigt den angegriffenen Beschluß.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Beschwerdegericht hat die Wirksamkeit der personalvertretungsrechtlichen Verselbständigung der Postämter E. 11, 12 und 14 im Ergebnis mit Recht verneint und die auf der gleichwohl erfolgten Verselbständigung beruhenden Personalratswahlen folgerichtig für ungültig erklärt.

Die Postämter E. 11, 12 und 14 sind seit ihrer Angliederung an das Postamt E. 1 in den Jahren 1971 und 1976 organisatorisch unselbständige Teile der letztgenannten Dienststelle. Damit entfielen die Voraussetzungen der §§ 12 Abs. 1, 6 Abs. 1 BPersVG dafür, bei ihnen eigene Personalräte zu bilden. Ihrer von den dort tätigen wahlberechtigten Beschäftigten mehrheitlich beschlossenen personalvertretungsrechtlichen Verselbständigung auf der Grundlage des § 6 Abs. 3 Satz 1 BPersVG stand und steht entgegen, daß keines dieser Postämter im Sinne der genannten Vorschrift von dem Postamt E. 1 räumlich weit entfernt liegt. Die von der Mehrheit der Beschäftigten dieser Postämter beschlossene personalvertretungsrechtliche Verselbständigung konnte daher nicht wirksam werden.

Die Personalverfassung folgt, wie der Senat zuletzt in seinem Beschluß vom 13. August 1986 – BVerwG 6 P 7.85 – (DVBl. 1987, 414 = ZBR 1987, 54 = PersR 1987, 20) ausgesprochen hat, grundsätzlich der Dienststellenverfassung. Dem liegt die Überlegung zugrunde, daß nur der Leiter einer organisatorisch verselbständigten Einrichtung die Regelungskompetenz im personellen und sachlichen Bereich besitzt, welche die Grundlage für das in § 2 Abs. 1 BPersVG geforderte vertrauensvolle Zusammenwirken zwischen ihm und dem Personalrat bildet. In seinem § 6 Abs. 3 Satz 1 und § 12 Abs. 2 BPersVG sieht das Bundespersonalvertretungsgesetz aber Ausnahmen von der im übrigen durch § 12 Abs. 1 BPersVG gesicherten grundsätzlichen Übereinstimmung von Dienststellen- und Personalverfassung vor. Beide Ausnahmen erklären sich aus dem Bemühen des Gesetzgebers, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß Personalvertretungen gebildet werden können, die in der Lage sind, ihre Aufgaben sachgerecht wahrzunehmen. In Kleindienststellen, welche die personellen Mindestanforderungen des § 12 Abs. 1 BPersVG nicht erfüllen, fehlt es an diesen Voraussetzungen, weil deren geringe Zahl wahlberechtigter und/oder wahlfähiger Beschäftigter eine Personalratswahl nach den Vorschriften des Bundespersonalvertretungsgesetzes praktisch ausschließt und die eigenständige und umfassende Wahrnehmung der Aufgaben einer Personalvertretung hier sinnvoll nicht möglich ist. Die sachgerechte Wahrnehmung der Personalratsaufgaben kann aber auch dadurch in unzuträglichem Maße erschwert werden, daß eine Nebenstelle oder ein Teil der Dienststelle räumlich derart weit entfernt von der Hauptdienststelle untergebracht ist, daß der Personalrat die dort Beschäftigten nur unter Überwindung besonderer Schwierigkeiten in der von ihm für erforderlich gehaltenen Weise betreuen kann oder ein in diesem Dienststellenteil beschäftigtes Mitglied des Personalrats seine Aufgaben in der Personalvertretung von dort aus nur unter Inkaufnahme besonderer Belastungen erfüllen kann. Unter diesen Voraussetzungen, welche § 6 Abs. 3 Satz 1 BPersVG in die Worte „räumlich weit von dieser (d.h. der Dienststelle) entfernt” faßt, läßt es diese Vorschrift im Interesse einer unbehinderten Personalratsarbeit zu, die Nebenstelle oder den Dienststellenteil durch Mehrheitsvotum der dort tätigen wahlberechtigten Beschäftigten personalvertretungsrechtlich zu verselbständigen und dort sodann eine eigene Personalvertretung zu bilden. Ob die Voraussetzungen dafür vorliegen, kann im Einzelfall gerichtlich nachgeprüft werden, weil es sich bei der genannten Wortfolge in § 6 Abs. 3 Satz 1 BPersVG um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, der nach objektiven Maßstäben auszufüllen ist (BVerwGE 6, 60 ≪62≫).

