Verfahrensgang

VG Berlin (Urteil vom 15.05.1997; Aktenzeichen 22 A 406.95)

 

Tenor

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 15. Mai 1997 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 14.500 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Kläger wenden sich gegen ein Ersuchen des Bundesamts zur Regelung offener Vermögensfragen um Eintragung eines Zustimmungsvorbehalts gemäß § 11 c des Vermögensgesetzes (VermG) in das Grundbuch. Das betroffene Grundstück stand seit 1938 im Eigentum einer Erbengemeinschaft, an der die im Jahre 1991 verstorbene Mutter der Kläger, eine dänische Staatsangehörige, zu einem Viertel beteiligt war, und wurde in der ehemaligen DDR staatlich verwaltet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil der Vermögenswert der Mutter der Kläger von dem Abkommen zwischen der Regierung des Königreichs Dänemark und der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik zur Regelung vermögensrechtlicher und finanzieller Fragen vom 3. Dezember 1987 erfaßt werde und daher gemäß § 1 Abs. 8 Buchst. b VermG von der Restitution ausgenommen sei; diese Rechtslage werde durch die Eintragung des Zustimmungsvorbehalts zugunsten der beklagten Bundesrepublik Deutschland im Grundbuch zutreffend zum Ausdruck gebracht. Auch die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts hat keinen Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die als Revisionszulassungsgrund geltend gemachte Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Die Beschwerde wirft die Frage auf, ob „das Abkommen vom 3. Dezember 1987 wirksam in Rechte eines Mitglieds einer Erbengemeinschaft, der ein Grundstück gehört, eingreifen konnte”. Diese Frage bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren, denn sie ist, soweit sie sich im vorliegenden Verfahren stellt, ohne weiteres zu bejahen. Die Beschwerde bezieht sich mit ihr auf den Umstand, daß nach dem Zivilrecht der DDR – ebenso wie dem der Bundesrepublik Deutschland – an einzelnen Nachlaßgegenständen kein anteiliges Eigentum der Mitglieder der Erbengemeinschaft bestand, über das jedes Mitglied selbständig verfügen konnte (§ 34 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 400 Abs. 1 Satz 1 ZGB), und folgert hieraus, daß die Vertragsstaaten nicht die Befugnis hatten, die Mitberechtigung eines dänischen Miterben an einem einzelnen Nachlaßgegenstand zum Gegenstand des Abkommens vom 3. Dezember 1987 zu machen. Sie übersieht hierbei, daß es sich bei dem Abkommen vom 3. Dezember 1987 um einen völkerrechtlichen Vertrag handelt, der nicht den innerstaatlichen Anforderungen der DDR an rechtsgeschäftliche Verfügungen über ererbte Vermögenswerte unterlag. Auch der Restitutionsausschluß für ausländisches Vermögen gemäß § 1 Abs. 8 Buchst. b VermG, der die Grundlage des Eintragungsersuchens des Bundesamts nach § 11 c Satz 2 VermG bildet, setzt lediglich voraus, daß der betreffende Vermögenswert wirksam in ein von der DDR abgeschlossenes zwischenstaatliches Entschädigungsabkommen einbezogen wurde; in diesem Zusammenhang ist mithin die Rechtslage in der DDR gleichfalls ohne Bedeutung (vgl. Beschluß vom 12. Dezember 1996 – BVerwG 7 B 265.96 – Buchholz 428 § 1 Nr. 87; Urteil vom 31. Juli 1997 – BVerwG 7 C 43.96 – ZOV 1997, 424). Sind die Voraussetzungen für den Restitutionsausschluß nach § 1 Abs. 1 Buchst. b VermG erfüllt, so ist an die Stelle der zum 31. Dezember 1992 kraft Gesetzes (§ 11 a Abs. 1 Satz 1 VermG) beendeten staatlichen Verwaltung des ausländischen Vermögenswerts der Zustimmungsvorbehält gemäß § 11 c Satz 1 VermG getreten. Das gilt auch für die von einem Abkommen im Sinne des § 1 Abs. 8 Buchst. b erfaßte Mitberechtigung eines Miterben an einem Nachlaßgrundstück. Auf die Frage, wie ein solcher nach § 1 b VZOG dem Bund (Entschädigungsfonds) zustehender Vermögenswert nach dem heute maßgeblichen Zivilrecht zu behandeln ist – ob als Gesamthandseigentum gemäß §§ 2032 ff. BGB oder als Bruchteilseigentum gemäß §§ 1008 ff., 741 ff. BGB –, kommt es im vorliegenden Verfahren nicht an, weil der die staatliche Verwaltung ersetzende Zustimmungsvorbehält davon nicht berührt wird.

Auch die weiteren Angriffe, die die Beschwerde gegen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zum Inhalt und zu den Rechtswirkungen des Abkommens vom 3. Dezember 1987 richtet, können die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht rechtfertigen. Das Verwaltungsgericht hat die Annahme, daß der von der Mutter der Kläger im Jahre 1938 ererbte Vermögenswert von dem Abkommen vom 3. Dezember 1987 erfaßt wird, durch Auslegung dieses Abkommens gewonnen; dabei hat es sich zum einen auf die Art. 2 Abs. 1 und 6 Abs. 1 des Abkommens und zum anderen auf den Umstand gestützt, daß die dänische Regierung einen Anspruch der Mutter der Kläger auf ein Viertel des Eigentums am Grundstück in die Verhandlungen mit der DDR eingebracht, diesen Anspruch aber später wegen erheblicher Gegenforderungen der DDR mit Zustimmung der Mutter der Kläger nicht weiterverfolgt hat. Ein Bedarf nach grundsätzlicher, d.h. über den vorliegenden Fall hinausweisender Rechtsklärung ist mit dieser Annahme des Verwaltungsgerichts nicht verbunden. Daß § 1 Abs. 8 Buchst. b und § 11 c VermG auch dann Anwendung finden können, wenn der Eigentümer des von dem Abkommen erfaßten Vermögenswerts – wie hier – an der vereinbarten Globalentschädigung nicht partizipiert hat, ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt (Urteil vom 31. Juli 1997 – BVerwG 7 C 43.96 – a.a.O.). Dasselbe gilt für die von der Beschwerde bezweifelten Auswirkungen des Abkommens auf die Individualrechte der Eigentümer.

Die beiden übrigen von der Beschwerde formulierten Rechtsfragen, die das rechtliche Verhältnis zwischen einem Vermögensverlust infolge rassischer Verfolgung nach § 1 Abs. 6 VermG einerseits sowie dem Restitutionsausschluß nach § 1 Abs. 8 Buchst. b VermG, dem Zustimmungsvorbehalt nach § 11 c Satz 1 VermG und der Vermögenszuordnung nach § 1 b VZOG andererseits betreffen, würden sich in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen. Denn das Verwaltungsgericht hat nicht festgestellt, daß die Mutter der Kläger den in Rede stehenden Vermögenswert unter der Herrschaft des Nationalsozialismus durch Verfolgungsmaßnahmen im Sinne von § 1 Abs. 6 VermG verloren hat. Es ist vielmehr davon ausgegangen, daß dieser Vermögenswert seit dem 8. Mai 1945 – also ohne eine der Wiedergutmachung dienende Rückgabe – der Mutter der Kläger zustand und als deren Eigentum staatlich verwaltet wurde.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.

 

Unterschriften

Dr. Franßen, Dr. Bardenhewer, Herbert

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1210932

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