Die Gesichtspunkte, nach denen dieser unbestimmte Rechtsbegriff im jeweiligen Fall auszufüllen ist, sind aus dem dargestellten Grund für die Ausnahmeregelung des § 6 Abs. 3 Satz 1 BPersVG abzuleiten. (BVerwGE 6, 60 ≪62≫). Der räumliche Abstand zwischen der Hauptstelle und der Nebenstelle oder dem abgetrennten Dienststellenteil bildet dabei für sich genommen allenfalls einen von mehreren für die Einzelfallbeurteilung maßgebenden Aspekten, mag er nach der Luftlinie oder der in Betracht kommenden Straßen- oder Bahnverbindung bemessen sein. Denn er besagt nicht mehr, als daß zwischen Hauptstelle und Nebenstelle eine bestimmte Wegstrecke zurückzulegen ist. Ob sie im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 1 BPersVG „weit” ist, beurteilt sich nicht nach ihrer metrischen Länge, sondern danach, ob die Notwendigkeit, daß diese Strecke jeweils zurückgelegt werden muß, um einen Kontakt zwischen dem bei der Hauptstelle gebildeten Personalrat und den Beschäftigten der Nebenstelle herzustellen oder einem bei der Nebenstelle beschäftigten Personalratsmitglied die Mitarbeit im Personalrat zu ermöglichen, die Wahrnehmung der Personalratsaufgaben von der Hauptstelle aus derart erschwert, daß darunter entweder die Arbeit der Personalvertretung oder die Betreuung der Beschäftigten der Nebenstelle leidet (vgl. Beschluß vom 11. Juli 1977 – BVerwG 7 P 31.77 – ≪Dok. Ber. B 1977, 295≫). Das wird der Fall sein, wenn die Entfernung zwischen Haupt- und Nebenstelle so groß ist, daß ihr Zurücklegen unabhängig von der Art des benutzten Verkehrsmittels einen Zeitaufwand erfordert, der auch bei planvoller Wahrnehmung der Aufgaben der Personalvertretung in keinem angemessenen Verhältnis zu der eigentlichen Personalratsarbeit steht. Ein solches, auf der räumlichen Trennung von Haupt- und Nebenstelle beruhendes Mißverhältnis zwischen Wegezeiten und Personalratsarbeit kann aber auch darauf beruhen, daß das Zurücklegen des Weges zwischen Haupt- und Nebenstelle, zu dem bei Benutzung eines privaten Kraftfahrzeuges auch dessen Abstellen gehört, aus geographischen, verkehrlichen oder anderen dauernd bestehenden Gründen erhebliche Zeit erfordert. Auch der Anzahl der in dem abgetrennten Dienststellenteil Beschäftigten mag für die Ausfüllung des Begriffes „räumlich weite Entfernung” im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 1 BPersVG insoweit Bedeutung zukommen, als sie einerseits einen Anhalt dafür bietet, wie häufig der Personalrat insgesamt oder einzelne seiner Mitglieder den abgetrennten Dienststellenteil werden aufsuchen und den damit verbundenen Zeitaufwand in Kauf nehmen müssen, um die dort tätigen Beschäftigten ausreichend betreuen zu können, und andererseits aussagt, wieviel Beschäftigte sich nur unter erschwerten Bedingungen, nämlich nach einem längeren und möglicherweise beschwerlichen Weg, persönlich an den Personalrat wenden können. Der dadurch bedingte Verlust an Arbeitszeit ist demgegenüber entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde in dem hier zu beurteilenden Zusammenhang ohne Bedeutung. Denn die personalvertretungsrechtliche Verselbständigung eines Dienststellenteils dient, wie dargelegt, allein dem Zweck, die unbehinderte Personalratsarbeit zu ermöglichen, nicht hingegen dem Schutz der Interessen der Dienststelle.

Ob weitere objektive Gesichtspunkte für die Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs „räumlich weite Entfernung” im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 1 BPersVG Bedeutung erlangen können, kann im vorliegenden Fall unerörtert bleiben. Auch bedarf es nicht der Feststellung, von welcher durchschnittlichen Wegezeit an der Aufwand für das Zurücklegen der Entfernung zwischen Haupt- und Nebenstelle in einem unangemessenen Verhältnis zur Wahrnehmung der Aufgaben des Personalrats in dem abgetrennten Dienststellenteil steht. Denn zwischen den Postämtern E. 11, 12 und 14 und dem Postamt E. 1 liegt schon deswegen keine räumlich weitere Entfernung im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 1 BPersVG, weil sie alle zum Stadtgebiet von E. gehören. Innerhalb eines Ortes sind solche Entfernungen nur in ganz außergewöhnlich gelagerten Fällen denkbar. Das gilt auch für größere Städte bis hin zu den größten im Geltungsbereich des Bundespersonalvertretungsgesetzes liegenden, zumal sie regelmäßig ein im Vergleich zu ländlichen Gegenden besonders gut ausgebautes öffentliches Verkehrssystem haben. Eine ins Gewicht fallende Behinderung der Personalratsarbeit durch die räumliche Verteilung von Dienststellenteilen über das Ortsgebiet ist hier in aller Regel nicht zu besorgen. Der Personalrat wird vielmehr in der Lage sein, Sitzungen, Sprechstunden und Einzelgespräche innerhalb eines – auch größeren – Ortes organisatorisch so vorzubereiten und durchzuführen, daß sich der damit verbundene Wegeaufwand für seine Mitglieder und für die Beschäftigten, welche sich an ihn wenden wollen, in angemessenen Grenzen hält. Wegezeiten bis zur Höchstdauer von einer Stunde, wie sie innerhalb eines Ortes zwischen verschiedenen Dienststellenteilen bei normalen Verkehrsverhältnissen allenfalls in Betracht kommen dürften, können sowohl den Personalratsmitgliedern als auch den Beschäftigten zugemutet werden. Dies liegt nicht zuletzt in ihrem Interesse, weil die Belange der Beschäftigten von dem Personalrat einer großen, auch personalvertretungsrechtlich nicht aufgespaltenen Dienststelle erfahrungsgemäß wirksamer wahrgenommen werden können als von mehreren Personalräten einzelner Dienststellenteile (vgl. dazu BAG, AP Nr. 2 zu § 4 BetrVG 1972).

Einen Anhalt dafür, daß die Verhältnisse in E. von dieser Regel abwichen, bietet der vom Beschwerdegericht festgestellte Sachverhalt nicht. Auch die Rechtsbeschwerde trägt insoweit nur beispielhafte Erwägungen, nicht aber konkrete Einzelheiten vor, die Anlaß geben könnten, die Sache zur weiteren Sachaufklärung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.

Nach alledem fehlt es hinsichtlich der Postämter E. 11, 12 und 14 an den Voraussetzungen, unter denen die personalvertretungsrechtliche Verselbständigung dieser Teile des Postamts E. 1 nach § 6 Abs. 3 Satz 1 BPersVG zulässig wäre. Aus anderen Erwägungen aber durften diese Dienststellenteile nicht personalvertretungsrechtlich verselbständigt werden. Anders als einige Landespersonalvertretungsgesetze und anders als § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG, der es unter bestimmten Voraussetzungen zuläßt, tarifvertragliche Regelungen zu treffen, die von den Bestimmungen des dem § 6 Abs. 3 Satz 1 BPersVG entsprechenden § 4 BetrVG abweichen, gestattet das Bundespersonalvertretungsgesetz die personalvertretungsrechtliche Verselbständigung von Dienststellenteilen nur unter den erörterten Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 BPersVG, nicht hingegen mit dem Ziel, die Bildung von Personalräten oder deren Arbeit aus anderen Gründen (etwa wegen der großen Beschäftigtenzahl des abgetrennten Dienststellenteils) zu erleichtern.

Die von den Beschäftigten der Postämter E. 11, 12 und 14 mehrheitlich gefaßten Beschlüsse, die Ämter personalvertretungsrechtlich zu verselbständigen, konnten daher nicht dazu führen, daß die genannten Ämter als selbständige Dienststellen im Sinne des Personalvertretungsrechts gelten. Die bei diesen Postämtern gewählten Personalräte sind folglich zu Unrecht gebildet worden. Die in diesen Postämtern tätigen wahlberechtigten Beschäftigten hätten zusammen mit den übrigen Beschäftigten des Postamts E. 1 an der Wahl des bei diesem Amt gebildeten Personalrats teilnehmen müssen mit der Folge, daß bei diesem Amt kein Gesamtpersonalrat hätte gebildet werden dürfen, und sich der dortige Dienststellenpersonalrat aber anders zusammensetzen würde.

Die Vorinstanzen haben der Wahlanfechtung des Antragstellers nach alledem zu Recht stattgegeben. Die Rechtsbeschwerde ist daher zurückzuweisen.

 

Unterschriften

Dr. Eckstein, Dr. Schinkel, Nettesheim, Ernst, Dr. Seibert

 

Fundstellen

Haufe-Index 1212953

BVerwGE, 34

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